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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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Empfangshalle kommen sollten, die trotz der schäbigen Pracht ihrer vergoldeten Spiegel, zweier zierlicher kleiner Tischchen und des protzigen Kronleuchters ziemlich schlecht beleuchtet und unheimlich wirkte.
    Luke und ich folgten der Wegbeschreibung des Mannes und stiegen eine verwinkelte Treppe hinauf, deren roter Teppich an den Stellen, über die der meiste Publikumsverkehr gelaufen war, schon ganz fadenscheinig war. In der Luft hing ein metallischer Geruch von Putzmitteln – chemische Fichtennadeln –, aber so richtig sauber sah hier nichts aus; es schien eher so, als hätte jemand das Zeugs als Raumspray versprüht.
    Die Unvertrautheit dieses Ortes erregte mich, ebenso wie die Aussicht, gleich Ilya wiederzusehen. Und als wir endlich vor der Tür Nummer neun standen, kribbelte alles in mir vor Aufregung und Geilheit.
    «Ich bin’s, Beth», rief ich, während ich anklopfte.
    «Ja, ist gut», hörte ich Ilyas unbewegte Stimme. «Komm rein.»
    Ihn zu hören versetzte meine Gefühle in Aufruhr, aber ich hatte mir fest vorgenommen, mein Spiel ganz cool durchzuziehen.
    Ich öffnete die Tür und trat in den Raum, dann erstarrte ich. Mein Herz blieb fast stehen. Vor meinen Augen drehte sich alles.
    «Verdammte Scheiße», keuchte ich, als meine jäh gebremsten Herzschläge wieder losstolperten.
    «Ach du liebe Scheiße», hörte ich Luke leise an meiner Schulter sagen. Dann fügte er hinzu: «Du Miststück.»
    Ich griff hinter mich, um sein Handgelenk zu packen, da ich Angst hatte, ich würde einfach türmen. Es war die einzige Bewegung, die ich zustande brachte. Versteinert und ungläubig sah ich mich in dem verrauchten Zimmer um, als es vor meinen Augen wieder etwas klarer wurde.
    Die Wände waren mit billiger Regency-Streifen-Tapete beklebt, und ich fühlte mich, als stände ich am Eingang zu einem Käfig – einem Käfig voller wilder Tiere. Insgesamt sah ich sechs Männer, aber auf dem kleinen Raum wirkte es, als seien es mehr als zwanzig. Und auch ohne großes Nachdenken war sofort klar, dass es sich dabei um nicht sehr appetitliche Typen handelte.
    Sie saßen über den ganzen Raum verteilt, tranken und rauchten, drei saßen auf hölzernen Lehnsesseln um einen niedrigen runden Tisch, auf dem Spielkarten verstreut lagen, einer saß mit gemütlich breit gespreizten Beinen auf dem Bett, an das Kopfende aus Teakholz gelehnt, das zur Wand zeigte; ein anderer, stiernackig und vierschrötig wie ein Nachtclub-Türsteher, hockte unpassenderweise auf einer weiß-goldenen Frisierkommode, und dann war da noch Ilya, der neben den bodenlangen Vorhängen des großen Panoramafensters lehnte, mit verschränkten Armen, das Gesicht versteinert und finster.
    Meine Haut wurde plötzlich heiß, dann brach mir prickelnd der Schweiß aus.
    Alle Blicke waren auf uns gerichtet. Ganz offensichtlich waren wir erwartet worden – oder vielmehr ich. Diesmal hatte Ilya sich wirklich selbst übertroffen.
    Nervös sah ich wieder hinüber zum Bett. Der Kerl, der sich dort hingefläzt hatte, hielt den größten, schwärzesten Dildo in der Hand, den ich jemals gesehen hatte. Bestimmt war das ein Scherzartikel-Sexspielzeug. Er warf das Ding immer wieder von einer Hand in die andere. Er erwiderte meinen Blick, ein fieses Grinsen auf seinem grausamen, kantigen Gesicht, dann zeigte er mit dem Dildo auf Luke.
    «Wer ist denn dieser hübsche Kerl?», fragte er.
    Dafür hätte ich ihm am liebsten voll in die Eier getreten, aber wahrscheinlich hätten meine Beine mich nicht so weit getragen.
    Ich schluckte, um meinen trockenen Hals zu befeuchten, und wandte mich an Ilya.
    «Was geht hier ab?», fragte ich heiser.
    Ilya kam auf mich zu, und trotz meiner Angst ließ mich der Anblick seiner dunklen, rauen Schönheit dahinschmelzen – mein Herz und mein Geschlecht. Wir waren viel zu lange voneinander getrennt gewesen.
    «Schick ihn weg, Beth», bat er sanft.
    Ich schüttelte den Kopf, festigte meinen Griff um Lukes Handgelenk, als der versuchte, es wegzuziehen.
    «Was geht hier ab?», wiederholte ich.
    Ilya stand ganz dicht vor mir. Ich konnte ihn riechen; ich konnte die Wärme seines Körpers spüren. Ich konnte noch einen schwachen gelben Schatten auf seinem Jochbein ausmachen, letztes Zeugnis seiner Verletzungen.
    Er sah auf mich herab, und seine Augen schauten mich bittend an.
    «Ich brauche dich», sagte er mit einem gequälten Flüstern. «Bitte, Beth. Hilf mir.»
    Seine Fingerspitzen streiften flüchtig die meinen.
    «Es tut mir so leid», murmelte

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