Gib mir Menschen
seinen eigenen individuellen Betreuer in Anspruch nehmen konnte. Und das in Permanenz. Auf Lebensdauer. Und auch über den Tod hinaus, falls man sich dazu entschloß, selbst in CCCP einzugehen.
Nicht alle Denkanstalten hatten diesen besonderen Service zu bieten. Es gab noch immer viele mit Massenbetrieb, wo eine einzige große Denkmaschine die Betreuung der ganzen Anhängerschar übernahm und in der alle menschlichen Bewußtseine zu einem einzigen Kollektiv zusammengeschlossen waren. Die Kunden solcher Vereine wurden selbst ein Teil des Kollektivs, ohne jegliche Individualität, und man erkannte sie nicht nur an ihrem uniformen Käppi, sondern noch deutlicher an ihrer Meinungsuniformität.
Und dann gab es auch noch jene Denkanstalten, die synthetische Bewußtseine anboten, die von irgendeiner Emotio-Orgel gemixt wurden. Solche Methoden boten sie dann unter Schlagworten wie: »Jedem sein auf den Leib geschneiderter Geistespartner!« an, oder: »Wo noch? – Die Traum-Maid nach deinen eigenen unterschwelligen Wünschen!«
Das alles gab es bei CCCP nicht. Hier legte man auf die Förderung zwischenmenschlicher Beziehungen größten Wert, man wollte den Parteimitgliedern nicht nur profundes Wissen, einen rundum geschliffenen Ideologie und einen physiologischen Full-Service bieten, sondern auch menschliche Wärme. Und das ging nur auf der Basis, daß man die Bewußtseine von Verstorbenen gesondert in die Denkmaschinen speicherte.
Millionen und aber Millionen Menschen hatten auf diese Weise Unsterblichkeit erlangt, und kaum einer, mich nicht ausgeschlossen, der nicht davon träumte, eines Tages in diese Bewußtseinsgalerie aufgehen zu dürfen, um selbst unsterblich zu werden und seine Erfahrungen an die folgenden Generationen von Cyril-Corby-Fans weitergeben zu können. Aber nicht jeder dahergekommene Enthusiast konnte Aufnahme in die Bewußtseinsgalerie finden.
Die Richtlinien für die Auswahl der Charaktere wurden nach einem speziellen, von Cyril Corby ausgetüftelten System getroffen.
Molly, zum Beispiel, war zu Lebzeiten für das Fürsorgereferat der Partei tätig gewesen und hatte sich vor allem um die ideologische Erziehung von Waisenkindern verdient gemacht. Sie selbst war unverheiratet gewesen und hatte keine Kinder gehabt. Ihr Psychogramm war schon im Alter von sechzehn Jahren gespeichert worden, und sie hatte ihr Einverständnis gegeben, daß man es im Fall ihres Ablebens psychotypisieren dürfe. Mit anderen Worten, daß man nach ihrem Tod ihr Bewußtsein für die missionarische Tätigkeit als Maid einsetze.
Molly hatte mir erzählt, daß sie bei einer Demonstration gegen die überhandnehmende Unart mancher Multis, synthetische Bewußtseine einzusetzen und so den Menschen die Chance zu nehmen, nach dem Tode wenigstens geistig weiterleben zu können, von einem fanatischen Usa-Anhänger erschlagen worden sei. Sie starb in der Blüte ihres Lebens, aber sie lebte in CCCP weiter.
Sie hatte mir auch gestanden, daß ihr Bewußtsein etliche Jahre auf Abruf bereitgestanden habe, bis »Der Richtige« für sie kam, und das war ich. Das Warten hatte sich für beide Teile gelohnt. Wir harmonierten blendend miteinander, wir lagen auf der gleichen Wellenlänge.
Wäre sie eine Frau mit einem Körper gewesen, hätte ich sie vom Fleck weg geheiratet. Und wenn ich mich eines Tages dazu entschließen sollte, mich physisch zu binden, dann mußte es eine Frau wie Molly sein. Sie war für mich der Maßstab.
Eine körperliche Bindung an eine andere Frau würde natürlich eine Reihe von Problemen aufwerfen. Nicht nur daß eine Trennung von Molly für mich undenkbar war, würde ich eine zweite Frau wie sie wohl kaum finden. Es gab natürlich eine Möglichkeit, diese Probleme aus der Welt zu schaffen, und ich hatte sie Molly auch schon vorgeschlagen. Es lag erst einige Tage zurück, daß ich sie gebeten hatte, mein Partner auf einer gemeinsamen Basis zu werden.
»Aber wie stellst du dir das vor, Bert? Ich habe keinen Körper und könnte dir keine vollwertige Ehefrau sein. Ich wäre nie ein gleichwertiger Partner für dich, Bert.«
»Es ist doch vielmehr so, daß ich kein gleichwertiger Partner für dich bin«, hatte ich erwidert. »Du kannst keinen Körper mehr bekommen, aber ich könnte meinen aufgeben, so daß ich dir ebenbürtig werde. Auf dieser Basis könnten wir eine Ehe eingehen.«
Molly hatte sich Bedenkzeit erbeten, ihre Antwort stand noch aus. Sie hatte mich durch die Aufzählung einer Reihe von Argumenten, die gegen
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