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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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unbeantwortet geblieben waren. Der Druck, dem er ausgesetzt war, weil er sich mit einem Mädchen eingelassen hatte, noch dazu mit einem, dessen Mutter nicht konform war. Und wie sie ihn gezwungen hatten, sie festzunehmen.
    Wie er Zeuge ihrer Ermordung geworden war.
    Ich glaubte ihm, dass er sie nicht hatte retten können. Doch so sinnlos es auch war, manchmal überlegte ich doch, ob er wirklich alles in seiner Macht Stehende getan hatte – alles, was ich getan hätte. Natürlich führten solche Gedanken nirgendwohin und machten es mir nur schwerer, ihm nahe zu sein. Er war beides, die Ursache und das Heilmittel für meinen Schmerz.
    »Also, wie fühlst du dich?« Er räusperte sich. »Wirklich«, fügte er hinzu.
    Meine Haut spannte sich förmlich bei diesen Worten, so, als würden sich all der Zorn und die Furcht in mir ausdehnen. Sie lasteten auf meiner Lunge und machten mir das Atmen schwer. Und er musste das auch gefühlt haben, denn er stieß sich von der Wand ab und starrte Löcher in seine Stiefel.
    »Hungrig«, sagte ich. »Was meinst du, was gibt es heute Abend?«
    Ein Herzschlag zog dahin. Dann noch einer.
    »Pizza«, sagte er schließlich, und ich atmete erleichtert auf, dass er sich auf den Themenwechsel eingelassen hatte. »Vielleicht auch Spaghetti. Und Eis zum Nachtisch.« Einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben.
    »Hört sich köstlich an.« Dosenschinken und Bohnen waren wahrscheinlicher, aber manchmal tat es gut, so zu tun als ob.
    »Wer will einen Eisbecher?«
    Ich vergrub meinen Kopf unter dem Kissen. Wollte sie ernsthaft so tun, als hätten wir Eis, obwohl wir nicht einmal einen Eisschrank hatten?
    »Wie schade. Dann werde ich es wohl allein essen müssen.«
    Ich ächzte. Der Block lag unberührt neben mir. Wie viele Briefe hatte ich Chase in den letzten sechs Monaten geschrieben? Zwanzig? Dreißig? Und nicht eine Antwort. Nicht, um mir zu sagen, dass er in Chicago eingetroffen und mit der Ausbildung angefangen hatte. Nicht, um mir zu sagen, dass er mich vermisste.
    Er hatte mir versprochen, er würde schreiben, und ich hatte ihm geglaubt.
    Das hätte ich nicht tun sollen.
    So lange ich konnte, ignorierte ich meinen grollenden Magen, aber irgendwann musste ich dem Hunger nachgeben, also mühte ich mich von meinem Bett hoch und schleppte mich in die Küche.
    Sie saß am Tisch, die Hände anständig hinter einem mit Kartoffelbrei überhäuften Teller gefaltet, die Pulverversion, die in einem blauen Karton geliefert wurde. Ich sah zwei Löffel, einen direkt vor ihr, den anderen an meinem Platz. Sie hatte einen dreieckigen Matrosenhut aus einer braunen Papiertüte gefaltet und ihn hoheitsvoll auf ihrem Kopf drapiert.
    »Du musst mich wohl immer auf den Arm nehmen«, bemerkte ich.
    »Oh, wolltest du doch Eis? Ich weiß nicht, ob wir genug für zwei haben«, zog sie mich auf.
    Um sie bei Laune zu halten, setzte ich mich, aber ich konnte sie nicht ansehen. Dieser Hut war einfach zu albern.
    Sie hob den Löffel, füllte ihn mit einem großen Klumpen Kartoffelbrei und schob ihn in den Mund. Dabei gab sie allerlei wohlige Laute von sich.
    Ich lächelte.
    Einen Moment später ergriff ich meinen Löffel. Nahm einen Bissen.
    »Sag mir, dass das nicht das beste Eis ist, das du je gegessen hast«, forderte sie mich heraus.
    »Es ist nicht das beste Eis, das ich je gegessen habe«, gab ich zurück und bemühte mich zu schlucken, ohne dabei zu kichern.
    Ein Ausdruck tiefen Unglaubens breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Dann schleuderte sie eine Löffelladung Kartoffelbrei quer über den Tisch, die mir auf mein Hemd spritzte.
    » HEY .«
    Ruckartig schoss ich auf meinem Stuhl hoch, als Sean vor meiner Nase mit den Fingern schnippte. Meine Brust schmerzte noch immer von der Erinnerung. Hätte ich gewusst, dass meine Mutter drei Monate später tot sein würde, ich hätte niemals mit ihr über irgendwelche Albernheiten gestritten oder sie angeschrien, wenn sie sich eine Geldstrafe eingefangen hatte. Ich hätte unsere Sachen gepackt, und wir wären geflohen, und heute wären wir beide längst in dem sicheren Haus.
    Ich versuchte, den Klang ihres Lachens festzuhalten, aber es ging in all den anderen Geräuschen im Gang unter. Caras Sopran erhob sich über sämtliche anderen Stimmen. Wahrscheinlich spielten sie wieder Poker um irgendetwas, das sie in der Stadt eingesammelt hatten. Bonbons vielleicht, oder Zigaretten. Ich verzog das Gesicht. Bei all dem Lärm, den sie veranstalteten, konnten sie genauso gut gleich

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