Gier nach Blut
tat im ersten Augenblick nichts, stand aber so günstig, daß das Licht der Lampe sie umfloß. So konnte ich ihr sehr bleiches und an den Wangen eingefallenes Gesicht erkennen.
Furcht!
Angst vor dem Kreuz, nicht vor mir, aber diese Blutsaugerin merkte auch, daß es ein besonderes und nicht nur irgendein Kreuz war, das ich ihr entgegenhielt.
Ich war blitzschnell an der Tür und schloß sie ab. Dann sprach ich Elvira an. »Kümmern Sie sich um Ihre Großmutter. Alles andere überlassen Sie mir!«
»Aber was…?«
»Bitte!«
Sie gab meinem Drängen nach und stieß sich von der Wand ab. Dann schlug sie einen Bogen, als hätte sie Furcht davor, in meine Nähe zu gelangen.
Mir war es egal, ich interessierte mich sowieso nur für die Blutsaugerin.
Daß der erste Versuch, an Blut heranzukommen, so enden würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie dachte auch nicht daran, mich anzugreifen, weil sie immer damit rechnen mußte, gegen mein Kreuz zu springen, das ich ausgestreckt in der Hand hielt.
Ich erreichte den Tisch. Er war nicht groß und auch nicht schwer. Mit einer lässigen Bewegung schob ich ihn zur Seite, damit der Weg endgültig frei war.
Anita Marquez wich zurück.
Sie suchte dabei nach einem Ausweg, denn ihre Augen bewegten sich.
Die Pupillen schienen zu rollen, sich aus der Masse herausbewegen zu wollen, aber sie mußte einsehen, daß die Macht und die Ausstrahlungskraft meines Kreuzes stärker war.
Wenn ich vorging, bewegte sie sich zurück.
Weit würde sie nicht mehr kommen, denn hinter ihr stand die Küchenzeile an der Wand.
»Ich bin stärker«, flüsterte ich. Dann tat ich wieder einen schnellen und großen Schritt nach vorn.
Anita hatte ihn mitbekommen. Sie wußte auch, was sie zu tun hatte, und sie ging ebenso rasch zurück.
Mit der Hüfte und dem Rücken stieß sie vor den Handlauf des alten Ofens. Aus ihrem Mund drang ein wütender Schrei. Sie schüttelte den Kopf, klammerte sich am Handlauf fest, als wollte sie ihn abreißen, was selbst bei ihren Kräften nicht möglich war.
Ich ließ die Untote gewähren. Ihr Gesicht war nur mehr eine Fratze, während sie nach weiteren Waffen suchte, die sie gegen mich einsetzen konnte.
Ihre Hand klatschte einige Male auf die Spüle, wanderte weiter zur Arbeitsplatte hin, näherte sich dem runden Rand, unter dem sich die Umrisse zweier Schubladen abzeichneten.
Anita riß eine Lade auf.
Während der Bewegung hörte ich das Klirren der Bestecke, und mir war klar, was sie wollte. Dieses Wesen kannte sich hier in der Küche aus.
Anita wußte, wo die Messer lagen. Das Küchenmesser mit der breiten Klinge fand sie sofort. Dabei lachte sie, hielt es für einen Moment hoch, dann stieß sie zu.
Ich war zum Glück zu weit entfernt, als daß sie hätte treffen können. Sie sah es als Erfolg an und bewegte sich auf mich zu, ohne Rücksicht auf das Kreuz zu nehmen.
»Bleib stehen!«
Anita Marquez schüttelte den Kopf. Der nächste Stoß. Ich wich aus.
Natürlich hätte ich längst mit dem Kreuz zuschlagen können, aber ich wollte sie noch normal haben. Als ihr Arm wieder nach vorn stieß, da hatte ich bereits einen Stuhl gepackt und ihn an der Lehne in die Höhe gerissen. Von der Seite her wischte das Messer auf mich zu. Im Hintergrund schrie eine der beiden Frauen auf, aber mir drohte keine Gefahr. Im richtigen Moment wuchtete ich der Untoten den Stuhl entgegen. Die Klinge kollidierte mit dem Holz. Sie erwischte die untere Seite der Sitzfläche und stach auch hinein.
Sie hätte das Messer leicht aus der Stuhlfläche wieder hervorzerren können, das aber ließ ich nicht zu. Hart rammte ich den Stuhl nach vorn und ihr damit entgegen.
Die Blutfrau verlor das Gleichgewicht. Sie konnte sich auch nicht fangen, und mit dem Stuhl klemmte ich sie an der Küchenzeile fest. Ich drehte ihn noch, riß ihn dann hoch, und ein Stuhlbein erwischte die Untote direkt unter dem Kinn.
Der Kopf flog in die Höhe. Ich hörte etwas am Kinn knacken, kümmerte mich nicht darum, denn ich trat das Messer weg, das ihr aus der Hand gerutscht war.
Jetzt war sie waffenlos.
Ich aber nicht.
Und ich war mit einem langen Schritt so dicht vor ihr, daß sie nicht anders konnte, als in ihrer Haltung zu erstarren, denn sie starrte das Kreuz direkt an, und genau dieser Anblick lähmte sie. Wie eine Eissäule blieb sie vor mir stehen.
Ich hörte sie nicht atmen, sie keuchte nur. Hinter mir hielt Ricca ihre Enkelin zurück, die ebenfalls zu mir kommen wollte. »Nein, laß es!« hörte ich
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