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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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durchdringen wie ein Tintenfleck. Wenn ich in besserer Verfassung gewesen wäre, dann hätte ich ihn wohl angespuckt.
    «Das Video», erklärte Ilya mit ausdrucksloser, geschlagener Stimme. «Entschuldigung. Das Band war noch im Gerät.»
    In meinem Kopf drehte sich alles, mein Gehirn versuchte zu viele Informationen auf einmal zu sortieren und zu viele Gefühle. Sie hatten mich gesehen. Sie hatten mich beobachtet. Das war mir noch nicht mal peinlich. Ich fühlte lediglich Verachtung in mir aufsteigen – für sie und für Ilya.
    «Was?», fragte ich ungläubig. «Willst du mir damit sagen … dies hier ist eine verdammte Einbrecherbande? Ein paar Idioten, die deine Glotze geklaut haben? Himmel, und ich hatte angenommen –»
    «Aber nein, nein, nein», unterbrach mich Tony und warf mir ein teuflisches Lächeln zu. «Wir hatten doch gar nicht vor, dieses Zeugs zu stehlen, Süße. Es ist uns einfach nur – ups – in die Hände gefallen. Wir kamen nur zufällig gerade vorbei, um zu sagen: ‹Ach, übrigens, Ilya. Wir wissen, wo du wohnst.› Und siehe da, was wir fanden: dich! Einen Pornostar! Also tust du jetzt schön, was ich dir sage, alles klar?» Er fasste mir unters Kinn. Ich entzog mich seinen dürren Fingern. «Du wirst uns bestimmt alle sehr glücklich machen.»
    Meine Stimme zitterte, als ich zu sprechen begann. «Und wenn ich das nicht tue?»
    Tony zuckte mit den Schultern und verkündete mit lockerer Arroganz: «Dann werde ich deinem Freund wohl die Kniescheiben wegblasen müssen, was?»
    Eiskalter Schrecken überlief mich.
    Tony beobachtete mich, selbstverliebt und entzückt, wartete darauf, wie ich auf seine widerwärtige Eröffnung reagieren würde.
    Ich hatte keine Ahnung, ob das eine leere Drohung war oder er es tödlich ernst meinte, aber schon der Gedanke daran war schrecklich genug, dass eine entsetzliche Übelkeit tief aus meinem Bauch aufstieg bis hoch in meinen Hals. Meine eigenen Knie schienen sich mitfühlend aufzublähen, und mein sich trübendes Bewusstsein drehte sich nur noch um runde Knie, schwebende Kniescheiben, um splitternde Knochen und blutbespritztes Straßenpflaster und Knorpel und diese Flüssigkeit, die verhindert, dass Kugel und Gelenk sich gegenseitig zu Staub zerreiben.
    «Ich muss mich setzen», flüsterte ich.
    «Das klingt schon besser», schnarrte Tony. Mit einer einladenden Geste wies er auf das Bett, wo der grotesk große Dildo auf der tristen blauen Tagesdecke lag.
    Ich war nicht in der Lage, mich zu rühren. Meine Knie würden unweigerlich versagen. Wie in Trance stand ich da, wünschte, ich könnte mir erklären, wohinein ich da geraten war.
    Tony seufzte theatralisch, schüttelte dabei den Kopf. «Wärm sie mal ein bisschen an, Trav. Ich glaube irgendwie, sie mag mich nicht.» Dann schob er ab, um sich eine Zigarette anzuzünden.
    Ich starrte hinter ihm her, bis ich von hinten Ilyas starke Arme fühlte, die meine Taille umfassten. Er näherte sich meinem Ohr, und seine Zähne zogen sanft an meinem Ohrläppchen.
    «Hey», flüsterte er mit sanfter und beruhigender Stimme. «Es ist alles okay, Süße. Er redet Quatsch. So ernst ist das alles nicht. Ich schwör’s. Wenn du gehen willst, sag einfach ein Wort.»
    Er knabberte an meinem Ohr und küsste meinen Hals, seine breiten Hände streichelten mich unterhalb der Brüste, bewegten sich kreisend auf meinem Kleid, als hätte ich Magenschmerzen – keine Herzschmerzen.
    Das Echo seiner Stimme zog wie ein Refrain durch meinen Kopf: Sag einfach ein Wort.
    Meinte er das einfach nur so? Oder meinte er das Wort: «Tintenfisch»?
    Einen blendenden, verrückten Augenblick lang fragte ich mich, ob das alles vielleicht eine kunstvolle Inszenierung sein konnte, eine Variation von einem von Ilyas überraschenden Rollenspielen, das schon irgendwann viel früher begonnen hatte – mit dem Einbruch? Mit der zerschlagenen Visage? Ich hatte keine Ahnung.
    Aber so war es bestimmt nicht. Obwohl Ilya ein verdammt guter Schauspieler war – wenn er meinen arroganten Freier mimte oder meinen widerwärtigen Erniedriger –, so konnte ich mir kaum vorstellen, dass er auch noch fünf Freunde hatte, die ähnliche Fähigkeiten mitbrachten.
    Ich lehnte meinen Kopf nach hinten an seinen Brustkorb. «Welches Wort?», fragte ich zögernd.
    Er wusste sofort, was ich damit meinte.
    «Nein, nein», sagte er fast schon drängend. «Das habe ich nicht gemeint. Ich hab nur sagen wollen, dass du mir sagen kannst, wenn du lieber gehen willst. Das wäre

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