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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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zu lassen, vielleicht sogar, die Bombe in
dessen Gegenwart zu zünden. Der gute Martin hätte daran glauben sollen. Leider
besaß der gute Martin eine Arroganz, die unantastbar war, die man nicht
wegsprengen konnte. Den Martins dieser Welt war nicht beizukommen. Jämmerlich
oder nicht, sie waren unverwundbar. Daran würden nicht einmal geklonte
Raubsaurier etwas ändern können.
    In dem Moment nun, da Fritz Sheila auffordern wollte, ebenfalls nach
draußen zu gehen und ihn alleine zu lassen, bemerkte er von der Seite her eine
Bewegung. Was auch immer es war – möglicherweise hatte man eine Waffe durch
eine Öffnung in der Wand geführt –, es löste bei Fritz einen ungewollten Reflex
aus. Er drückte den Knopf der Bombe, keinen eigentlichen Zündknopf, sondern
einen Auslöser, der bis zur eigentlichen Detonation drei Sekunden verstreichen
ließ.
    Drei Sekunden, das war eine blöde Zeit, in der man nicht wirklich
etwas tun konnte. Vor allem, weil das Hirn viel zu langsam arbeitete. Zudem
fehlte die Möglichkeit, in diesen drei Sekunden den Befehl zur Zündung
rückgängig zu machen. Diese drei Sekunden waren eher symbolischer Natur. Man
konnte darin ein letztes kurzes Gebet unterbringen. Oder einen letzten
Aufschrei des Zorns. Oder man konnte sich sachlich geben und einen kleinen
Countdown aufsagen.
    Fritz jedoch hatte die Bombe ja noch gar nicht zünden wollen. Es
widerstrebte ihm, Sheila zu töten. Unglücklicherweise stand sie viel zu nahe.
Weshalb er sich augenblicklich nach hinten in Bewegung setzte und mit einer
Drehbewegung versuchte, mit seinem Oberkörper den demnächst explodierenden
Sprengsatz gegen Sheila hin abzudecken.
    Es war nun aber in der Tat so, daß ein Scharfschütze jener
Elitetruppe der Polizei seinen Gewehrlauf durch eine mühsam und lautlos
fabrizierte Öffnung in einer Wand des Festsaales geschoben und Fritz mittels
modernster Zieltechnik ins Visier genommen hatte. Eine Sekunde später, und
Fritz wäre per Kopfschuß tot gewesen, ohne den Auslöser der Bombe auch nur
berührt zu haben. Was ihm selbst natürlich sehr viel lieber gewesen wäre. Doch
seine Hellhörigkeit und sein Reflex – seine Folge von Reflexen – führten nun
dazu, daß sich aus der geplanten Ordnung der Dinge eine ungeplante Ordnung der
Zufälle ergab. Wie dies meistens geschieht, wenn Zeit fehlt. Zeit, die wir uns
leider nicht woanders abschneiden können. Das Ungleichgewicht der Zeit ist
überhaupt das Problem des Menschen, da die Zeit immer dort ist, wo wir sie
nicht brauchen können. Wie Fett an den Hüften. Zeit ist eine Problemzone.
    Der Scharfschütze mußte rasch reagieren. Er hatte jetzt keinen
unbewegten Mann, sondern einen bewegten Mann zu treffen. Er schoß. Aber die
Kugel traf nicht Fritz, sie traf die Bombe. Ohne diese jedoch vorzeitig, also
vor Ablauf der drei Sekunden, zur Explosion zu bringen. Statt dessen wurde die
Bombe aus Fritz’ Händen herausgerissen, ja der Scharfschütze schoß sie ihm
quasi unter dem Oberkörper hervor. Ein Zyniker könnte sagen, daß die Bombe
solcherart wieder im Spiel war. Denn als sie eine dreiviertel Sekunde später –
noch immer in der Luft – detonierte, tat sie dies nicht nur in nächster Nähe zu
Sheila, sondern war zudem gegen deren Vorderseite gerichtet, während sich Fritz
in diesem Moment mit dem Rücken zur Bombe befand und dank seiner ganz anders
intendierten Bewegung mit dem Gesicht voran auf den Boden fiel.
    Um das Schreckliche kurz zu machen: Sheila war augenblicklich tot.
Fritz hingegen, auf dem Parkett liegend und etwas weiter von der Bombe
entfernt, wurde vor allem an den Beinen schwer verletzt, verlor jedoch keines
davon. Allerdings drang ein Splitter so unglücklich in seinen Rückenmarkstrang
ein, daß dies eine vollständige Lähmung seiner Arme und Beine nach sich zog.
Fritz landete im Rollstuhl, und er landete im Gefängnis. Wurde aber nach
richterlichem Beschluß in den geschlossenen Bereich einer psychiatrischen
Klinik überführt. Obgleich er während des Prozesses immer wieder auf seiner
geistigen Gesundheit bestanden hatte. Zumindest darauf, das Gefängnis zu
verdienen. Doch man nahm ihm seine geistige Gesundheit nicht ab. So entließ ihn
die Justiz zwar nicht in die Freiheit, aber an ein durchaus idyllisches
Plätzchen, wo er umgeben war von Natur, auch umgeben von

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