Gesetze der Lust
Zeit hatte, meine schöne Juliette vernünftig zu misshandeln.“
„Juliette?“
„Meine Sekretärin.“ Er seufzte übertrieben.
„Sie Armer.“
Er nickte.
„Mein Leben ist difficile . Ich komme hierher, um ein wenig Stille zu haben.“
„Dafür brechen Sie in das Haus eines Priesters ein?“
„Ich wurde eingeladen. Immerhin gehöre ich zur Familie.“
Suzanne riss schockiert die Augen auf.
„Harrison …“ Langsam fanden die einzelnen Puzzleteile ihren Platz. „Sie?“ Sie schrie die Frage förmlich. „Sie sind der französische Schwager?“
„ Oui . Das Kästchen, das Sie so fasziniert.“ Er nickte in Richtung des verzierten Rosenholzkastens. „Wünschen Sie, es zu öffnen?“
„Das tue ich, ja. Aber es ist verschlossen. Können Sie es öffnen?“
Kingsley atmete lautstark aus und nahm ihr das Kästchen aus der Hand. Er zog einen kleinen Schlüsselbund aus der Westentasche, steckte einen Schlüssel ins Schloss und drehte ihn herum.
„Ihr Frauen … ihr seid alle wie Pandora. Ihr könnt einfach keine Ruhe geben, oder? Hier.“ Kingsley gab ihr das jetzt unverschlossene Kästchen zurück. „Das ist die Lösung Ihres Rätsels.“
Mit zitternden Fingern öffnete sie den Deckel. Auf einemBett aus blutrotem Samt lagen zwei goldene Ringe, ein großer, ein kleiner.
Sie nahm den kleineren heraus.
„Eheringe?“, fragte sie.
Er nickte.
„Der gehörte meiner Schwester, Marie-Laure. Der andere war seiner.“
Suzanne berührte den größeren Ring, nahm ihn aber nicht von seinem samtenen Bett.
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass er verheiratet war, bevor er Priester wurde. Er muss noch so unglaublich jung gewesen sein.“
Mit verschränkten Armen lehnte Kingsley sich gegen den Bettpfosten und schaute aus dem Fenster.
„Ich kann es manchmal auch nicht glauben. Wir waren nur Kinder, die alberne Spiele gespielt haben. Wir sind zusammen zur Schule gegangen, le prêtre und ich. Marie-Laure und ich sind nach dem Tod unserer Eltern getrennt worden – ich war erst vierzehn und wurde zu meinen amerikanischen Großeltern geschickt. Sie hat mich besucht … damals war ich siebzehn, er war achtzehn. Sie gerade einmal einundzwanzig. Ich ertrug es nicht, sie erneut zu verlieren, aber sie hatte keine doppelte Staatsbürgerschaft wie ich. Er hat sie geheiratet, damit sie hierbleiben konnte. Er hat sie für mich geheiratet.“
„Er hat sie nicht geliebt?“
„Er hat es versucht. Um ihretwillen. Als sie erkannte, dass er für sie niemals das empfinden würde, was sie für ihn empfand …“
„Ich weiß, wie sie gestorben ist. Es tut mir sehr leid.“
„Sie ist nicht gestorben“, sagte er und schaute ihr in die Augen. „Sie hat sich umgebracht.“
Suzanne hätte beinahe das Kästchen fallen lassen.
Aber sie hielt mit zitternden Händen daran fest.
„Ich bin … Es tut mir leid, Mr …“
„Sie können mich Kingsley nennen. Oder Sir. Oder Monsieur. Aber bitte nennen Sie mich nicht Mr Edge.“ Er verdrehtedie Augen und lachte. Die Reaktion schien so wenig zu ihrem Thema zu passen, dass Suzanne aus lauter Verwirrung in sein Lachen einfiel.
„Okay, Kingsley. Das mit Ihrer Schwester tut mir leid. Mein Bruder, er …“
„Ich weiß.“ Kingsley sprach die Worte weich, freundlich und mit einem Ausdruck äußersten Mitgefühls in den Augen aus.
„Richtig. Natürlich wissen Sie … Also Sie und Father Stearns … Sie sind verwandt.“
„Nur durch eine vor langer Zeit beendete Ehe. Aber wir sind über all die Jahre Freunde geblieben. Ich wage zu behaupten, ich kenne ihn besser als jeder andere.“
„Besser als Nora Sutherlin?“
Kingsley hob eine Augenbraue und nahm Suzanne das Kästchen aus den Händen. Vorsichtig arrangierte er die beiden Eheringe wieder auf dem Samt, bevor er den Deckel zuklappte und verschloss.
„Er sagt, sie kenne ihn besser als jeder andere.“
Kingsleys Blick wurde kalt und tödlich, und sofort bereute Suzanne, die Worte ausgesprochen zu haben.
„Was er sagt und was die Wahrheit ist, stimmt nicht immer überein. Er mag allwissend wirken, aber was sie betrifft … Haben sie je den Begriff vorsätzliche Ignoranz gehört?“
„Sie sind ein Paar, oder?“ Suzanne hoffte, ihn mit der Frage so überrumpeln zu können, dass er eine ehrliche Antwort gab.
Doch Kingsley lachte nur.
„Ah … Pandora lernt nie dazu. Was macht es schon aus, wenn sie es wären? Ehrlich?“
„Natürlich macht es etwas aus.“ Suzanne spürte, wie die Wut in ihr hochkochte.
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