Ghost Lover
wurde verträumt. „Er bringt … brachte mich zum Lachen. Er macht mich völlig verrückt mit seinen Foppereien, aber gleichzeitig schafft er es, dass ich ihm nie lange böse sein kann.
Wenn er bei mir ist, fühle ich mich perfekt, ohne perfekt sein zu müssen.
Er sieht mich an und gibt mir das Gefühl, Miss World und Aphrodite gleichzeitig zu sein, auch wenn ich müde, schlecht gelaunt und schmutzig bin.
Er weiß immer, wenn mich etwas bedrückt, und hört mir zu, ohne zu urteilen. Er ist für mich da, selbst wenn ich gar nicht weiß, dass ich ihn brauche.“
Sofie seufzte. „Meine Güte, das hört sich romantisch an.“ Ella fühlte sich in die Gegenwart zurückversetzt. Der Schmerz des Verlusts stach ihr ins Herz.
„Und warum ist dieses Prachtexemplar so dumm und lässt eine wunderbare Frau wie dich fallen?“
„Er musste weit weg und deshalb …“ Ella biss sich auf die Lippen.
Sofie drückte ihre Hand. „Ich verstehe, der Dummkopf dachte, es wäre besser, eure Beziehung zu beenden.“
Ella nickte, erleichtert darüber, keinen schlüssigen Grund erfinden zu müssen.
„Männer sind Idioten“, erklärte Sofie. „Weißt du was? Gegen Liebeskummer hilft Rotwein am besten. Rot wie die Liebe und rot wie das Blut, das man diesen Idioten abzapfen sollte.“
„Kein Alkohol“, entgegnete Ella. „Ich möchte einfach nur ein bisschen Ablenkung. Wie wäre es, wenn wir das Tagebuch fertig übersetzen? Damit wäre uns beiden geholfen. Ich komme auf andere Gedanken und du deinem Ziel näher.“
Sofie musterte Ella forschend. „Bist du sicher?“, wollte sie zweifelnd wissen.
Ella nickte eifrig. „Und ob, Arbeit ist ein erfolgreich erprobtes Mittel zur Ablenkung.“ Dass das Büchlein Ella nur zu sehr wieder an Marcus erinnern würde, wusste Sofie natürlich nicht, aber Ella wollte noch weniger, dass Sofie sie am Ende doch zu einem Trinkgelage überreden konnte und sie ihr dann die Wahrheit über ihren geheimnisvollen Freund erzählte.
„Was für eine fürchterliche Geschichte“, meinte Sofie, während sie den Satz beendete. Sie musterte Ella, die mit wachsbleichem Gesicht über dem Eintrag hockte. „Es nimmt dich heute zu sehr mit. Sollen wir aufhören?“ Ella sah auf. „Auf keinen Fall.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir haben nur noch zwei Seiten.“
Sofie machte eine schmerzerfüllte Grimasse. „Es wird bestimmt nicht schöner werden.“
Ella zuckte mit den Schultern. „Egal, lass uns nicht kurz vor dem Ende aufhören. Ich übersetze, du schreibst:
… sie haben mich im Keller eingemauert. Ein schmales Fensterloch lässt Licht und Luft herein…… ich rufe, niemand scheint mich zu hören. Alles ruhig. Es müssten doch Menschen oder Tiere zu hören sein?
Ich bin so allein. Noch nie zuvor verspürte ich solches Entsetzen. Diese Einsamkeit zermürbt mich. Ich werde sterben und niemand ist bei mir. Das ist das Schlimmste.
“
„Das muss um die Zeit herum gewesen sein, als das Feuer im Cottage ausbrach. Laut anderer Dokumente hat sich über Wochen hinweg niemand dem Haus genähert“, murmelte Sofie.
„… bin wieder längere Zeit bewusstlos gewesen. Eine göttliche Gnade. In meinen Träumen wanderte ich durch die Rosengärten bei Wyndham Manor. Der süße Duft der Rosenblüten liegt mir noch jetzt in der Nase.
Ich fühle, wie ich schwächer werde. Ich habe Angst.
Zeitweise kann ich kaum noch sehen. Ich habe Hunger. Doch schlimmer als Schmerz, Hunger oder die Einsamkeit ist der Durst geworden. Ich ertappe mich, wie ich die feuchten Wände ablecke. Natürlich hilft das nicht ansatzweise.
Mit Gottes Gnade wird es bald vorbei sein.
Der Pastor meinte in einer seiner letzten Predigten, das Paradies wäre ein unendlich großer Rosengarten von betörender Schönheit. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mich endlich von seiner Pracht zu überzeugen …
Ich …“
Die Schrift riss ab, ein langer Tintenstrich deutete an, dass Marcus endgültig die Kraft verlassen und der Tod ereilt hatte.
Ella schniefte. „Damit enden die Aufzeichnungen.“ Sie erinnerte sich an Marcus’ Furcht vor dem Keller, der Angst und Hoffnungslosigkeit in den Augen, als er von der Einsamkeit und den Qualen erzählte, die er beim Sterben und später als Spukgestalt durchlebt hatte. Was für eine Folter muss das für einen so lebensfrohen Mann wie Marcus gewesen sein.
„Wie furchtbar, so zu sterben. So allein und eingesperrt.“ Sofie schüttelte sich.
Schweigend hockten sie da und versuchten, die
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