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Gewitterstille - Kriminalroman

Gewitterstille - Kriminalroman

Titel: Gewitterstille - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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gewesen, dass er der Mann war, auf den sie immer gewartet hatte. Sie war kaum imstande gewesen, ein »Hi« herauszubringen, geschweige denn, ihn hineinzubitten. Lachend hatte er gesagt: »Oh, Sie sind aber nicht Georg! Sie sehen viel besser aus.«
    Wenn sie jetzt daran zurückdachte, wie sie später mit Georg und Tom in der Küche gesessen hatte, fragte sie sich, was Georg damals empfunden haben musste, als Tom sie zum Essen einlud.
    »Solltest du vielleicht versuchen, Sophies Mutter zu erreichen, oder bleibt das den Behörden überlassen?«, riss Georg sie aus ihren Gedanken.
    »Ich weiß es nicht. Was soll ich ihr denn auch sagen? Guten Tag, hier spricht Anna Lorenz, ich wollte Ihnen mitteilen, dass Ihre Tochter, um die Sie sich ohnehin seit fast vierzehn Jahren nicht gekümmert haben, vermutlich tot ist. Gestern hat man in der Nähe des Priwallhafens ihren Rollstuhl gefunden.«
    »Versuch bitte mal, nicht ganz so schwarz zu sehen, Anna. Es gibt für das Auffinden des Rollstuhls vielleicht eine andere Erklärung.«
    »Welche denn zum Beispiel? Meinst du, Sophie hat eine Wunderheilung erlebt und kann plötzlich wieder gehen? Sie hat rein gar nichts mitgenommen. Nichts deutet da rauf hin, dass sie abhauen wollte. Ich habe solche Angst um sie, Georg. Ich weiß nicht, wie ich es verkraften soll, wenn sie wirklich tot ist.« Anna liefen die Tränen übers Gesicht, und es dauerte eine Weile, bis sie weitersprechen konnte.
    »Wer weiß, wozu dieser Asmus fähig ist? Er hat mit großer Wahrscheinlichkeit Frau Möbius getötet. Warum also nicht auch Sophie?«
    »Es wäre schrecklich, wenn er ihr etwas angetan hätte, Anna, aber du musst versuchen, dich selbst zu schützen. Ich mache mir auch furchtbare Sorgen um Sophie, aber ich mache mir vor allem Sorgen um dich. Wann fängst du endlich an, dich mit deinen eigenen Problemen auseinanderzusetzen? Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass jemand versucht hat, dich zu töten, Anna, und das zu einer Zeit, als du gerade ein Kind verloren hattest. Hast du dich jemals gefragt, warum du Sophie damals zu dir genommen hast?«
    »Sophie brauchte Hilfe.«
    »Natürlich brauchte Sophie Hilfe, aber du auch. Ich habe manchmal das Gefühl, dass du vor dir selbst davonläufst und dich hinter Sophies Problemen versteckst, um dich nicht mit dir selbst beschäftigen zu müssen.«
    Anna stand abrupt auf und ging zum Fenster.
    »Ich finde, es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich mit mir zu beschäftigen.«
    »Wann ist denn der richtige Zeitpunkt, Anna?« Georg trat neben sie und blickte wie sie hinaus in den Garten. »Du sagst, du erinnerst dich noch immer nicht an die Nacht, in der Sophies Vater umgekommen ist und man dich im Wald gefunden hat. Ich habe damals mit deinen Ärzten gesprochen. Sie waren sicher, dass die Amnesie nicht von Dauer sein würde und du irgendwann sagen könntest, was damals passiert ist.«
    Georg drehte sie zu sich um.
    »Du hast dich seit damals verändert, Anna, und damit meine ich nicht die Sache mit uns. Ich würde dir gerne helfen und besser verstehen, was in dir vorgeht, aber ich kann es nicht, solange ich das Gefühl habe, dass damals irgendetwas geschehen ist, das ich nicht greifen kann.«
    »Das bildest du dir nur ein«, sagte Anna störrisch.
    »Warum hast du Sophie zu dir genommen? Hast du dich verpflichtet gefühlt, weil ihr Vater von dem Mann getötet wurde, der es eigentlich auf dich abgesehen hatte?«
    »Du hast doch überhaupt keine Ahnung«, schrie Anna ihn an.
    »Was ist es dann, Anna, was ist damals passiert?«
    »Ich weiß es nicht, Georg!« Sie versuchte sich ihm zu entziehen, aber er hielt sie weiter fest.
    »Ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich, weißt du das? Seit jener Nacht stimmt etwas nicht mit dir, und ich will endlich wissen, was es ist.«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, schluchzte Anna.
    Georg zog sie an sich. »Sprich mit mir, Anna, bitte lass mich dir helfen.«
    Anna versuchte sich aus der Umarmung zu lösen, aber er ließ es nicht zu, sondern sah sie an, und aus seinen Augen sprachen so viel Zuneigung und verzweifeltes Begehren, dass Anna innerlich zusammenzuckte.
    »Ich kann mich wirklich nicht erinnern«, wisperte sie und begann noch heftiger zu weinen.

24. Kapitel
    A lles war schiefgelaufen. Sophie versuchte sich ihre letzte Nacht auf dem Boot am Priwallhafen ins Gedächtnis zurückzurufen. Seither, so schien es ihr, waren Lichtjahre vergangen. An jenem Tag war ihr das Leben trotz der zu überwindenden Hindernisse wie ein

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