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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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— die Bauern waren ja im Stall. Dann sind Fensterscheiben zerplatzt. Der Nachbar hat alle Feuerwehren aus der Umgebung z’sammtelefoniert, aber da war’s schon zu spät.“
    „Und die Ellen vom Schusterhof?“
    „Die hat fast an Blinddarmdurchbruch g’habt. Die wird grad operiert im Kreiskrankenhaus. D’ Schwester von der Bäuerin ist dort Schwester und bei ihr war die Bäuerin, weils heut Namenstag hat, aber Dienst hat.“
    „Alois, wenn wir dich nicht hätten!“ Lukas fährt zurück. Inzwischen ist Daniela heimgekommen. Sie braucht nur noch zu ergänzen. Ellen hatte den Krankenwagen schon bestellt und sie gebeten, den Hof abzuschließen und gelegentlich hinüberzuschauen. Auf Zwischenfälle dieser Art sei man ja nicht eingerichtet. Das möge eine Lehre sein. Renate und Detlef hat sie nach mühsamer Überredung des Fernsprech-auftragsdienstes erreicht. Sie fahren direkt zum Messnerhof und wollen dann herüberkommen. Fest halten Lukas und Daniela einander in den Armen, Bella schaut an ihnen hinauf. Unbewegt stehen sie da, lauschen in die Stille, als warteten sie auf den nächsten Donner.
    „Ich glaube, jetzt kommt alles in Ordnung“, wiederholt er sich, „wenn das Schicksal so massiv zuschlägt...“
    „Ausnahmsweise bist du nicht schuld“, sagt sie.
    Langsam lösen sie sich, praktische Gedanken bestimmen ihr Tun. Daniela schaltet Herdplatten ein. Weil der Körper Endstation ist, auf die seelische Erschütterungen durchschlagen, muß er gestärkt werden. Wie Leichenschmauserfahrung lehrt, lenkt nichts besser ab als der Verdauungsprozeß nach schwerem Essen. Entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit des Nichtbelastens werden sie sich alpenländisch vollstopfen, alle vier, fett und derb. Daniela schmelzt Butterbarren in Pfannen und Töpfen, gibt Rahm bei, Lukas zerkleinert Zutaten, ohne sich zu schneiden. Handwerkliche Genauigkeit in diesem daseinselementaren Bereich gehören für ihn zum längst fälligen Umdenken, zur Einstellung auf die Zukunft, in der programmierte Katastrophen den heilsamen Rückweg zu Bescheidenheit und Selbsthilfe weisen werden.
    Ohne den Anrufbeantworter zu spielen, nimmt er auf Klingeln den Hörer ab. Alois hat Nachricht von der Schwester der Frau. „Ois guat ganga! Aber höchste Zeit is g’wen!“
    Die Erleichterung wegen Ellen erstirbt in der unmusischen Schwingung des Mercedes im Leerlauf. Geschlagen, doch im Leid vereint, kommen Renate und Detlef herein, wie Ausgebombte im letzten Krieg, werden in die Arme genommen, und Lukas, den Zwiebeltränen nahe, ist für Detlef wieder Freund und Vorbild. „Du hast gesagt, auf dem Messnerhof sei kein Segen. Und ich hab gelacht! Aber ich nehm’s nicht als Wink, sonder als Zäsur. Ohne verbrannte Akten hätte ich letzten Endes nur die Adresse geändert, nicht die Einstellung. Jetzt steige ich um! Alles andere wird sich finden.“
    Seine Sicht, seine Haltung beeindrucken. Auch Renate. Blaß steht sie da, kein Selbstmitleid mehr. Es ist, als fühle sie sich gefordert, endlich das Richtige zu tun. Das beschränkt sich im Augenblick auf Tischdecken. Aber es sind ja immer die kleinen Verrichtungen, mit denen es weitergeht. Nach anfänglichen Branddetails reden sie bald über anderes, über Ellen, über den Egidihof, über einen Käufer für das Messnerhofgrundstück. Renate denkt da schon an bestimmte Leute. Kein Gedanke an die nächste Zukunft, was Detlef nun macht mit Kanzlei, Ehe und Ruine. Hinter jedem Satz, der gesagt wird, lauern nächstliegende Fragen, doch niemand spricht sie aus. Morgen vermutlich, bestimmt übermorgen.
    Was jetzt auf dem Hof geschieht, muß nicht besprochen werden. Lukas bekämpft die Magenfülle mit Drambuie und alle folgen seinem Beispiel. Müde von Essen und Ereignissen erheben sie sich und wünschen einander eine gute Nacht. Detlef folgt Renate die Stiege hinauf. Bella darf das fremde Auto mit einer Duftmarke für den Verkehr auf dem Hof versehen, Daniela räumt auf, Lukas ist behilflich. Auf dem Kanapee legt sie sich in seinen Arm. Es ist still. Gleich werden sie einander sagen, wie sie aussieht, die nächste Zukunft.
    „Wir müssen den Vorschlag machen“, sagt er.
    „Detlef soll überhaupt bleiben“, sagt sie und läßt ihn wissen, es werde ohnehin darauf hinauslaufen. Renate hat jetzt eine gute Zeit für Partnerschaft, bei Detlef geht der Saturn raus, dem der Messnerhof noch zum Opfer fiel. Die Harmonie zu viert ist unbestritten und soll in räumlichem Nebeneinander gepflegt werden. Daniela wird Zimmer

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