Gezaehmt im Bett einer Lady
löffelte Marmelade auf ihr Scone.
Verzweifelt blätterte er in dem Wörterbuch in seinem Kopf, suchte nach Worten, aber er konnte nicht finden, wonach er suchte, weil er selbst nicht genau wusste, was das eigentlich war.
„Jess.“
Das Stück Scone verharrte auf halbem Weg zu ihrem Mund. Sie schaute ihn an.
Dain deutete auf die Ikone.
Sie sah hin. „Oh. Nun, besser spät als nie, dachte ich. Und ja, ich weiß, es ist nicht wirklich ein Geschenk, weil es dir ja ohnehin gehört. Alles von mir - oder fast alles - ist dem Gesetz nach in dein Eigentum übergangen, als wir geheiratet haben. Aber wir tun einfach so, weil ich nicht die Zeit hatte, mir etwas Passendes einfallen zu lassen, geschweige denn, es zu besorgen.“ Sie steckte sich den gebutterten und großzügig gesüßten Bissen in den Mund ... gerade so, als hätte sie alles zur Genüge erklärt und als sei kein Stück aus dem Himmel gebrochen.
Zum ersten Mal hatte Dain eine Ahnung davon, wie es sich anfühlen musste, Bertie Trent zu sein: zwar die für Menschen notwendige Menge grauer Zellen zu besitzen, aber keine Vorstellung davon zu haben, wie man sie zum Arbeiten bringen konnte. Vielleicht, überlegte Dain, war Trent gar nicht so auf die Welt gekommen. Vielleicht war er einfach durch ein Leben voller kleiner Explosionen so geworden.
Vielleicht musste man den Begriff femme fatale auch wörtlicher verstehen. Vielleicht war es das Gehirn, für das sie fatal war.
Nicht mein Gehirn, beschloss Dain. Sie wird mich nicht in einen geschwätzigen Dummkopf verwandeln.
Er konnte damit umgehen. Er konnte es hinbekommen. Er war einfach erstaunt, das war alles. Das letzte Geburtstagsgeschenk, das er erhalten hatte, war von seiner Mutter gewesen, als er acht Jahre alt war. Die Dirne, die Wardell und Mallory ihm an Geburtstag Nummer dreizehn präsentiert hatten, zählte nicht, weil er sie am Ende selbst hatte zahlen müssen.
Er war verblüfft, mehr nicht. Restlos verblüfft, das gab er gerne zu, weil er ehrlich geglaubt hatte, dass Jessica die Ikone eher in einen Kessel mit brodelnder Säure werfen würde, als sie ihm zu überlassen. Er hatte nicht einmal während der Ehevertragsverhandlungen danach gefragt, weil er davon ausgegangen war, dass sie sie längst verkauft hatte und er sich standhaft geweigert hatte, daran zu glauben oder darauf zu hoffen, auch nur eine Sekunde lang, dass sie es nicht getan haben könnte.
„Das ist eine ... freudige Überraschung“, sagte er, wie es jeder intelligente Erwachsene unter den gegebenen Umständen sagen würde. „Grazie. Danke.“
Sie lächelte. „Ich wusste, du würdest es verstehen.“
„Ich kann unmöglich die ganze Tragweite oder die Bedeutung begreifen“, erklärte er sehr ruhig. „Aber schließlich bin ich ein Mann, und mein Gehirn ist zu gewöhnlich für so komplizierte Berechnungen. Ich kann allerdings erkennen - wie ich das sofort getan habe, nachdem der Schmutz entfernt worden war - dass es ein erstklassiges Kunstwerk ist, und ich bezweifle, dass ich je müde werde, es zu betrachten.“
Das war schön gesagt, fand er. Erwachsen. Intelligent. Vernünftig. Er musste nur seine Hand auf dem Tisch liegen lassen, dann würde sie auch nicht zittern.
„Ich hatte gehofft, dass du so empfindest“, teilte sie ihm mit. „Ich war sicher, dass du bemerkt hast, wie bemerkenswert und selten es ist. Das ist so, weil es ergreifender ist, findest du nicht auch, als die gewöhnlichen Arbeiten von Stroganow, so hervorragend sie auch sind.“
„Ergreifend.“ Er schaute auf die wunderschön gemalten Figuren. Selbst jetzt noch, obwohl es nun ihm gehörte, war ihm nicht ganz wohl dabei, es zu halten, sich darin zu verlieren oder die Gefühle näher zu untersuchen, die es in ihm weckte.
Sie stand auf und kam zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Als ich es zuerst sah, nachdem es gesäubert und restauriert war, war ich gerührt“, sagte sie. „Die Gefühle waren sehr seltsam. Offenbar bin ich auf diesem Niveau von Kunst außerhalb meines Erfahrungsbereiches. Du bist der wahre Kunstkenner. Ich bin nur so eine Art Elster, und ich bin mir nicht immer sicher, warum mir etwas auffällt oder mich bestimmte Kunstgegenstände ansprechen, auch wenn ich keinen Zweifel an ihrem Wert habe.“
Er schaute verwundert auf. „Du bittest mich, dir zu erklären, was das hier zu etwas so Besonderem macht?“
„Außer der ungewöhnlichen Farbe ihrer Augen“, stellte sie fest. „Und der verschwenderischen Verwendung von
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