GIERIGE BESTIE
Arbeitgebers oder der Tätigkeit selbst nicht mehr zufrieden und er dazu in der Lage war, verließ er den Arbeitsplatz. Das ist in der heutigen Zeit nicht mehr so leicht möglich. Nun tritt offensichtlich ein eigenartiges psychologisches Phänomen ein. Jemand, der in einer außergewöhnlichen Belastungssituation steht, unzufrieden und unglücklich ist, fühlt sich scheinbar besser, wenn er jemanden sieht, der noch unglücklicher und noch unzufriedener ist – das ist eine der möglichen Erklärungen, warum wir es in letzter Zeit immer öfter mit außergewöhnlichen und teilweise hochkomplexen destruktiven Verhaltensweisen am Arbeitsplatz zu tun haben. Aber es wacht niemand in der Früh auf und denkt sich: heute sei ein schlechter Tag, er werde Zugriff auf unterschiedliche hochsensible Datenbanken nehmen, sich unrechtmäßig mit Informationen versorgen, und am Abend legt er sich ins Bett und denkt sich: es war ein schlechter Tag, er werde es nie mehr wieder tun. Nein, so passiert das nicht. Das ist eine langsame und schleichende Entwicklung. Wann dieser schleichende Prozess bei einem Ihrer Mitarbeiter beginnt, können Sie kaum bis überhaupt nicht feststellen. Aber dass er irgendwann begonnen hat, das können Sie sehr wohl feststellen. Wir glauben alle, dass wir die gleiche Sprache sprechen, das heißt aber noch lange nicht, dass wir auch miteinander kommunizieren können.“
„Was meinen Sie damit, dass wir alle die gleiche Sprache sprechen, aber trotzdem nicht miteinander kommunizieren können?“ Er blickte mich erstaunt, aber neugierig an.
„Ich meine damit, dass wir auf unterschiedlichen Ebenen kommunizieren. Wir können zwar die gleiche Sprache sprechen und uns austauschen, das ist aber nur eine Ebene. Die zweite ist eine Art nonverbale Kommunikation. Dass wir den anderen verstehen, würde bedeuten, dass wir auch die Symbolik, seine Handlungen, seine Entscheidungen und das, was er damit zum Ausdruck bringen will, verstehen. Das ist jedoch kaum möglich, weil jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Das, was Sie hier erlebt haben, ist das Worst-Case-Szenario für Ihre Institution. Jemand dringt als Mitarbeiter Ihrer Firma in fremde Systeme ein, nimmt unrechtmäßig Informationen und Daten an sich und droht damit, sie zu veröffentlichen. Aber ich bin mir sicher, das war nicht das Erste, was Ihr Mitarbeiter getan hat, um aufzuzeigen, dass er mit irgendetwas nicht einverstanden ist. Bei der retrograden Aufarbeitung ähnlich gelagerter Fälle konnten wir feststellen, dass die meisten jener Menschen, die irgendwann einmal hochkomplexe und destruktive Handlungen am Arbeitsplatz setzten, ihre Arbeitszeiten verändern. Es gibt Firmen und Institutionen, die im Rahmen einer Blockzeitregelung ihren Mitarbeitern freistellen, wann sie etwa zwischen 6 Uhr in der Früh und 20 Uhr am Abend ihre acht oder neun Stunden abarbeiten. Je nach Jahreszeit, inhaltlicher Tätigkeit und Familienstand werden die meisten Mitarbeiter etwa zwischen 8 und 17 Uhr am wahrscheinlichsten ihrer Arbeit nachgehen. Es wird jene geben, die lieber zeitig in der Früh beginnen und jene, die lieber länger schlafen und etwas später ins Büro kommen. Aber im Vergleich zu allen anderen werden sich die meisten zum gleichen Zeitpunkt am Arbeitsplatz einfinden. Zunächst, erstaunlicherweise, beginnen Menschen, die sich am Arbeitsplatz nicht mehr wohl fühlen, ihre eigene Arbeitszeit in die Randzeiten des Arbeitszeitblockes zu verschieben. Sie kommen um 6 Uhr in der Früh und gehen um 10 Uhr. Kommen dann wieder um 17 Uhr und arbeiten bis 20 Uhr. Mag sein, dass der Vorgesetzte mit dem Verhalten einverstanden ist, denn die Arbeit ist erledigt, die Telefonate sind geführt, die Berichte geschrieben und die Abrechnung durchgeführt. Nachdem die inhaltlichen Aspekte stimmen, wird der Vorgesetzte dieses Verhalten nicht weiter hinterfragen. Das ist aber nur eine Sicht der Dinge. Eine andere Interpretationsmöglichkeit ist schlichtweg die, dass der Mitarbeiter mit dem Rest der Belegschaft nicht mehr kommunizieren möchte und daher zu einer Zeit arbeitet, wo die meisten nicht mehr da sind.“
Betretenes Schweigen.
„Der Umstand, dass Ello Dox sich Daten, die nicht für ihn geeignet oder bestimmt waren, angeeignet hatte, mag strafrechtlich relevant, ökonomisch eine Katastrophe sein. Psychologisch gesehen ist diese Handlung nichts anderes als der Ausdruck eines bestimmten Bedürfnisses. Um also Ihre Frage, Herr
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