Gesucht - Ein Lord zum heiraten
könntet herausfinden, dass ihr wie eure schlimmsten Verwandten seid – trotz aller Gegenbeweise.“
„Sie ist nicht so wie ihr Bruder. Sie ist gut und anständig …“ Brandt brach ab. „Wie ist sie auf diese verdammte Idee gekommen? Weil sie die meisten Männer an den Spieltischen schlagen kann?“
Justin zögerte. „Es steckt mehr dahinter. Lucien brachte ihr das Kartenspielen bei, als sie noch sehr jung war. Anschließend nutzte er sie in schändlichster Weise aus. Ich musste Belle versprechen, nicht darüber zu reden. Daher schlage ich vor, dass du Chloe danach fragst.“
„Das habe ich vor.“ Brandt nahm seine Strümpfe und Schuhe. „Jetzt sofort.“
Chloe breitete ihren Umhang auf dem Sand aus und ließ sich darauf nieder. Sie schlang die Arme um ihre hochgezogenen Knie. Trotz des strahlend blauen Himmels war der Tag nicht so wundervoll, wie sie es erwartet hatte. Vielleicht weil sie müde war und sich wieder einmal nicht wohlfühlte.
Gestern Abend hatte sie sich beweisen wollen, dass sie nicht nachgeben und ihre Unabhängigkeit bewahren würde, doch inzwischen erschien ihr Sieg ihr schal.
„Chloe.“
Brandt war so leise herangekommen, dass sie ihn nicht bemerkt hatte. Eine Welle des Glücks überrollte sie. Dann blickte sie ihm ins Gesicht und stutzte. „Stimmt etwas nicht?“
„Du hast meine Frage von gestern Abend nicht beantwortet, wo du gelernt hast, so gut Karten zu spielen“, erklärte er ruhig.
„Du bist deshalb hergekommen?“
„Ja.“
„Lucien hat es mir beigebracht“, sagte sie matt.
Brandt hockte sich neben sie. „Erzähl mir davon.“
Sie wandte den Blick ab. Ihre Worte schienen von jemand anderem zu kommen. „Ich war dreizehn. Er hatte Langeweile und fand es wohl amüsant, mir ein paar Kartenspiele beizubringen. Es stellte sich heraus, dass ich sehr talentiert war. Ich nehme an, ich fühlte mich geschmeichelt, weil er mich sonst kaum beachtete. Später wollte er, dass ich gegen seine Freunde spiele. Ich war zu jung und zu einfältig, um zu begreifen, dass er mich nur benutzte. Er wettete auf mich, weil niemand glaubte, dass ich gewinnen könnte. Zuerst gefiel es mir. Alle waren erstaunt, dass ein Mädchen so gut spielte. Nach einiger Zeit begann es mir Angst zu machen. Luciens Freunde waren häufig betrunken und … ungehobelt.“ Sie holte tief Luft. „Papa hat der Sache ein Ende bereitet, nachdem Lucien mich in eine Taverne mitgenommen hatte.“
„Was ist passiert?“
Chloe zuckte mit den Schultern. „Einer seiner Freunde … er drängte mich in eine Ecke und … küsste mich. Lucien drohte ihm, er würde ihn umbringen. Sie fingen an, sich zu prügeln, und dann kam die Gastwirtin herein und sah mich. Sie nahm mich mit in ihr Gemach und ließ Papa holen.“
„Zur Hölle mit dem Kerl.“ Brandts Stimme war leise und kalt. Kein Wunder, dass Chloe vor ihm zurückgeschreckt war, oder vor jedem anderen Mann, abgesehen von dem langweiligen Sir Preston.
„Ich hätte es besser wissen müssen“, flüsterte sie. „Papa war entsetzlich wütend. Er schrie mich an, ich hätte ihm unverzüglich erzählen müssen, was Lucien mit mir tat. Aber Lucien hatte mir gesagt, dass ich durch mein Spielen helfen würde, seine Schulden zu bezahlen, und dass Papa nichts davon wissen dürfe.“
„Du konntest nichts dafür“, sagte Brandt rau. „Lucien hat alles und jeden zu seinem Vorteil ausgenutzt.“
Er nahm sie in die Arme. Als Chloe seine tröstende Wärme spürte, schossen ihr die Tränen in die Augen, und sie begann zu weinen. Brandt hielt sie fest und wiegte sie wie ein Kind, bis ihr Schluchzen versiegte.
Schließlich ließ er sie los und sah sie an. „Wir sollten zum Haus zurückkehren. Wenn du möchtest.“
„Ja.“ Sie holte zitternd Luft.
„Bei mir bist du in Sicherheit, Chloe.“
Sie suchte seinen Blick und hielt den Atem an, als sie das Mitgefühl und die Sorge darin sah. „Ich … ich weiß.“
„Gut.“ Er drückte einen flüchtigen, sanften Kuss auf ihren Mund. Dann half er ihr auf die Füße und hob ihren Umhang auf.
Chloe war froh, schweigend neben ihm hergehen zu können. Sie erreichten den Rand der Klippen, und plötzlich wurde ihr schwindelig. Sie blieb stehen und schloss die Augen.
Brandt ergriff ihren Arm. „Was ist los?“
„Mir ist etwas schwindlig. Es ist nichts.“
„Möchtest du dich hinsetzen?“
„Nein. Ich bin in Ordnung.“ Der Schwindel ließ nach, aber sie spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Und sie war so müde wie noch
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