Gestaendnis im Orchideengarten
hoch und ließ ihn geräuschvoll wieder auf den Tisch krachen. „Ich hab wirklich Wichtigeres zu tun. Gut, dass du erst in vier Wochen heiratest. Morgen Vormittag habe ich ein Treffen mit dem Veranstaltungsmanager des Hotels, um einen wichtigen Auftrag an Land zu ziehen. Ich habe wenig Zeit für Romantik im Augenblick. Außerdem war meine letzte Beziehung nicht gerade ein Volltreffer, wie du weißt.“
Helen hüstelte. „Das ist drei Jahre her, und ich will von dem Dreckskerl wirklich nichts mehr hören. Er hat dich damals auf übelste Weise sitzen lassen.“
„Abgehauen nach Australien, mit seiner kleinen Büroleiterin.“ Sara presste kurz die Lippen zusammen. „Nein, meine Liebe. Herzlichen Dank, aber kein Bedarf. Caspars Freund wird sich sicher auch ohne mich und meine langweiligen Geschichten übers Orchideenzüchten amüsieren.“
Helen schniefte dramatisch und sagte dann pikiert: „Wie du willst. Aber es ist der letzte Abend, den wir beide zusammen in Freiheit verbringen könnten, denn bereits in ein paar Wochen werde ich Mrs Caspar Kaplinski sein. Ich muss mich schon sehr anstrengen, um zu verstehen, dass du diese letzte Gelegenheit, noch dazu an meinem Geburtstag, nicht mit mir teilen willst. Ich werde es kaum ertragen, dass meine geliebte Brautjungfer heute Abend einsam und verlassen in ihrer Bude sitzt, während wir uns amüsieren.“
Sie schluchzte und betupfte dann bühnenreif die inneren Augenwinkel mit einem seidenen Taschentuch.
„Das ist seelische Erpressung. Und mein hübsches Häuschen hier ist keine Bude! Bis eben fandest du es allerliebst.“
„Dann sind wir uns ja einig“, sagte Helen mit einem breiten Grinsen und sprang auf. „Du spielst heute nicht Aschenputtel, sondern bereitest dich auf einen großen Auftritt vor. Ich erwarte dich um acht am Hintereingang mit den Kleidern und Requisiten. Leo wird bei deinem Anblick dahinschmelzen. Es wird ein unvergesslicher Abend, glaub mir.“
„Höre ich da Verkleidung? Helen, warte doch!“
Während Sara auf den Stuhl starrte, auf dem Helen eben noch gesessen hatte, war diese schon zur Tür hinaus. Was sollte das werden? Ein Kostümball oder ein Blind Date? Sie schloss die Augen und hatte den schrecklichen Verdacht, dass sie den Abend noch bereuen sollte.
„Hey, alter Knabe“, erklang Caspars Stimme durch die Freisprechanlage seines Autos. „Wo bist du, Leo? Helen ist schon panisch, weil sie fürchtet, du drückst dich vor deinem Blind Date heute Abend. Bitte hilf mir, sie zu beruhigen.“
„Du glaubst ja wohl nicht, dass ich vor einer schönen Frau davonlaufe?“ Leo stutzte. „Aber es ist doch hoffentlich nicht schon wieder eine von Helens alten Schulfreundinnen?“
Das Schweigen am Ende der Leitung bestätigte seine schlimmsten Vermutungen. „Aber sie ist anders als die anderen Mädchen vom Lande, sie ist wirklich smart und echt klasse.“
„Schon wieder ein Landei?“ Leo lachte auf. „Du weißt doch, dass ich ein Stadtmensch bin und Landpomeranzen nicht mein Ding sind. Hält Helen mich für dermaßen verzweifelt? Oder sattelt sie gerade um auf professionelle Kuppelei?“
„Helen ist ein Juwel! Sie sorgt sich eben aufopfernd um ihre Freunde. Aber mal im Ernst: Wann kommst du ungefähr an? Ich muss dein Kostüm noch besorgen.“
Leo sah aufs Navigationsdisplay. „In etwa zehn Minuten bin ich bei dir. Hotel Kingsmede Manor war schon am Ortseingang ausgeschildert.“ Dann hielt er inne. „Moment mal, Caspar. Hast du gerade Kostüm gesagt?“
„Großartig, dann klingle durch, sobald du dein Hotelzimmer bezogen hast.“
Caspar legte auf, und Leo fuhr die sonnendurchflutete Allee entlang, bis er das einzige Hotel dieses verschlafenen Nests erreicht hatte.
Ein Blind Date! Caspar hatte gut daran getan, es ihm erst wenige Minuten vor Ankunft mitzuteilen. Im Augenblick hatte er wirklich Wichtigeres zu tun, als sich auf solch einen Unfug einzulassen.
Doch er würde der Höflichkeit halber mitspielen und einen der seltenen Abende, die er mit Caspar verbringen konnte, trotzdem genießen. Zudem hatte Helen heute Geburtstag. Der Rest des Wochenendes würde allerdings harte Arbeit werden.
Er hatte Caspar bisher verschwiegen, dass er im Grunde wegen etwas anderem hier war. Seine Tante Arabella hatte ihn gebeten, mit niemandem darüber zu sprechen. Vor drei Jahren hatte sie Kingsmede Manor gekauft und für die Sanierung und Umgestaltung zu einem Hotel zusätzlich viel Geld bezahlt. Nun hatte sie seine Beratungsfirma für ein
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