Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
würden?«
Fragend blickte sie zu ihm auf. »Vielleicht als Gouvernante. Ich habe einige Übung in der Kinderbetreuung. Immerhin kümmerte ich mich um meinen kleinen Bruder, seit Maman starb. Damals war ich dreizehn und mein Vater die meiste Zeit des Jahres fort.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Aber für manche Arbeitgeber käme ich wohl nicht in Betracht, denn man sagt mir nach, recht offen auszusprechen, was ich denke. Lady Talwin schätzte meine scharfe Zunge, weil es ›ihren Verstand wachhielt‹, wie sie gern sagte. Ich bin mir indes durchaus gewahr, dass nicht alle, insbesondere nicht alle Adligen, Untergebene mögen, die kein Blatt vor den Mund nehmen.«
»Und Sie haben gegenwärtig keine Heiratsaussichten? «
Sie sah Haviland verwundert an, ein wenig schockiert ob der unverblümten Frage. »Wie bitte?«
»Sie könnten heiraten und Ihre materiellen Probleme auf diese Weise lösen.«
»Was voraussetzen würde, dass ich entsprechende Verehrer hätte. Nur machen Gentlemen mittellosen Jungfern gewöhnlich keine Anträge.«
Seine Brauen zogen sich noch weiter zusammen. »Sie sind mittellos? Ich hätte gedacht, dass Ihr Vater für Sie gesorgt hat.«
Madeline wurde nervös. »Diese Unterhaltung wird recht persönlich, denken Sie nicht, Mylord?«
Haviland lächelte schuldbewusst. »Verzeihen Sie, Miss Ellis. In den letzten zwölf Jahren habe ich erheblich weniger Zeit in der feinen Gesellschaft verbracht als die meisten meiner Altersgenossen. Folglich steht es um meine Manieren nicht zum Besten. Aber seien Sie versichert, dass Sie sich künftig nicht mehr um Ackerby sorgen müssen. Ich werde Sie sicher nach London bringen, sobald ich meine Angelegenheiten hier im ›Drake‹ erledigt habe.«
Bei der entwaffnenden Entschuldigung hatte Madelines Widerstand bereits nachgegeben, um sogleich mit doppelter Kraft zurückzukehren, als er verkündete, dass er sie nach London eskortieren würde. » Sie wollen mich nach London fahren?«
»Ja. Meine Kutsche steht im Stallhof.«
»Ich kann nicht mit Ihnen nach London reisen, Lord Haviland. Auch wenn Sie gut mit meinem Vater befreundet waren, sind Sie für mich doch ein Fremder.«
»Falsch«, konterte Haviland ruhig. »Zwar mögen wir uns noch nie begegnet sein, aber wir sind gewiss keine Fremden. Also«, fügte er in einem sehr charmanten und gar nicht befehlenden Ton an, »Sie forderten mich erst kürzlich als Ihren Beschützer ein.
Erlauben Sie mir, diese Rolle noch eine Weile beizubehalten. «
Madeline wurde rot, als sie sich ihres kühnen Vorgehens erinnerte. »Sie wissen, dass ich es nicht wollte. Ich wünschte lediglich, Baron Ackerbys Übermut zu bändigen.«
»Was Ihnen auf bewundernswerte Weise gelang. Indes bin ich nicht wie dieser Lump. Sie können mir vertrauen, Miss Ellis. Meinem Angebot haftet nichts Anrüchiges an. Und dass ich Ihnen helfe, steht ohnedies außer Frage. Ihr Vater rettete mir das Leben. Meine Schuld ihm gegenüber kann ich nie wieder ausgleichen.«
Wieder einmal war Madeline sprachlos, als sie begriff, dass Lord Haviland es ernst damit war, die Verantwortung für ihr Wohlergehen zu übernehmen.
Als sie ungewöhnlich still blieb, fuhr er fort, laut überlegend. »Ich würde Sie ja einladen, bei mir zu wohnen, bis Sie eine Stellung gefunden haben. Ich habe mehrere Häuser … ein Stadthaus in London, den Familiensitz in Kent, ein Landhaus nahe Chiswick und noch andere. Doch das verbietet natürlich der Anstand. Eine ledige Dame darf nicht bei einem Junggesellen wohnen. Aber es gibt ein ruhiges Hotel in London, das sich für eine feine Dame eignet.«
»Ich fürchte, ein Hotel kann ich mir nicht leisten. Ich beabsichtige, mir ein Zimmer in einer günstigen Pension zu nehmen.«
»Es ist mir eine Freude, für Ihren Aufenthalt aufzukommen. «
Madeline schüttelte energisch den Kopf. »Ich will Ihre Großzügigkeit nicht ausnutzen, Lord Haviland.«
»Von Großzügigkeit kann gar keine Rede sein. Betrachten Sie es als eine verspätete Pflichterfüllung gegenüber einem Freund.«
»Lord Haviland«, sagte sie zunehmend gereizt. »Ich habe stets für mich selbst gesorgt, und ich gedenke, es auch in Zukunft so zu halten.«
»Dies sind außergewöhnliche Umstände.«
Madeline machte sich sehr gerade und sagte betont langsam, als wäre er schwerhörig: »Ich versichere Ihnen, ich komme allein zurecht.«
»Das glaube ich Ihnen sofort, nur ließe mir mein Gewissen keine Ruhe, würde ich Sie in Ihrer Lage nicht unterstützen.«
»Ihr Gewissen
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