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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Gedanken der ganzen Welt mitzuteilen. Denke an die Möglichkeit einer Einheiratung in eine Großfamilie, die dir die Chance gibt, mit einem Schlag eine größere Anzahl von Mitgliedern anzuwerben. Für jeden so geworbenen Denker gibt es einen vollen Punkt. Vielleicht hören wir dich schon morgen im Weltprogramm, lieber Denkgenosse?«
    Unterhaltungsprogramm. Es lief ein Emotiorama mit dem Titel »Schweiß«. Natürlich in Wort und Bild und mit Gefühlsspritze. Es war ein aufwendig gestaltetes Melodrama über die Vor-Full-Service-Ära. Ein richtiger Horrortrip. Der »Held« war ein fettleibiger, schwitzender Freidenker, an dessen Beispiel die Gefahren für Geist und Körper aufgezeigt wurden, denen Menschen ausgesetzt waren, die ihren Körperhaushalt nicht computergesteuert regulieren ließen. Drüsenüberfunktion, Kreislaufstörungen, Herzleiden, Haltungsschäden, Stoffwechselerkrankungen und solche psychosomatischer Art. Gegen Ende des Emotioramas war der Protagonist blind und fast taub, halbseitig gelähmt, und er hatte den Aussatz, sein Schweiß stank widerlich. Aber es gab trotzdem ein Happy-end. Der CCCP-Missionar bekehrte ihn letztlich doch und rettete seinen Geist, indem er ihm seinen letzten Willen erfüllte und sein Bewußtsein in die Denkmaschine speichern ließ.
    Ein Schocker, der unter die Gehirnhaut ging, aber ein zufriedenstellender Ausklang. Ich war richtig mitgegangen, war voll eingestiegen und hatte mich in die Rolle des CCCP-Missionars hineingedacht.
    Es konnte nie schaden, sich auf diese Weise in der Dialektik zu schulen, denn man wußte nie, ob man nicht an der nächsten Straßenecke einem Wankelmütigen begegnete, den man für CCCP bekehren konnte. Es mußte ja nicht gleich ein schwitzendes und zuckendes Nervenbündel ohne Käppi sein, ein frustrierter AUA-Mitläufer tat es auch. Und ich sagte mir im Geiste vor, wie ich einem solchen potentionellen Corbyaner auf den Zahn fühlen würde:
    »Wo lassen denken?«
    Und damit würde das Taktieren beginnen.
    Aber diese Chance ließ mir Molly nicht, denn sie schirmte mich auf dem Weg zu meiner Arbeitsstätte von allen lästigen Umwelteinflüssen ab. Ich war ihr nicht gram deswegen, denn es hatte auch sein Gutes, wenn man auf einem Fußmarsch von drei Kilometern quer durch die Stadt nicht belästigt wurde. Molly war ein Schatz. Während ich das Emorama genoß, hatte sie meine Schritte gelenkt.
    Bevor ich das Büro betrat, rief Molly mich in die Wirklichkeit zurück, damit ich das Personal begrüßen konnte. Ich hatte eine leitende Stellung inne, und es schuf ein gutes Betriebsklima, wenn ich mit den Untergebenen ein paar Worte wechselte.
    Daran, wie sie bei meinem Erscheinen munter wurden, als seien sie aus der Trance erwacht, erkannte ich, daß Molly ihren Maiden und Buben Anweisung gegeben hatte, mich wahrzunehmen.
    »Guten Morgen, Bert.«
    »Guten Morgen, Denkgenossen. Wie ist das allgemeine Befinden?«
    Wie konnte es unter Corbys Fittichen anders als bestens sein? Anja klagte mir, daß sie mit ihrem Emorama, das sie für die Amateurwelle des Reginalprogramms verfaßte, nicht recht weiterkam, und ich versprach ihr, mich beim abendlichen Kreativitätstraining ihrer ein wenig anzunehmen. Ich selbst war zwar nicht sonderlich begabt, aber ich hatte einige Erfahrung im Verfassen von Drehbüchern, und eine Drei-Minuten-Sendung von mir ist voriges Jahr mal auf Regional gelaufen.
    »Anja ist ein recht attraktives Persönchen«, schaltete sich Molly ein. Und ich erwiderte: »Kupplerin!«
    Elmar klagte mir, daß er mit seiner Brückenkonstruktion über den Ärmel-Kanal keine rechten Fortschritte machte, obwohl ihm seine Maid jegliche Konstruktionshilfe der Zentrale zukommen ließ.
    Ich konnte ihm nur den Trost geben, daß eine solche Brücke wahrscheinlich überhaupt nicht zu verwirklichen war, weil die Computer sie noch nicht entworfen und die Roboter sie nicht gebaut hatten. Und ich schlug ihm vor, eine der Apollo-Raumkapseln zu rekonstruieren. Elmar nahm diesen Gedanken dankbar auf.
    Auch Jutta konnte ich nur zum Resignieren ermuntern, als sie mir verzweifelt gestand, daß alle die von ihr entwickelten Schachsysteme bei den Turnieren gegen ihren Buben versagten.
    Erhard, mein Sekretär, war mit sich und dem System zufrieden wie immer und meldete mir bloß, daß im Wartezimmer Besuch für mich sei.
    »Soll warten«, sagte ich. »Vermittle dem Besucher den Einstieg in die Open-End-Diskussion über die Krise in Neutral-Asien.«
    Als ich mich in meinem

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