Gier nach Blut
Leibwächter einen raschen Blick zu. »Du glaubst also, daß sie es schafft?«
»Ja. Sie ist stark. Sie ist stärker als ein Mensch.« Er schauderte zusammen. »Ich möchte nicht ihr Feind sein, und ich habe schon verdammt viel erlebt, Chef.«
»Das weiß ich.«
»Wenn ich daran denke, daß ich sie mit meinen Waffen nicht umbringen kann, wird mir ganz anders.« Er schaute dabei auf seinen gut gepflegten Revolver, den er sicherheitshalber auf seine Oberschenkel gelegt hatte, um schneller handeln zu können.
»Da müssen die Kugeln schon aus geweihtem Silber sein.«
Perez nickte. »Haben Sie keine Furcht, Jefe?«
»Vor ihr?«
»Ja.«
»Warum?«
Perez hob die Schultern. »Ich kann mir vorstellen, daß sie auch irgendwann unser Blut haben wollen. Beide sind gierig, unersättlich, und sie haben…«
Das scharfe Lachen des Jorge Ruiz unterbrach ihn. »Ich weiß nicht, was du willst, mein Freund. Wir werden dafür sorgen, daß sie immer genügend Nachschub bekommen. Jeder neue Vampir ist ein Stein in unserem Plan. Nein, nein, da brauchst du keine Furcht zu haben. Sie gehören zu uns, wie wir zu ihnen gehören, obwohl sich das seltsam anhört, aber irgendwo stimmt es auch.«
»Ich hoffe.«
Sie warteten weiter, und beide wurden nervös. Immer wieder schauten sie auf die Uhren und auch zum Eingang des Hauses hin, wo Anita Marquez auftauchen mußte.
Sie kam nicht.
Hin und wieder schaltete jemand das Flurlicht ein. Leider war es nicht die Person, auf die beide Männer warteten. Sie merkten auch, daß Sarah Helen Roberts hinten auf der Ladefläche nicht mehr die Ruhe zeigte wie zuvor.
Sie ging auf und ab. Ihre Bewegungen übertrugen sich auch auf den Wagen, der leicht vibrierte. Perez drehte den Kopf, ohne daß er etwas sehen konnte. »Das gefällt mir nicht. Unsere Freundin dahinten wird etwas unruhig. Ich möchte mein Blut behalten.«
»Wir warten noch.«
»Das müssen wir auch, Jefe!«
Ruiz war ebenfalls nervös geworden. Er wischte seine Hände an den Hosenbeinen ab. Allmählich fragte er sich, ob ihm die Sache nicht über den Kopf wachsen konnte. Das wäre natürlich nicht im Sinne des Erfinders gewesen, denn er wollte die Macht.
Perez stieß ihn an.
»Chef, da! An der Haustür!«
Die Worte rissen Jorge Ruiz aus seinen Gedanken. Plötzlich war er wieder voll da.
Leider standen die beiden Personen nicht im Licht. Trotzdem war zu erkennen, daß ein Mann und eine Frau das Haus verlassen hatten, und darüber wunderte sich Ruiz. »Anita Marquez war nicht in Begleitung, Perez. Du hast dich geirrt.«
»Nein, Jefe, sie ist es!« Der Leibwächter kurbelte die Scheibe nach unten, damit auch sein Chef einen freien Blick hatte und nicht durch schmutziges Glas gestört wurde.
Ruiz sah hin. »Verdammt, du hast recht.«
»Sag ich doch. Noch eines, Jefe. Der Mann hinter ihr gefällt mir gar nicht.« Perez hob seinen Revolver an. »Es sieht so aus, als würde er Anita bedrohen.«
»Eine Untote?«
»Ja.« Perez nickte. »Verdammt, es stimmt, er bedroht sie auch.«
»Dann schieß ihn ab!«
Genau darauf hatte Perez nur gewartet…
***
Die Schüsse peitschten auf, und sie zerrissen brutal die Stille. Ich sah das Mündungsfeuer in Höhe der Scheibe, da aber lag ich bereits am Boden und rollte mich so gut wie möglich aus der Schußlinie weg, der Hausmauer entgegen, wo es noch dunkler war und auch einige Mülltonnen standen.
Ich prallte gegen die Mauer und robbte noch ein Stück vor.
Der Kerl aus dem Wagen feuerte noch immer. Seine Kugeln lagen zu kurz. Hinter mir schlugen sie ein, und wenn sie Steine trafen, dann jaulten die Kugeln als Querschläger davon. Ich zog die Beine an, eine Feuerpause gab mir für einen Moment Atem, und ich zog meine Beretta.
Dann hörte ich, wie der Motor des Lieferwagens angelassen wurde.
Gleichzeitig zerschnitten die hellen Lichtbalken zweier Scheinwerfer das düstere Grau der Dunkelheit.
Anita Marquez hatte nicht gestoppt, als die Schüsse gefallen waren. Sie war einfach weiter auf den Wagen zugelaufen, allerdings in einem schrägen Winkel, und wurde nun von den Lichtbalken erfaßt.
Für einen Moment blieb sie stehen.
Sie kam mir irritiert vor.
Ich hatte mich niedergekauert und meine Waffe angehoben. Ich hätte ihr in den Rücken schießen können, aber da waren der Lieferwagen, der startete und gleichzeitig einen Sprung nach vorne machte. Dem Fahrer war es egal, er nahm auf Anita keine Rücksicht und fuhr auf sie zu.
Auch als Untote nahm sie die Gefahr wahr. In einer hilflos
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