Gesunde Muskeln - Gesunder Körper
versorgt wird. Das führt auf Mikroebene zur Bildung mikroskopisch kleiner Vernarbungen. Auf Makroebene können wir uns vorstellen, dass Sie zu Hause oder bei der Arbeit stark gefordert sind. Ohne es bewusst wahrzunehmen, reagieren Sie mit schnelleren flacheren Atemzügen (die weniger Sauerstoff liefern) und Anspannung. Die Muskeln im unteren Rücken und am Gesäß, aber auch im Schulter- und Halsbereich ziehen sich zu einer leicht gebeugten Verteidigungshaltung zusammen, als ob man sich gegen die Nackenschläge des Lebens rüsten wollte. Das bedeutet, dass die Lunge weniger Sauerstoff durchlässt und noch weniger davon in den verkrampften Muskeln ankommt.
DR. DESTEFANO
Zwischen emotionalen Belastungen und muskulärer Dysfunktion besteht eine enge Verbindung. Dabei ist es nicht nur der Stress, der die körperliche Problematik verursacht. Sie ist vielmehr Ausdruck dieser Belastung und deren Speicherung und Darstellung im Körper, also das individuelle Reaktionsmuster eines Patienten auf Stress. Bei manchen Menschen treten daher überhaupt keine körperlichen Symptome auf, während andere Stress im Körper speichern und körperlich ausdrücken. Mitunter brechen Patienten in meiner Praxis in Tränen aus, was in manchen Fällen eine Reaktion auf den Schmerz ist, in anderen das Ergebnis psychischer Belastung. Deshalb liegen bei mir stets Taschentücher bereit.
KRANK MACHENDES VERHALTEN
In Kapitel 11, Der untere Rücken , gehen wir näher auf quälende Rückenschmerzen in diesem Bereich ein. Doch wie sieht die natürliche (leider kontraproduktive) Reaktion des Patienten aus? Er legt sich hin, was bei akuten Verkrampfungen im Rücken sogar sinnvoll sein kann. Nach dem Aufstehen meidet man in der Regel alles, was diese Muskelgruppe belasten könnte, also lange Wege, Joggen und bestimmte Arbeiten in Haus und Garten, weil man nicht noch einmal so heftige Schmerzen leiden möchte. Wenn man also unbedingt gehen muss, wird die schmerzende Seite geschont und das Gewicht auf die andere Seite verlagert. So geht man automatisch schief.
DR. KELLY
Ich glaube, dass die psychische Verfassung eines Patienten einen erheblichen Einfluss auf seine Genesung hat. In meiner Praxis arbeite ich deshalb mit positiven Bestärkungen: »Doch, Sie machen das wunderbar. Es muss sogar weh tun, es war eben eine Operation.« Während der Rekonvaleszenz reagieren die Leute oft frustriert und sagen: »Ich bin doch nur fünf Kilometer am Strand entlanggewandert, und plötzlich bringt mich meine Hüfte fast um. Dabei habe ich gar nichts gemacht.« Dann erkläre ich: »Nun, Ihre Hüfte sieht das anders. Ihre Enttäuschung und Niedergeschlagenheit ist ganz normal, aber solche Gefühle behindern die Genesung. Mit Optimismus und einer positiven Einstellung geht es Ihnen schneller besser.«
Das ist ein gutes Beispiel für eine krank machende Schonhaltung, denn der Patient handelt so, dass es ihn krank macht, obwohl dies das Letzte ist, was er freiwillig täte. Die Einschränkung der persönlichen Aktivität schwächt die Muskeln, insbesondere ihre Fähigkeit, Stöße abzufedern. Verkürzte, straffe Muskelfasern sind anfälliger für Zerrungen und Schmerzen. Wer Gang oder Schulterhaltung verändert, um den schmerzenden Bereich zu entlasten, stört aktiv die normale Biomechanik im Körper und überlastet die kompensierenden Muskeln. Probieren Sie es aus!
Das heißt, probieren Sie es lieber nicht, sondern stellen Sie sich einfach vor, Sie müssten einen ganzen Tag in einer »Schonhaltung« leicht nach vorn gebeugt und schief umherhumpeln. Am Abend dürfte Ihnen der untere Rücken solche Schmerzen bereiten, dass Sie nicht mehr so tun als ob.
Bewegung ist Leben! Ihr Rücken ist vielleicht nicht 100-prozentig in Ordnung, doch ein langer Spaziergang oder – bei trainierten Läufern – langsames Joggen kann dem verletzten Bereich wieder Blut und Sauerstoff zuführen und so die Heilung beschleunigen.
Kommen wir nun zum seelischen Anteil am Körper-Seele-Komplex. Wer sich an einem schweren Urlaubskoffer verhoben hat, braucht den nachfolgenden Rückenschmerzen nur selten auf den Grund zu gehen: Lassen Sie sich nicht zu Schonhaltungen hinreißen, sondern bewegen Sie sich; dann lässt der Schmerz in der Regel nach. Bei wiederkehrenden oder chronischen Rückenschmerzen hingegen können selbst bei erheblichen Bandscheibenschäden auch psychische Ursachen eine Rolle spielen. In erster Linie trägt die Angst vor massiven Rückenkrämpfen zu der Muskelspannung bei. Sie
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