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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Roberts
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Grace hatte ihm sehr weh getan, einfach indem sie nicht die Tochter war, die er sich vorgestellt hatte.
    Solcherlei Gedanken gingen ihr durch den Kopf, als sie Grace dabei half, zusammenzupacken, was Aubrey für den Nachmittag bei ihr brauchte. Heutzutage schienen Kinder ja so ungemein viel zu benötigen. Früher hatte sie Grace einfach auf ihre Hüfte genommen, ein paar Windeln eingepackt, und los ging’s.
    Jetzt war ihre Kleine erwachsen und hatte ein eigenes Baby. Grace war eine gute Mutter, dachte Carol leise lächelnd, als ihre Tochter mit Aubrey zusammen die einzelnen Stofftiere auswählte, die in den Genuß des Privilegs
kommen sollten, Grandma zu besuchen. Ja, Grace machte ihre Sache sogar besser als sie früher, gestand Carol sich ein. Sie hörte zu, wägte ab, dachte nach. Und vielleicht war es so am besten. Sie selbst hatte einfach getan, entschieden, verlangt. Grace war als Kind so fügsam gewesen, daß sie nie darüber nachgedacht hatte, welche unausgesprochenen Bedürfnisse in ihrem Innern schlummern mochten.
    Noch heute fühlte sie sich schuldig, weil sie durchaus von Grace’ Traum, sich zur Tänzerin ausbilden zu lassen, gewußt hatte. Anstatt sie ernst zu nehmen, hatte Carol es als kindliche Phantasie abgetan. Sie hatte ihre Kleine in diesem Punkt nicht unterstützt, hatte sie nicht ermutigt und an sie geglaubt.
    Daß sie Ballettunterricht nahm, war in Carols Augen nichts Besonderes gewesen, eine völlig normale Freizeitbeschäftigung für ein kleines Mädchen. Bei einem Jungen hätte sie sich dementsprechend dafür eingesetzt, daß er in der Schulliga Baseball spielte. So war es nun mal, dachte sie jetzt. Mädchen bekamen Tüllröckchen und Jungen Baseballhandschuhe, aber das hatte nichts mit ihren Zukunftsvorstellungen zu tun. Warum mußte es bei Grace komplizierter sein?
    Grace war nun mal ein kompliziertes Kind gewesen, Carol seufzte. Das hatte sie nicht gesehen. Oder nicht sehen wollen.
    Als Grace mit achtzehn zu ihr gekommen war, um ihr zu sagen, daß sie den Verdienst von ihren Ferienjobs gespart habe und nach New York gehen wolle, um dort Tanz zu studieren, und ob sie ihr finanziell nicht unter die Arme greifen könne, da hatte sie ihr gesagt, sie solle sich nicht lächerlich machen.
    Junge Mädchen, die frisch von der High School kamen, gingen nicht mutterseelenallein nach New York City – ausgerechnet New York City unter allen Städten auf Gottes weiter Erde! Die Ballerinaträume hätten sich allmählich in
Träume von schönen Verehrern und märchenhaften Hochzeitskleidern verwandeln sollen.
    Doch Grace war fest entschlossen, ihren eigenen Traum zu verwirklichen. Sie war zu ihrem Vater gegangen und hatte ihn gebeten, mit dem Geld, das sie für ihre College-Ausbildung beiseitegelegt hatten, eine Tanzschule in New York zu bezahlen.
    Pete hatte natürlich nein gesagt. Vielleicht war er ein wenig hart zu ihr gewesen, aber er hatte ja nur ihr Bestes im Sinn gehabt. Er ließ die Vernunft sprechen, um sein kleines Mädchen vor Unheil zu bewahren. Und Carol hatte ihm uneingeschränkt beigepflichtet. Damals.
    Doch dann hatte Carol gesehen, wie ihre Tochter Monat für Monat unermüdlich schuftete und jeden Cent sparte. Sie war wild entschlossen, ihr Ziel doch noch zu erreichen, notfalls auch ohne Unterstützung der Eltern, und als sie das sah, hatte Carol ihrem Mann zugeredet, Grace ihren Willen zu lassen.
    Doch er hatte keinen Fingerbreit nachgegeben, und Grace ebensowenig.
    Sie war kaum neunzehn, als dieser gelackte Jack Casey auf der Bildfläche erschien. Und das war’s dann.
    Letztem Endes brauchte sie es auch gar nicht zu bedauern, da ja Aubrey aus dieser Verbindung entstanden war. Was sie jedoch fast jeden Tag bedauerte, war der Umstand, daß die Schwangerschaft, die übereilte Heirat und die noch übereiltere Scheidung einen noch größeren Keil zwischen Vater und Tochter getrieben hatten.
    Aber das ließ sich nun mal nicht ändern, sagte sie sich und nahm Aubreys Hand, um mit ihr zum Wagen zu gehen. »Bist du sicher, daß der Wagen, den Dave dir verkaufen will, in gutem Zustand ist?«
    »Dave behauptet es zumindest.«
    »Na ja, er sollte es ja wissen.« Er war ein fähiger Mechaniker, dachte Carol, auch wenn er damals Jack Casey eingestellt
hatte. »Du weißt ja, daß du dir jederzeit mein Auto ausleihen kannst – so könntest du dir einen besseren Überblick über das Angebot verschaffen.«
    »Es wird schon klappen.« Sie hatte den Gebrauchtwagen, den Dave für sie ausgesucht hatte,

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