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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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Dunkelheit piepten und summten.
    „Father S.?“ Michael musste sich anstrengen, um die Worte hervorzubringen.
    Sein Priester wandte sich vom Fenster ab und kam zu seinem Bett. Er schaute ihn an und lächelte. In diesem Lächeln lag nichts außer Vergebung.
    „Deine Mutter ist hier, Michael“, sagte der Priester mit seiner unglaublich beruhigenden tiefen Stimme. „Sie spricht gerade mit deinem Vater und dem Arzt. Soll ich sie holen?“
    Michael schüttelte den Kopf. Er war noch nicht bereit, seine Familie zu sehen – er war sich nicht sicher, ob er jemals wieder dazu bereit sein würde.
    „Komme ich …“, fing er an und hustete leicht. „Komme ich jetzt in die Hölle?“
    Father S. streckte seine Hand aus und legte sie auf Michaels Stirn.
    „Nein“, sagte er schlicht und mit solcher Überzeugung, dass Michael ihm sofort glaubte.
    Michael schaute dem Priester ins Gesicht. Er hatte Father S. von dem Moment an bewundert, in dem seine Familie angefangen hatte, die Sacred Heart zu besuchen.
    „Werde ich überleben?“ Michael hörte seine eigene Stimme kaum.
    „Ja, das wirst du. Gott sei Dank.“ Hinter der Erleichterung in der Stimme von Father S. hörte Michael den Schatten der Furcht lauern. Er hatte sich nie vorstellen können, dass sein Priester vor irgendetwas Angst hatte.
    Selbst in der Dunkelheit konnte er den roten Fleck auf dem weißen Kollar von Father S. erkennen.
    Das ist mein Blut!
    „Deine Hände werden noch ein wenig taub sein, aber mit der Zeit sollte das Gefühl vollständig zurückkehren. Du hast eine Menge Blut verloren und wirst dich in den nächsten Wochen ein wenig matt fühlen. Ich fürchte, du wirst eine Zeit lang eine Therapie benötigen. Ich habe deine Familie gefragt, ob sie mir erlauben, diese Therapie zu übernehmen, anstatt dich zu einem Psychiater zu schicken. Sie besprechen das gerade mit deinem Arzt.“
    „Ich glaube, nicht einmal Sie können mir helfen.“
    Father S. hatte ihn angeschaut und langsam ausgeatmet.
    „Deine Mutter hat mir von den Bildern erzählt, mit denen dein Vater dich vor ein paar Monaten erwischt hat, und von den Schnitten und Verbrennungen.“
    Nur der erlittene Blutverlust bewahrte Michael davor zu erröten.
    „Dad denkt, ich bin krank. Er hat Mom verlassen, weil sie sich meinetwegen ständig gestritten haben. Ich glaube auch, dass ich krank bin. Ich mag … seltsame Sachen. Ich weiß auch nicht, warum.“ Er hustete erneut. „Ich weiß nicht, was ich bin.“
    Father S. schaute ihn eine Minute lang wortlos an. Dann setzte er sich auf die Kante von Michaels Bett und fing an, Worte auszusprechen, die Michael nicht in seinen kühnsten Träumen von seinem Priester erwartet hätte.
    „Michael, ich höre jede Woche Hunderte Beichten. Aber wenn du erlaubst, würde ich dir gegenüber jetzt gerne meine Beichte ablegen. Und sei gewarnt, es ist eine lange Beichte, die dich sicherlich schockieren wird.“
    „Ihre Beichte?“ Michael schluckte.
    Father S. verschränkte die Arme vor der Brust und sah Michael in die Augen. Michael studierte die Gesichtszüge seines Priesters. Selbst jetzt schien er der Inbegriff von Frömmigkeit und Gelassenheit zu sein, sein hübsches Gesicht faltenlos und ruhig, seine Augen so stark und grau wie Stahl.
    „Michael“, sagte er mit leiser, fester Stimme. „Ich weiß, was du bist.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Du bist anders, hast Vorlieben, die manche Menschen seltsam und Furcht einflößend finden – aber in Wirklichkeit sind sie so normal wie atmen oder schlafen. Die Sachen, nach denen du dich sehnst – ich verstehe sie. Du gehörst in eine andere Welt als die, in der du im Moment lebst.“
    „Was für eine Welt? Was bin ich?“ Michael wollte sich aufsetzen, doch sein Körper gehorchte ihm noch nicht.
    Father S. schaute ihm in die Augen, und Michael sah darin den Anflug eines Lächelns und den vorüberziehenden Schatten eines grünäugigen Mädchens, das jeden Mann dazu bringen konnte, seine Religion zu verleugnen.
    „Meine Beichte beginnt“, fing Father S. an, „wie die Beichten so vieler Männer beginnen – mit drei Worten.“
    „Herr, vergebe mir?“, riet Michael.
    Father S. seufzte.
    „Ich traf Eleanor.“
    Michael öffnete die Augen und sah, dass er in seinem eigenen schmalen Bett in dem ordentlichen Zimmer im Haus seinerMutter lag. Er stand auf, zog sich an und fuhr seinen Computer hoch. Seine Hände zitterten vor Aufregung, als er sah, dass er eine E-Mail von Nora hatte.
    Michael– die Limousine wird dich am

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