Gewitter über Pluto: Roman
Krankenschwestern, für
die er ein Star war, ein Mann mit Prinzipien (es ist ein groÃes Geheimnis
darum, weshalb so viele Frauen für Männer schwärmen, die eine Frau umgebracht
haben). Man dichtete ihm alles mögliche Heldische und Poetische an. Er lieà es
geschehen, fühlte sich zu schwach, um sich gegen den Mythos zu wehren, der ihn
eindeckte, ihn begrub, ganz in der Art von Gesteinsbrocken, die auf die
Skulptur zurückfallen, von der sie heruntergeschlagen wurden. Am Ende war er
nicht nur einfach gelähmt, sondern völlig eingeschlossen in einen mächtigen,
hohen, schweren Stein.
Das also passiert, wenn man ein Eheinstitut aufsucht.
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2) Manche Leser mögen sich
vielleicht wundern, daà ich für die weit entfernte Heimat jenes auÃerirdischen
Herausgebers des »Schwäbischen Bürgerblatts für Verstand, Herz und gute Laune«
mir keinen originelleren Namen als Planet X habe
einfallen lassen. Nun, ich kann nichts dafür, er heiÃt ganz einfach so.
Zwischen Anfang der NeunzehnhundertdreiÃiger- und Mitte der
Neunzehnhundertachtzigerjahre wurde ein bestimmter hypothetischer Planet mit
diesem Namen bezeichnet. Bekannt auch als Transpluto, derselbe, welcher
demnächst â so, wie in diesem Roman beschrieben â auf Grund der Bahnstörungen
einiger Raumsonden erneut in unser BewuÃtsein rücken könnte (und dies auch ganz
sicher tun wird). Was in der Folge wohl zu einer Namensänderung führen dürfte.
Schon allein darum, weil sich das »X« auch auf die Zahl 10 bezieht, also einen
zehnten Planeten meint. Wollte man diesen Namen also nochmals ins Spiel
bringen, wäre es nötig, Pluto seinen Planetenstatus zurückzugeben. Was
zweifellos die allerbeste Lösung darstellen würde.
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3) Auch ein Krankheitsbild namens
Neglect existiert in der Tat. Auf der Suche nach einem »Defekt«, den ich meiner
Hauptfigur am Ende des Romans praktisch zugestehen wollte, stieà ich auf die
neurologische Erscheinung des Neglectpatienten. Ich war sofort von der Form
dieser sogenannten Aufmerksamkeitsstörung fasziniert, vom Umstand
selbstverständlicher Einseitigkeit.
Der entscheidende Punkt, den Neglect in meine Geschichte einzubauen
(Lorenz damit auszustatten), ergab sich aus einer Formulierung, auf die ich in
der einschlägigen Literatur immer wieder stieÃ, nämlich die von der »mangelnden
Störungseinsicht«. Dies unterscheidet ja den Neglectpatienten ganz wesentlich
von anderen Kranken, welche im BewuÃtsein ihrer Erkrankung, ihres Makels oder
ihrer Behinderung leben und folglich um eine Heilung bemüht sind.
Wobei es mir ganz sicher nicht darum ging, eine Schädigung des
Gehirns schönzureden. Sondern vielmehr in Frage zu stellen, was wir eigentlich
unter Gesundheit verstehen.
So wie ein anderer meiner Haupthelden, der Detektiv Cheng, erst
dadurch komplett wird, daà er seinen Arm verliert, erreicht die Figur des
Lorenz Mohn ihre Vollendung mittels des Verlustes der linken Weltseite. Nur auf
diese Weise kann er die Welt sehen, wie sie wirklich ist.
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4) Es wird dem einen oder anderen
Leser aufgefallen sein, daà in diesem Roman ein 13. Kapitel fehlt. Dies hat den
gleichen banalen Grund, aus dem heraus in Flugzeugen â bei denen es sich ja um
ausgesprochen funktionale Erzeugnisse ausgesprochen esoterikfreier
Wirtschaftsunternehmen handelt â eine dreizehnte Sitzreihe fehlt. Wenn also
Flugzeughersteller und Airlines sich bemüÃigt fühlen, die Gefahr der Zahl 13
durch schlichtes Weglassen zu bannen, so sollte dies in einem guten Roman ebenso
der Fall sein. Und sei es nur, um dem Aberglauben des einen oder anderen Lesers
gerecht zu werden.
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5) W. H. Auden â der Engländer als
Amerikaner als Niederösterreicher, Autor von »The Age of Anxiety« â hat genauso
wie Arthur Koestler â der Ungar als Ãsterreicher als Engländer, Autor von »Das
Gespenst in der Maschine« â auf seiten der Republikaner am Spanischen
Bürgerkrieg teilgenommen. Aber nur einer von ihnen war sowohl schwul als auch
einmal mit Erika Mann verheiratet gewesen, nämlich der famose Auden. Wobei es
nicht ganz stimmt, wenn Lorenz Mohn dachte, Erika Mann habe Auden geheiratet,
um Deutschland verlassen zu können, vielmehr hatte sie da ja bereits in der
Schweiz gelebt, war allerdings von den Nazis ausgebürgert worden. Und war darum
gezwungen gewesen, über einen
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