Gezähmt von sanfter Hand
weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.« Mit einem Ausdruck der Dankbarkeit in den Augen blickte Mary Catriona an. »Ich weiß wirklich nicht, wie wir das hätten überleben sollen, wenn du nicht hier gewesen wärst – die Kinder hätten uns alle noch in den Wahnsinn getrieben. Doch stattdessen haben sie den ganzen Nachmittag über deinen Geschichten gelauscht – ich frage mich, wie du das bloß machst. Du kannst so gut mit ihnen umgehen – sogar mit den Kleinen.«
Catriona schenkte Mary eines ihrer »Herrin des Tales«-Lächeln. »Das gehört zur Kunst des Heilens eben dazu.«
Hinter seiner Teetasse versteckt zog Richard skeptisch eine Braue hoch. Die Heiler, die er kannte, machten sich oftmals einen Spaß daraus, Kinder zu erschrecken, und nahmen sie nur widerwillig als Patienten an. Nicht alle Heiler, ebenso wenig wie alle Erwachsenen, brachten die Geduld auf, sich mit den Launen eines Kindes abzugeben.
»Wie auch immer«, fuhr Mary fort, »wir sind dir auf alle Fälle sehr dankbar für deine Bemühungen.« Hoffnungsvoll blickte sie Catriona an. »Bist du dir wirklich ganz sicher, dass du nicht bleiben möchtest?« Nun huschte ein Schatten über Marys Züge, und sie verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. »Ich weiß zwar nicht, wo wir demnächst, das heißt, nach nächster Woche, unterkommen werden« – sie warf einen entschuldigenden Blick in Richards Richtung –, »aber wo immer wir auch sein werden, du bist uns jederzeit herzlich willkommen.«
Mitfühlend drückte Catriona Marys Hand. »Ich weiß – und mach dir keine Sorgen. Die Dinge werden sich von ganz allein klären. Aber ich muss zurück ins Tal – ich bin nun schon viel länger fort, als ich ursprünglich vorgehabt hatte.«
Der Schatten einer Sorge trübte für einen flüchtigen Moment Catrionas Blick, was Richard nicht entging. Während er seine Tasse leerte, dachte er bei sich, dass Catriona Hennessy ihre Rolle als Herrin des Tales auf jeden Fall sehr ernst nahm.
Vielleicht zu ernst.
Richard wollte wissen, warum Catriona das getan hatte – ihm einen betäubenden Trank in seinen Whisky gemischt hatte und dann zu ihm ins Bett gestiegen war und sich ihm hingegeben hatte.
Hatte sie es einfach nur um der Erfahrung willen getan – oder steckte noch mehr dahinter?
Unter seiner Daunendecke hinter den zugezogenen Vorhängen seines Himmelbetts verborgen, starrte Richard in die Dunkelheit und horchte auf die Standuhr im Treppenhaus, die jede Viertelstunde schlug.
Er wartete darauf, dass sie wieder zu ihm kam.
Richard wusste nicht, was er genau empfand – seine Gefühle für Catriona waren selbst nach einem ganzen Tag auf dem Rücken eines Pferdes und quasi am Ende der Welt immer noch zu verworren, als dass er sich ihrer hätte sicher sein können, geschweige denn, sie hätte überdenken können. Einerseits fühlte Richard sich geschmeichelt, dass Catriona gerade ihn ausgewählt hatte – zu welchem Zweck auch immer. Andererseits machte es ihn wütend, dass sie das überhaupt gewagt hatte. Und es gab noch andere Empfindungen, die in ihm aufstiegen, wann immer er an Catriona – und an ihre mitternächtlichen Liebesspiele – dachte. Empfindungen, die weit über jede rational nachvollziehbare Reaktion hinausgingen. Weit über jede Reaktion, die er kannte.
Er wollte - musste - wissen, warum.
Er konnte Catriona natürlich fragen – er konnte theoretisch einfach darauf warten, bis sie wieder bei ihm erschien, und ihr dann eine simple Frage stellen. Doch Richard bezweifelte, ob er eine Antwort erhalten würde. Und er bezweifelte auch, ob sie dann noch eine weitere Nacht in seinen Armen verbringen würde.
Während der beiden vorherigen Nächte hatte Catriona geglaubt, dass er geschlafen habe – betäubt von den Drogen. Physisch zwar vollkommen handlungsfähig, aber nicht geistig. Und in der ersten Nacht war das ja auch der Fall gewesen. Richard konnte sich noch immer nicht an alles erinnern – kleine Bruchstücke dieser Nacht hatte er noch kristallklar im Gedächtnis, während andere Teile ein Truggebilde sinnlicher Empfindungen waren, die alle anderen Erinnerungen auslöschten. Richard wusste, dass er einige Sätze zu ihr gesagt hatte und dass Catriona ihm darauf geantwortet hatte – was auch der Grund dafür war, dass sie letzte Nacht nicht reagiert hatte, als er wieder zu ihr gesprochen hatte. Catriona hatte gedacht, dass er wieder im Schlaf spräche.
Und das war zugleich der einzige Weg, den er nach einem ganzen Tag des
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