Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig
bin glücklich, dass wir weiterfahren können. Flensen bleibt am Steuer, ich werfe die Schaufel wieder hinten auf die Decke neben dem weißen Sarg für Schwester Klara, schließe die Klappe, und wenig später sitze ich wieder vorne neben Flensen, und wir fahren langsam rückwärts durch den nebligen Wald.
An ein Wenden des langen Wagens ist gar nicht zu denken, und ich bewundere meinen Angestellten, wie er nur mit den beiden Außenspiegeln trotz der schlechten Sicht klarkommt.
Ich bin sicher kein schlechter Fahrer, aber die Jungs vom Fahrdienst haben das besser drauf.
Es kommt mir vor, als wären wir fast eine halbe Stunde langsam rückwärts gefahren, da hält Flensen an, deutet vor uns in den Nebel: »Da, da hängt das blaue Schild.« Doch sosehr ich mich bemühe, ich kann in der Nebelsuppe nichts erkennen.
»Chef, Sie hätten Ihre Brille aufsetzen sollen!« Jetzt fängt der auch noch an! Reicht es nicht, dass meine Frau immer auf meiner angeblichen Kurzsichtigkeit herumreitet?
Er dreht das Steuerrad und biegt in den Seitenweg ein, und im letzten Moment sehe ich tatsächlich auch so etwas wie ein blaues Schild. Ich fluche insgeheim, weil ausgerechnet im Volvo keine Taschenlampe mehr liegt. Gekauft habe ich von den sündhaft teuren Handscheinwerfern erst zwei, und die wandern jetzt ständig von einem Auto zum anderen, was zur Folge hat, dass sie immer in den Wagen liegen, die im Keller stehen.
Aus dem Dunkel taucht ein weiterer Wegweiser auf, und jetzt können wir sicher sein, wirklich auf dem richtigen Weg zu sein. Die Fahrt, die bei Tag nur ein paar Minuten dauert, kommt mir vor, als wären wir Stunden unterwegs, alles sieht bei Dunkelheit und Nebel fremd und unbekannt aus. Vor allem kann man die Geräusche der Nacht noch weniger orten als sonst. Es fehlt einem jegliches Gefühl dafür, woher die Geräusche kommen.
Unvermittelt teilen sich Nebelschwaden, und direkt vor uns ragt das alte Gemäuer des Klosters auf. Es hat aber nicht diese friedliche Atmosphäre, die es tagsüber ausstrahlt, sondern irgendwie wirkt es heute beunruhigend auf mich.
Flensen schaut mich fragend an, ich sage: »Hupen Sie, das sollte reichen.« Er hupt, und selbst die Hupe des Wagens klingt quäkend und dumpf.
Nein, das Tor öffnet sich nicht knarrend, und es steht auch keine bucklige alte Nonne mit einer windschiefen Laterne da, die uns hereinwinkt, wir sind ja nicht in der »Rocky Horror Show«, sondern es öffnet sich fast lautlos, und wir werden kurz von einer hellen Lampe geblendet, dann weist der Lichtkegel den Weg. Langsam fahren wir über den knirschenden Kies in die Einfahrt, und als ich den Lichtfinger entlangschaue, sehe ich eine sehr junge Nonne, blass, mit großen Augen und, sofern man das über eine Klosterfrau sagen darf und trotz der Ordenstracht sehen kann, hübsch.
Sie winkt mit einem Handscheinwerfer, aber hier im Klosterhof ist es bei weitem nicht so neblig wie draußen auf den Waldwegen, wo der Nebel von den Feldern in den Wald ziehen kann. Den Rest des Weges kenne ich, etwa zweimal im Jahr müssen wir dorthin.
Ich zeige Flensen, wo er hinfahren muss, und wir steigen neben dem Wirtschaftshaus aus. Dort hat früher ein Gärtner mit seiner Frau gewohnt, und soviel ich weiß, hat der auch ganz früher die Gräber ausgehoben. Aber der ist schon lange nicht mehr da, und heute wohnen die etwa dreißig Nonnen sehr abgeschieden. Mich wundert es umso mehr, dass eine junge Frau in diesen Konvent eingetreten ist.
Die hat inzwischen das Tor geschlossen, ist zu uns gekommen und fragt: »Sie wissen, was zu tun ist?« Ich nicke, und sie lächelt zufrieden und sagt: »Auf dem Friedhof haben wir die Stelle mit etwas Mehl abgestreut, etwas anderes haben wir nicht.«
»Hoffentlich können wir was sehen, wir haben keine Lampe dabei«, sage ich zu ihr, und sie hält mir wortlos ihren Handscheinwerfer hin, den ich dankbar nehme. Ich könnte mich selbst in den A* beißen, dass ich nicht vorher kontrolliert habe, ob Lampen im Wagen liegen, es kommt ja mehrmals in der Woche vor, dass wir nachts rausmüssen.
Jensen und ich holen die zwei Schaufeln und die Hacke aus dem Laderaum und gehen durch eine kleine, efeuumrankte Pforte auf den Friedhof des Klosters. Viele Gräber gibt es hier, ich schätze etwa achtzig oder neunzig. Alle neueren haben ein steinernes Kreuz, die älteren auch welche aus Schmiedeeisen. Gepflegt sind die Gräber schon, aber der gesamte Friedhof macht den Eindruck, als würde nur das Notwendigste gemacht,
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