Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
ist nicht meine vordergründigste Sorge.«
Haviland grinste und sah sie mit seitlich geneigtem Kopf an. »Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie unabhängiger sind als gut für Sie sein kann, Miss Ellis?«
Sie war unabhängig, weil sie es sein musste, doch das zu erwähnen, gab er ihr keine Gelegenheit.
»Ich bewundere Ihre Entschlossenheit, für sich selbst zu sorgen, aber es wäre unvernünftig, Hilfe abzulehnen, die Ihnen so bereitwillig offeriert wird.«
Leider war Madeline abermals um Worte verlegen. Ja, womöglich war sie unvernünftig, dass sie Havilands Hilfsangebot ablehnte. Und wenn sie ehrlich sein sollte, müsste sie zugeben, dass seine Freundlichkeit sie rührte. Sie war es gewohnt, für andere zu sorgen, nicht, dass jemand für sie sorgte, und schon gar nicht ein Beinahefremder.
Aber so verlockend es war, sie konnte trtzdem nicht annehmen. Und das nicht bloß, weil es der Anstand verbot, sondern weil sie nicht in seiner Schuld stehen wollte. »Danke, aber ich kann ihr freundliches Angebot nicht annehmen.«
»Nun, ich lasse Sie nicht allein nach London reisen.
« Unvermittelt wechselte Haviland das Thema. »Was ist mit Unterrichten?«
Madeline blinzelte. »Was soll damit sein?«
»Meine nächsten Nachbarn in Chiswick sind drei Schwestern aus gehobenen Kreisen, die unlängst geheiratet haben. Sie suchen nach geeigneten Lehrkräften für ihre Akademie junger Damen. Es könnte die ideale Lösung für Sie sein. Eigentlich könnte ich Sie gleich heute Abend zu der ältesten Schwester bringen, Arabella, Lady Danvers. Ich traf sie und Danvers gerade auf einer Hausgesellschaft in Brighton, von der sie früher abreisten, noch vor mir, um nach Chiswick zurückzufahren. Zuvor waren sie einige Wochen auf Hochzeitsreise, daher hatten sie einiges im Haus zu regeln.«
»Ich kann Ihnen unmöglich gestatten, mich dorthin zu bringen.«
Er staunte. »Sie meinen, Sie wollen nicht unterrichten? «
»Nein, das sage ich ganz und gar nicht. Es könnte mir sogar sehr gut gefallen, aber ich kann nicht einfach uneingeladen vor jemandes Haustür erscheinen. «
»Natürlich können Sie. Ich bürge für Sie, also müssen Sie nicht fürchten, abgewiesen zu werden. Und ich verspreche Ihnen, dass Sie Lady Danvers einen Gefallen tun, wenn Sie heranwachsende Mädchen lehren, Damen zu werden.« Er hielt eine Hand in die Höhe, um ihren Widerspruch abzuwehren. »Dies ist keine Aufforderung zum Wortgefecht, Miss Ellis.«
Madelines Rückgrat war inzwischen richtig steif. »Sind Sie immer so bevormundend?«
»Sind Sie immer so dickköpfig?«
»Ja!«
Sein Lächeln erstreckte sich von seinen Lippen bis
zu seinen schönen Augen. »Wenigstens sind Sie so fair, mich zu warnen. Sie sind wahrlich recht offen.«
Bei diesen Worten musste sie lachen – auch wenn sie nicht begriff, warum sie es amüsant fand, dass ein Adliger sich über ihre sämtlichen Einwände hinwegsetzte.
»Denken Sie zumindest über meinen Vorschlag nach, Miss Ellis. Ich möchte wirklich gern etwas von meiner Schuld gegenüber Ihrem Vater begleichen, und dies würde mir erlauben, immerhin einen geringen Teil zurückzugeben. Außerdem hatten Sie Recht, als Sie zuvor sagten, dass ich ein Gentleman bin, und es würde dem damit verbundenen Bild nicht gerecht, sollte ich Sie der Gnade eines Lumpen überlassen, solange ich es mit Leichtigkeit vermeiden kann.«
Während Madeline noch nach einer Erwiderung rang, fuhr er bereits fort und fügte provozierend an: »Sie würden doch gewiss nicht allein deshalb ablehnen, weil Ihr Stolz sonst verletzt würde? Es ist keineswegs ein Almosen, wenn ich Ihnen helfe, eine auskömmliche Stellung zu finden.«
Ihr Stolz war einer von Madelines größten Charakterfehlern, wie sie gestehen musste. Maman hatte es oft bemängelt, und Madeline gab zu, dass es ihr außerordentlich schwerfiel, Großzügigkeit zu akzeptieren. Sie überlegte, was Maman in ihrer Situation getan hätte.
»Also sind wir uns einig?«, fragte Haviland, der sie sehr genau beobachtete.
Madeline hob eine Hand an ihre Schläfe. In ihrem Kopf drehte sich alles, so schnell, wie der Mann ihr Leben dirigierte. Aber wenn er lediglich ein Vorstellungsgespräch für sie bei Lady Danvers arrangierte, damit sie sich als Lehrerin bewerben konnte … nun, das wäre so schlecht nicht …
Sie erschrak, als eine fremde Männerstimme ihre Gedanken unterbrach.
»Entschuldige, alter Knabe, ich wusste ja nicht, dass du beschäftigt bist!«
Vor lauter Schreck über die
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