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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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einschlug, hatte ich dieses entrückte Grinsen im Gesicht. Ich sah nicht die rohe Gewalt in meinen Schlägen, sondern die Perfektion. Die Kunst, einen Kampf zu führen. Und dass ich diese Kunst beherrschte, konnte ich in den Augen meines Gegners ablesen. Da war die Angst vor Verletzung, Schmerz und Niederlage zu sehen. Die Angst vor der Schmach und vor dem bösen Erwachen, das unweigerlich kam, wenn das Adrenalin wieder langsam aus den Adern verschwunden war. Pure Panik, Fassungslosigkeit und Unglaube standen in sein zerstörtes Gesicht geschrieben. Er hatte vermutlich mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass ihm jemand mit einem Lächeln im Gesicht seine Überheblichkeit aus dem Kopf prügelt.
    Die Schlägerei war beendet. Die beiden Freunde meines Kontrahenten standen wie paralysiert mit dem Rücken zur Wand und starrten auf ihren völlig derangierten Kumpel. Sie waren geschockt. Diesen Gewaltexzess mussten sie erst einmal verarbeiten. Und plötzlich ging Thomas auf die beiden Kerle zu und knallte dem einen ohne jedes Vorzeichen zwei Kopfstöße auf die Nase. Das Nasenbein brach sofort und das Blut strömte dem armen Kerl über das Kinn auf die Jacke. Ich war noch immer in einem dunklen, tiefen Tunnel. Was Thomas da tat, registrierte ich. Ich nahm es irgendwie hin, aber es berührte mich nicht mehr. Mein Atem ging noch immer schnell und stoßartig, meine Fäuste waren noch immer geballt.
    Und dann drehte ich mich um. Da standen rund 20 Leute und glotzten mich an. Jungs von der Blue Army, Kneipenbesucher, Schaulustige – Zeugen … Aber was soll’s? Ändern konnte ich es nicht mehr. Der Typ war am Ende und diese Leute hatten wohl alle gesehen, was da passiert war. Scheiß drauf, wir gingen zurück ins »Cobra« und bestellten zur Feier des Abends eine weitere Flasche Korn. Ein paar Jungs kamen vorbei und klopften mir anerkennend auf die Schulter. »Da macht sich ja das Boxtraining bemerkbar. Guter rechter Haken!«.
    Wir tranken einfach weiter.
    Hatte ich Gewissensbisse? Nein! Moralische Bedenken? Keine! Warum auch? Andere Kerle kassierten für solche Kämpfe Preisgelder. Hier hatten sich zwei Männer geprügelt, die das auch wollten. Und ich hatte nicht einmal angefangen – wo also war das Problem? Wir waren lediglich unserem ewigen, naturgemäßen Verlangen nach Wettkampf gefolgt. Die einen fuhren nachts illegale Autorennen, machten Armdrücken oder spielten einfach nur eine Runde Minigolf. Bei all dem ging es nur ums Gewinnen. Okay, der Typ war übel zugerichtet. Er blutete, hatte Knochenbrüche und Prellungen, aber er hatte damit rechnen müssen. Und hätte ich ihn nicht erwischt, wäre ich am Boden gewesen. Wer in eine Schlacht zieht, muss mit Verlusten rechnen, so war das schon immer. Ich war mit mir im Reinen – als Hooligan und als Polizist.
    Nur 20 Minuten später stand mein Kontrahent schon wieder in der Eingangstür des »Cobra«. Sein linkes Auge war stark zugeschwollen, über seinem rechten leuchtete ein blutiger Cut. Die Nase aufgequollen, schräg auf dem Nasenrücken aufgeplatzt, das linke Jochbein wirkte wie eingedrückt, die Oberlippe war aufgeplatzt. Obwohl er sich augenscheinlich gewaschen hatte, sah der Kerl geradezu entstellt aus.
    Er zeigte mit dem Finger auf mich und deutete an, dass ich herauskommen sollte. Wir waren mittlerweile zu sechst am Tisch und meine Kumpels reagierten hocherfreut auf die unerwartete Rückkehr dieser Schwachköpfe. »Die Idioten haben bestimmt Verstärkung geholt. Na, denn los – hauen wir die Trottel eben weg«, sagte einer und sprang von seinem Barhocker hoch. Thomas, Bernd und Jan folgten ihm, ohne zu zögern.
    Mir kam die ganze Situation seltsam vor. Was sollte das denn? Hatte der nicht schon genug abbekommen? In dem Augenblick, als auch ich aus der Eingangstür hinaustrat, kam mir im Treppenhaus schon Bernd entgegen. Er schien erregt und fuchtelte wie wild mit seinen Händen. »Los, hau ab! Der Arsch hat die Bullen geholt! Die suchen dich.«
    Durch das Treppenhaus und das gläserne Foyer sah ich das Blaulicht aufblitzen. Das durfte doch nicht wahr sein! So etwas gehörte sich nicht. Seit wann heulte man sich bei der Polizei aus? Das war doch eine ehrliche Auseinandersetzung zwischen zwei Jungs. So etwas hatte man schon als kleiner Junge gelernt: Nur nicht petzen! Ich machte sofort kehrt und ging zurück ins »Cobra«, zog mich bis in die hinterste Ecke zurück und überlegte fieberhaft nach einem Ausweg.
    Bernd kam atemlos auf mich zu und berichtete, dass

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