Gesetze der Lust
Nicht, wenn er mit der jugendlichen Eleanor Schreiber geschlafen hatte. Warum sollte sie ihm gegenüber also Respekt zeigen?
Suzanne drehte den Türknauf und stellte fest, dass das Pfarrhaus unverschlossen war.
Sie ging hinein und rief zögerlich „Hallo.“ Mit jeder Minute, die verging, pochte ihr Blut schwer in ihren Adern. Wenn sie sich nicht beruhigte, würde sie noch ohnmächtig werden. Was, wenn er hier war? Sie beobachtete? Sie erwartete?
Sie verließ sich auf ihre Instinkte, die sie in den Kriegsgebieten zu nutzen gelernt hatte, atmete tief durch und zwang ihr wild klopfendes Herz, sich zu beruhigen. Dann ließ sie das kleine bisschen Mondlicht, das durchs Fenster drang, ihre Sinne durchfluten. Sie ging vorsichtig und versuchte zu vermeiden, dass der Holzfußboden unter ihren Füßen knarrte.
Sollte es irgendwelche Beweise für seine Neigungen geben, dann befänden sich diese im Schlafzimmer, das wusste sie. Bei dem Gedanken, an den Ort zurückzukehren – in das Zimmer, in dem sie sich selber so erniedrigt hatte –, drehte sich ihr der Magen um. Natürlich hatte er ihr Angebot abgelehnt, hatte sie in jener Nacht zurückgewiesen. Sie war eine erwachsene Frau, kein fünfzehnjähriges Mädchen. Also ganz und gar nicht sein Typ.
Sie schlich die Treppe hinauf und schloss kurz die Augen, um besser hören zu können, ohne abgelenkt zu werden. Am Ende des Flures erreichte sie sein Schlafzimmer und legte ihre Hand auf den Türknauf. Zum ersten Mal in gefühlten tausend Jahren schickte sie ein echtes Gebet nach oben.
Bitte, Gott. Lass ihn nicht dort drin sein .
Gott erhörte ihr Gebet.
Der Raum war leer und das Bett ordentlich gemacht. Suzanne verfluchte sich dafür, keine Taschenlampe mitgebracht zu haben. Mit tastenden Fingern fand sie die Lampe auf dem Nachttischund schaltete sie an. Sanftes gelbes Licht flutete den Raum. Father Stearns’ Schlafzimmer war wirklich wunderschön – elegant und einfach, sauber und unaufdringlich. Und doch sprach alles – das Bett, die Möbel, die weiße Bettwäsche – von Raffinesse und Geschmack. Aber sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, wie trügerisch Äußerlichkeiten sein konnten.
Suzanne drehte eine Runde durch das Zimmer und schaute sich jedes mögliche Versteck an. Sie hatte keine Ahnung, wonach sie suchte.
Die junge Eleanor Schreiber war inzwischen lange erwachsen und eine bekannte Erotikautorin – berühmt für ihre Prosa, berüchtigt für ihr Privatleben. Sie schrieb nicht nur. Sie lebte, was sie schrieb. Aber tat sie es hier? In diesem Schlafzimmer? Suzanne hatte alle ihre Bücher gelesen. Die Art von BDSM, die Nora Sutherlin praktizierte, oder zumindest die Helden in ihren Büchern, verlangte nach Zubehör, und zwar nicht zu knapp. Suzanne erblickte eine Truhe am Fußende von Father Stearns’ Bett. Eine altmodische Schiffstruhe, die groß genug war, um eine Leiche darin zu verstecken. Suzanne kniete sich davor und nahm das Schloss in Augenschein. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es knacken sollte. Sie würde es aufbrechen müssen. Vielleicht hatte Patrick irgendetwas in seinem Auto. Da er eher praktisch veranlagt war, würde sie bestimmt einen Werkzeugkasten im Kofferraum finden. Als sie aufstand, fiel ihr Blick auf ein kleines Kästchen, das auf dem Nachttischchen stand. Es war nicht größer als eine Bibel und schien aus Rosenholz zu sein. Sie nahm es in die Hand und betrachtete es von allen Seiten. Mit dem Finger fuhr sie die feinen Intarsien entlang.
Das Kästchen war auch verschlossen, aber bei diesem kleinen Schloss wusste sie, wie sie es mit den Fingern aufbrechen konnte. Sie atmete tief ein, grub ihre Fingernägel um den Rand des Schlosses und fing an zu ziehen.
„Soll ich das für dich machen, ma Chérie ?“
18. KAPITEL
Nora erwachte mitten in der Nacht in ihrem Bett in Griffins Haus. Sie streckte sich unter der leichten Decke aus und massierte sich eine schmerzende Stelle am unteren Rücken. Es abwechselnd mit Griffin und Michael zu treiben war erotisch, aber auch erschöpfend gewesen. Natürlich konnten ihre Jungs es nicht mit Søren und Kingsley aufnehmen. Mit den beiden hatte sie einige der intensivsten sexuellen Erlebnisse ihres Lebens gehabt. In dem kleinen Spiel heute Nacht war es nicht wirklich um Sex gegangen. Doch sie hatte es trotzdem genossen. Wer hätte das nicht?
Doch seit sechs Wochen schaute sie nun zu, wie Griffin Michael anstarrte, wenn Michael nicht guckte, und wie Michael seinerseits Griffin anschaute, sobald der
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