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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Roberts
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als der Junge nur gleichmütig eine Schulter hob, als komme so etwas jeden Tag vor.
    »Klar. Kein Problem.« Mit vor Aufregung feuchten Handflächen griff Seth nach der Ruderpinne.
    Ethan stand neben ihm, die Hände lässig in den Hosentaschen, behielt ihn jedoch aufmerksam im Auge. Auf dem Wasser herrschte reger Verkehr; das schöne Wetter hatte die Freizeitsegler in die Bucht gelockt. Und wenn schon, sie hatten es nicht mehr allzu weit, und irgendwann mußte der Kleine es ja mal lernen. Man konnte nicht in St. Chris leben, ohne zu wissen, wie man einen Fischkutter steuerte.
    »Ein wenig mehr Steuerbord«, sagte er zu Seth. »Siehst
du den Einer da? Ein Sonntagssegler, der uns unweigerlich rammen wird, wenn du diesen Kurs beibehältst.«
    Seth kniff die Augen zusammen, musterte das Boot und seine Insassen und prustete los. »Und das nur, weil er sich nicht von dem Mädchen im Bikini losreißen kann!«
    »Sie sieht ja auch toll aus in dem knappen Teil.«
    »Ich versteh’ nicht, was an einem Busen so interessant sein soll.« Es sprach für Ethans Selbstbeherrschung, daß er nicht laut loslachte, sondern ernst nickte. »Zum Teil liegt es wohl daran, daß wir selber keinen haben.«
    »Also, ich will ganz bestimmt keinen. Und mir liegt auch nichts daran.«
    »In ein paar Jahren sprechen wir uns wieder«, murmelte Ethan kaum vernehmlich durch den Motorenlärm. Bei diesem Gedanken wurde ihm flau. Was sollte nur werden, wenn der Kleine in die Pubertät kam? Jemand würde mit ihm reden müssen. Ihm war klar, daß Seth im Grunde genommen schon viel zuviel über Sex wußte, zumindest über die dunklen, abstoßenden Seiten. So wie er selbst viel zu früh Bescheid gewußt hatte.
    Einer von ihnen würde ihm erklären müssen, wie Sex eigentlich sein sollte, sein konnte – und zwar ziemlich bald, damit sein negatives Bild sich nicht verfestigte.
    Er hoffte nur, daß dieses heikle Aufgabe nicht an ihm hängenblieb.
    Als er die Bootswerkstatt auftauchen sah, das alte Gebäude aus Backstein mit dem funkelnagelneuen Pier, den er und seine Brüder errichtet hatten, stieg Stolz in ihm auf. Vielleicht machte sie ja äußerlich noch nicht allzu viel her mit den porösen Steinen und dem geflickten Dach, aber sie arbeiteten daran. Die Fenster waren zwar staubig, aber neu und heil.
    »Nimm etwas Gas weg. Fahr ganz langsam ran.« Geistesabwesend umschloß Ethan auf dem Kontrollpult Seth’
Hand. Er spürte, wie der Junge sich instinktiv versteifte und dann wieder lockerließ. Unerwartete Berührungen waren für ihn immer noch ein Problem. Aber das würde sich mit der Zeit geben, dachte Ethan. »Ja, so ist’s richtig, noch ein wenig mehr Steuerbord . . .«
    Als das Boot sacht gegen die Pfosten stieß, sprang Ethan auf den Pier, um die Leinen zu sichern. »Gut gemacht.« Ein Kopfnicken genügte, und Simon, der schon vor Anspannung zitterte, sprang vom Boot herunter. Wild kläffend kletterte Follish auf das Dollbord, zögerte kurz und folgte ihm dann beherzt nach.
    »Reich mir bitte mal die Kühltasche, Seth.«
    Seth stemmte die schwere Box mit Mühe in die Höhe, ließ sich jedoch nichts anmerken. »Vielleicht darf ich das Boot ja auch mal steuern, wenn wir Krebse fangen.«
    »Vielleicht.« Ethan wartete, bis der Junge sicher auf dem Pier stand, bevor er sich zur Laderampe an der Rückseite des Gebäudes wandte.
    Die Türen standen weit offen, und eine herzergreifende Melodie von Ray Charles wehte zu ihnen nach draußen. Sobald er die Schwelle überschritten hatte, setzte Ethan die Kühltasche ab, stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um.
    Der Bootsrumpf war komplett aufgeplankt. Cam hatte geschuftet wie ein Pferd, um noch vor Antritt der Hochzeitsreise sein Soll zu erfüllen. Jede Planke war an der abgeschrägten Kante mit der vorhergehenden verklammert, um trotz der Überlappung saubere Nähte zu erhalten.
    Zuvor hatten sie zu zweit aus im Dampf gebogenen Holz das Spantgerüst zusammengesetzt, wobei sie sich an Bleistiftmarkierungen orientierten und jede Spant vorsichtig und mit gleichmäßigem Druck an ihrem Platz ›einlaufen‹ ließen. Der fertige Rumpf wirkte wie aus einem Guß. An der Konstruktion eines Quinn-Boots durfte und würde es auch nicht die kleinste Schwachstelle geben.
    Der Entwurf stammte in der Hauptsache von Ethan; Cam hatte nur einige kleinere Korrekturen beigesteuert. Sie hatten einen Rundspantrumpf gewählt, was zwar viel Geld kostete, aber höhere Stabilität und Schnelligkeit verhieß.
    Ethan hatte sich

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