Gezeiten der Liebe
nur, daß ich es für dich übernehmen will.«
Sie durfte sich nicht umdrehen, durfte nicht riskieren, daß sie ihm wieder so nah war, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Das hielt ihr Herz nicht mehr aus. »Du hast selbst genug zu tun.«
»Grace, wollen wir den ganzen Tag hier stehen und darüber streiten, wer den Rasen mähen soll? Bis wir eine Entscheidung gefällt haben, könnte ich ihn zweimal gemäht haben, und du könntest inzwischen deine Bohnen vor der tödlichen Umklammerung durch das Unkraut erretten.«
»Darum wollte ich mich später noch kümmern.« Ihre Stimme klang matt. Sie kauerten jetzt beide vornübergebeugt auf dem Boden, beinahe Körper an Körper. Ein heißer Strahl schieren sinnlichen Verlangens durchfuhr sie und brachte sie aus dem Gleichgewicht.
»Kümmre dich jetzt gleich darum«, sagte er leise. Er hoffte, daß sie sein Angebot annehmen und gehen würde. Wenn sie es nicht tat, und zwar schnell, würde er sich nicht mehr zurückhalten können. Er würde sie packen, sie an sich zu ziehen und seine Hände über Stellen ihres Körpers wandern lassen, an denen sie nichts verloren hatten.
»Na schön.« Sie wich ihm seitlich aus, wobei ihr Herz in kurzen, heftigen Schlägen gegen ihre Rippen pochte. »Das ist lieb von dir. Danke.« Sie biß sich fest auf die Unterlippe, um vor lauter Nervosität nicht drauflos zu plappern. Entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen, drehte sie sich um und lächelte ihn an. »Vermutlich liegt es wieder mal am Vergaser. Ich hab’ das nötige Werkzeug hier.«
Ohne etwas zu sagen, packte Ethan das Seil mit einer Hand und zog zweimal kräftig daran. Der Motor erwachte widerwillig zum Leben. »Müßte auch so gehen«, sagte er milde, als er sah, wie sie frustriert den Mund verzog.
»Ja, müßte gehen.« Ihren Ärger niederkämpfend, marschierte sie zum Gemüsegarten.
Dort beugte sie sich zu den Beeten hinunter. Und wie anmutig sie das tat, dachte Ethan, als er sich den Rasen vornahm. Bei dem Anblick, wie sie in den dünnen Baumwollshorts in die Knie ging, mußte er tief durchatmen.
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was mit seinem normalerweise so disziplinierten Hormonhaushalt geschah, wenn sich ihr kleiner, fester Hintern an ihn drückte. Wie sein normalerweise so wohltemperiertes Blut in Wallung geriet, wenn ihre langen, nackten Beine ihn streiften.
Sie mochte ja Mutter sein – eine Tatsache, die er sich oft genug in Erinnerung rufen mußte, um gewisse verbotene Impulse zu unterdrücken –, aber auf ihn wirkte sie dennoch manchmal genauso unschuldig und ahnungslos wie die vierzehnjährige Grace.
Und damals waren diese verbotenen Wünsche zum erstenmal in ihm aufgestiegen.
Er hatte es sich versagt, ihr seine Gefühle zu zeigen. Um Himmels willen, sie war ja noch ein Kind gewesen! Und ein Mann mit seiner Vergangenheit hatte nicht das Recht, ein so unverdorbenes Mädchen wie Grace Monroe anzurühren. Statt dessen war er ihr Freund und Vertrauter geworden, eine Rolle, die ihn alles in allem zufriedengestellt
hatte. Er war der Meinung gewesen, er könne immer ihr Freund – und nur ihr Freund – bleiben. Aber in jüngster Zeit brachen sich seine Gefühle immer häufiger und machtvoller Bahn. Es fiel ihm zusehends schwerer, sich zu beherrschen.
Doch für sie beide war das Leben schon kompliziert genug, sagte er sich. Er würde jetzt nur ihren Rasen mähen und ihr vielleicht dabei helfen, das Unkraut zu jäten. Wenn noch genug Zeit blieb, konnte er ihr dann vorschlagen, mit ihnen in die Stadt zu fahren und ihnen ein Eis auszugeben. Aubrey war ganz wild auf Erdbeereis.
Anschließend würde er noch eine Schicht in der Bootswerkstatt einlegen. Und da er heute mit Kochen an der Reihe war, würde er sich obendrein Gedanken über den Speisezettel machen müssen.
Ob Mutter oder nicht, dachte er, als Grace sich bückte, um einen widerspenstigen Löwenzahn auszureißen – atemberaubende Beine hatte sie auf jeden Fall.
Grace wußte von Anfang an, daß sie sich nicht dazu hätte überreden lassen sollen, in die Stadt zu fahren, auch nicht, um nur auf die Schnelle ein Eis zu essen. Sie mußte ihre Tagesplanung über den Haufen werfen, die Gärtnerkluft gegen ein passenderes Outfit vertauschen und mehr Zeit in Ethans Gesellschaft verbringen, als momentan gut für sie war. Gerade heute war sie sich ihrer Gefühle für ihn nur allzu bewußt.
Aber Aubrey liebte solche kleinen Ausflüge, deshalb konnte sie die Einladung unmöglich
Weitere Kostenlose Bücher