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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Denkpause kennenzulernen. Mich interessiert der Mensch Bert Acker, ohne den Schatten Cyril Corbys.«
    Dieser Ausspruch irritierte mich, und ich empfand die Anspielung als Beleidigung für Molly. Aber bevor ich für meine Maid eintreten konnte, schaltete sie sich in ihrer gütigen und verständnisvollen Art ein.
    »Das geht schon in Ordnung, Bert«, sagte sie. »Ich gewähre dir die Denkpause und ziehe mich solange zurück, bis du mich rufst. Für dein Glück tu ich alles. Hoffentlich gibt es um eine Corbyanerin mehr, wenn ich mich wieder einschalte.«
    Und fort war sie aus meinem Gehirn.
    »Jetzt haben Sie den Menschen Bert Acker vor sich«, sagte ich und kam mir ohne Molly ziemlich entblößt vor. »Woher kennen Sie eigentlich meinen Namen?«
    Sie blickte wieder auf das Chronometer.
    »Aus den Briefen, die du mir geschrieben hast. Ich bin Claire.«
    Das war eine gelungene Überraschung. Molly, diese Kupplerin, die die Identität meiner Besucherin gekannt haben mußte, hatte sie nicht vorweggenommen.
    »Ja, tatsächlich? Claire?« Ich händigte ihr den Briefumschlag aus, und sie nahm ihn mit spitzen Fingern. Sie wirkte auf einmal wie ausgewechselt, ihre Scheu war in Furcht umgeschlagen. Zumindest stellte es sich mir so dar. Sie blickte sich ängstlich um und sagte:
    »Könnten wir nicht einen kleinen Spaziergang machen? Ich fühle mich hier eingeengt und … wie von unsichtbaren Augen beobachtet. Ich habe in der Nähe einen kleinen Park gesehen, könnten wir nicht …«
    Warum nicht? Ich konnte im Büro kommen und gehen, wie es mir paßte, und Claire war eine potentielle Corbyanerin, der ich schon einige Zugeständnisse machen konnte, wollte ich sie anwerben.
    Ich gab ihr durch einen Wink zu verstehen, daß sie mir folgen sollte, und verließ das Büro. Sie trippelte hinter mir durch die Abteilungen, in denen sich meine Untergebenen ihren verschiedenen Beschäftigungen hingaben –, ja, es war Hingabe dabei! Glückliche Corbyaner! Wir erreichten den Lift und fuhren in ihm hinunter. In der Halle herrschte reger Parteienverkehr. Obwohl kaum gesprochen wurde, weil der Informationsaustausch auf Welle vorgenommen wurde, hing ein stetes an- und abschwellendes Summen in der Luft.
    Draußen, auf der Straße, herrschte ein noch stärkeres Gedränge.
    »Wie die Ameisen«, sagte Claire fröstelnd. »Man bekommt direkt Platzangst.«
    »Du kannst abschalten, wenn dir das lieber ist, und dich von deinem Buben führen lassen«, bot ich ihr an.
    Claire warf mir einen seltsamen Blick zu, den ich absolut nicht deuten konnte. Und Molly wollte ich nicht hinzuziehen, das wäre Claire gegenüber nicht fair gewesen.
    Im Park waren nicht so viele Menschen unterwegs. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, daß außer mir und Claire überhaupt niemand im Park war. Im ersten Moment hatte ich die steinernen Monumente nur für menschliche Gestalten gehalten. Molly hätte mich sofort auf diesen Irrtum aufmerksam gemacht, sie ging mir ab. Ohne ihren analytischen Blick sah die Welt für mich überhaupt fremd, trostlos und fast schon unheimlich aus. Und erst recht dieser Ort.
    »Weißt du, wo wir hier sind, Bert?« fragte Claire mich. »Das ist ein Friedhof. Hier hat man früher die Verstorbenen begraben. Heute gibt es nur noch Krematorien. Sie haben Hochbetrieb. Tote zu verbrennen ist zu einem eigenen Industriezweig geworden.«
    »Der Park gefällt mir nicht«, sagte ich fröstelnd; Molly war nicht da, um die psychosomatische Wechselwirkung zu regeln. »Wieso wolltest du ausgerechnet hierher gehen, um mit mir zu politisieren?«
    »Ist deine Maid bei dir?«
    »Ich habe Denkpause.«
    Claire blickte wieder auf ihren Chronometer.
    »Dann wird es Zeit!« sagte sie und betätigte irgendeine Taste an ihrem Handgerät.
    Mein Gehirn war auf einmal wie tot. Ich sah und hörte noch, und ich hatte auch meinen Geruchsinn behalten. Aber die Welt war auf einmal Grau in Grau, die Hintergrundmelodie war verzerrt und disharmonisch, und die Luft stank. Mir wurde übel. Ich konnte nicht klar denken.
    Und dann tat Claire etwas Schreckliches, und ich konnte mich nicht wehren, weil Molly nicht erreichbar war, die meine Reflexe hätte steuern können.
    Claire riß mir das Käppi vom Kopf!
    Bevor sich die Bewußtlosigkeit über meinen Geist senkte, sah ich dunkle Gestalten hinter den verwahrlosten Grabsteinen auftauchen. Es waren Barbaren mit langen, zottigen Haaren, die Phantasiekostüme trugen.
    Freidenker! Das war mein letzter Gedanke.
    Hört, verehrte Denkgenossen, was

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