Gier
selbstverständlich.
Er schaute auf und nickte ihr kurz zu. Sie nahm es als sicheres Zeichen dafür, dass sie bis in alle Zukunft zusammengehörten.
Angelos Sifakis unterhielt sich mit Corine Bouhaddi, während Kowalewski irgendwie das Gefühl hatte, nach Hause zu kommen. Er lächelte. Lächelte richtig breit. Es kam ihm so vor, als sei es seit Langem das erste Mal.
Die Ereignisse in New York hatten ihn stärker mitgenommen, als er sich selbst eingestehen wollte. Und zwar eher mental als in physischer Hinsicht. Natürlich war es unangenehm, nicht zu hundert Prozent durchatmen zu können, aber viel schlimmer war es, wenn man ständig mitten in der Nacht aufschreckte und sich erneut mit Leichen herumschlug, um deren Hals Stacheldraht gespannt war.
Felipe Navarro ging auf das Katheder mit dem Computer zu. Er tippte etwas auf der Tastatur ein, woraufhin der groÃe Flachbildschirm von der Decke heruntergelassen wurde. Ein paar weitere Tastenkombinationen sorgten dafür, dass die digitale Wand, die drauÃen in der Bürolandschaft stand, exakt darauf abgebildet wurde. Auf ihr befanden sich einige neue Elemente. Ein kleines Kreuz seitlich von Minotaurus. Und nicht zuletzt zwei Kreuze neben den Fotos von Lavinia Potorac und Fabio Tebaldi. Navarro hatte nicht gewollt, dass sie dort angebracht wurden, es war ihm zu makaber, doch Paul Hjelm hatte darauf bestanden.
Jorge Chavez saà etwas abseits und betrachtete das Kreuz neben dem Foto von Minotaurus. Er musste kurz an seinen Anzug denken. Aber im Grunde waren seine Gedanken nicht einmal bei Potorac und Tebaldi. Im Augenblick dachte er hauptsächlich daran, dass Sara bald herkommen würde. Gewiss, um ihn abzulösen, aber sie würden zumindest ein paar Tage zusammen verbringen. Danach würde er zu seinen Kindern zurückfahren, die er immer stärker vermisste. Isabel und Miguel.
Der krasse Gegensatz zu diesem Scheià hier.
In dem Moment betrat Paul Hjelm den Saal. Er drehte den Kopf und warf einen Blick auf die Abbildung des elektronischen Whiteboards. Dann fragte er: »Wovon handelte dieser Fall eigentlich?«
Die Mitglieder der Opcop-Gruppe sahen einander an. Normalerweise fiel es nur sehr wenigen von ihnen schwer, aus sich herauszugehen und zu sagen, was sie dachten. Doch im Moment wollte sich keiner so recht äuÃern. Im Versammlungsraum blieb es still.
Bis Arto Söderstedts Körper von einem Schauder erfasst wurde, der sich Zentimeter um Zentimeter von den Zehenspitzen bis hinauf in das Innerste seines Kleinhirns vorarbeitete und eine schneidende Kälte in ihm verbreitete. Es war ein eisiger Februarwind, ein harscher Wind des Verrats, der von dem verlassenen Tal her blies. Er sagte: »Von der Zukunft.«
In dem Augenblick schwor er einen ehrfurchtsvollen Eid und gab ein heiliges Versprechen ab.
Paul Hjelm nickte bedächtig. Dann sagte er: »Vielleicht. Sowohl von unserer eigenen als auch von der Zukunft unseres Planeten. Für die Opcop-Gruppe hingegen sieht es unerwartet gut aus. Offiziell gibt es keine Kritik wegen der Geschehnisse in Italien, aber ihr wisst ja, wie ich persönlich über die Sache denke. Ich hätte sie nicht fahren lassen dürfen.«
»Und wie hättest du sie aufhalten wollen?«, fragte Angelos Sifakis. »Tebaldi wäre auf jeden Fall gefahren, auch wenn du ihm Handschellen verpasst hättest.«
»Und Potorac wäre mitgekommen«, ergänzte Corine Bouhaddi, »auch wenn du sie des Landes verwiesen hättest.«
»Das Wichtigste ist doch, dass wir hinter dir stehen«, sagte Jutta Beyer. »Keiner von uns ist der Meinung, dass du eine falsche Entscheidung getroffen hast.«
Hjelm konnte ein kurzes Lächeln nicht unterdrücken. Dann sagte er: »Hingegen standen wir, wie ihr wisst, nach den Vorfällen in Berlin ziemlich dumm da â es war nicht so einfach, die Aktion in der Kanalbank zu erklären, ohne die europäische Zusammenarbeit zu erwähnen â, aber schlieÃlich hat sich ja doch alles geklärt. Der Chef des Büros in Berlin Dieter Hamann ...«
»Ich wusste gar nicht, dass er der Chef war«, rief Chavez aus.
»So ist es. Nach dem Schuss in die Brust ist er auf dem Weg der Besserung. Es ist ihm auch gelungen, die Verantwortung auf das Bundeskriminalamt abzuwälzen, dem er und Lara Drescher seit Eintritt in ihr Berufsleben angehören. Deshalb haben sie auch offiziell das Lob für den Zugriff
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