Gier nach Blut
wie auf dem Sprung, weil ich damit rechnete, daß sich die Helfer der Blutfrau auch im Flur versammelt hatten. Das traf nicht zu.
Ein erster Blick in das Treppenhaus zeigte mir, daß es leer war. Niemand trieb sich dort herum. Ich war für den Anfang zufrieden. Bevor ich endgültig ging, schaute ich kurz zurück.
Ricca nickte mir zu. Sie lächelte sogar.
Elvira hatte den Kopf gesenkt und die Stirn gegen die Schulter ihrer Großmutter gedrückt. Die junge Frau war längst nicht so innerlich stark wie die alte. Sie stand sicherlich kurz vor einem Zusammenbruch. Lieber das, als später ebenfalls auf Blutsuche zu gehen.
Am Beginn der Treppe war Anita stehengeblieben. Eine Hand lag auf dem Geländer.
»Geh weiter!«
Und sie ging. Diesmal sogar schneller als zuvor. Jede Stufe, die sie hinter sich ließ, schien ihr einen neuen Kraftstoß zu geben, was ich natürlich mit Argusaugen beobachtete. Aus Erfahrung war mir bekannt, daß diese Wesen so leicht nicht aufgaben.
Es gab leider nur den Weg über die Treppe. Ich mußte auch damit rechnen, daß irgendwelche Türen aufgerissen wurden und Bewohner erschienen, deren Auftauchen der Untoten gerade rechtkam, denn sie würde sie sofort als Geisel benutzen.
Das Pech hatte ich nicht.
In diesem Fall hatte sich das Schicksal für mich entschieden und gegen das schwarzmagische Wesen. Wir ließen die verschiedenen Treppenabsätze hinter uns und erreichten auch den Hausflur. Auf dem direkten Weg ging es zum Ausgang.
»Wir werden gleich hinausgehen«, sagte ich leise. »Ich hoffe, du weißt noch, wohin du mich zu führen hast. Wo hält sich Sarah Helen Roberts auf?«
»Am Haus.«
»Wo genau?«
»Hinterhof.«
»Dann gehen wir dorthin.«
Anita Marquez ging einen großen Schritt nach vorn, das Echo hallte durch den Flur, dann hatte sie die Haustür erreicht und wollte sie aufreißen.
Dagegen hatte ich etwas. »Nicht so hastig – vorsichtig.«
Sie lachte meckernd, kam meinem Befehl auch nach und zog die Tür nahezu behutsam auf.
Kühle Luft traf mein Gesicht. Sie verdrängte auch den Geruch des Hauses aus meiner Nase. Es war die normale Tür, zu der wir gegangen waren, und vor mir lag der Hinterhof, in dem dieses Haus damals gebaut worden war.
Bei meiner Ankuft war es noch hell gewesen. Da hatte ich mich gut umschauen können. Das sah nun anders aus. Die Dunkelheit hatte ihre Vorboten geschickt, und die lagen wie ein dunkelgraues Tuch über dem Hof, schlimmer als Zwielicht.
Die Fassaden der Rückseiten tauchten in dieses Dämmern ein, als wären sie davon verschluckt worden. Ich suchte nach einem Versteck für die alte Vampirin, sah sie selbst nicht. Dabei konnte sie sich sogar in einer Mülltonne verborgen haben.
Wieder stieß ich Anita in den Rücken. »Geh vor und genau dorthin, wo ich Sarah Helen Roberts finden kann.«
Sie sträubte sich nicht. Setzte zuerst den rechten Fuß vor, dann den linken. Schritt für Schritt durchquerte sie den dunklen Hof. Das aus den Fenstern fallende Licht wehte hoch über unseren Köpfen wie ein feiner Schleier.
Ich versuchte immer wieder, das Bild in meine Erinnerung zu rufen, das ich bei meiner Ankuft gesehen hatte. Irgend etwas hatte sich schon auf diesem Hinterhof verändert, das sagte mir mein Gefühl. Dafür hatte ich irgendwie auch Antennen.
Aber was war es gewesen?
Mein Blick glitt über die rechte Schulter der Untoten hinweg und auf die Mitte des Hinterhofes zu. Dort stand ein kantiger Gegenstand, der an der Vorderseite leicht schimmerte.
Die Gläser zweier Scheinwerfer.
Ein Auto.
Ein Lieferwagen mit abgedeckter Ladefläche.
Idealer konnte es für meine Lage nicht sein. Und ich sah plötzlich an der Beifahrertür eine Bewegung. Da wurde die Scheibe heruntergekurbelt, auch hier schimmerte das Glas.
Eine Warnung im letzten Moment.
Denn plötzlich peitschten die Schüsse!
***
Sarah Helen Roberts war satt!
Sie hockte im Laderaum des kleinen Transporters, und die beiden Männer vorn im Fahrerhaus brauchten sich um sie nicht zu kümmern.
Sie saßen da und warteten auf Anita Marquez, die es sich nicht hatte nehmen lassen, ihre Familie zu besuchen. Sie war dabei auch von der alten Vampirin nicht aufgehalten worden.
»Es gefällt mir nicht«, sagte Ruiz. Er bewegte unruhig seine Hände, als wäre er dabei, jemanden zu erwürgen.
»Was gefällt Ihnen nicht, Jefe?«
»Daß sie so lange wegbleibt.«
Perez lachte. »Sie wird eben was zu tun haben. Da sind zwei Frauen, die sie leersaugen muß.«
Ruiz warf seinem
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