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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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wirklich überzeugt, fliehen zu können? ›Fahren wir?‹, hatte Hella Singer ihren Mann gerade erst gefragt. Und wohin überhaupt? Zugegebenermaßen hatte Eduard Singer mit einem recht: Sie vergifteten ihre Opfer – das rohe Erschlagen gehörte nicht zu ihren Methoden. Bis jetzt. Wer weiß?
Eduard Singer stand immer noch oben im Kabuff, seine Frau versperrte ihm den Weg auf der obersten Stufe.
»Ich steige nicht da rein!«, schrie Walter, um sich Mut zu machen. Blitzartig drehte er sich zur Seite und rannte davon, so schnell wie noch nie in seinem Leben.

Die Telefonverbindung war schlecht. Außerdem war Walter aufgeregt und noch außer Atem, als er seinen Bericht begann. Dann sagte er, schon etwas ruhiger geworden: »Ich habe hinter mir nur ein Motorrad starten gehört, und als ich aus dem Wald raus war, sah ich die Singers in einiger Entfernung davonfahren. Ich bin nach Breitenfeld zurück, so schnell das mit einem Fahrrad auf einem Sandweg eben geht, und hatte Glück: Manfred Lange hat in seinem Büro auf mich gewartet. Auf jeden Fall – weit können die beiden noch nicht sein!«
Judith konnte es kaum fassen. »Eduard Singer lebt also und ist jetzt mit seiner Frau auf der Flucht?!«
»Ja, genau das habe ich dir eben erzählt.« Walter konnte ihre Überraschung gut verstehen.
»Und dir geht es gut?« Schlagartig war Judith die Gefahr, in der Walter vor einigen Minuten noch steckte, bewusst geworden. Der untergetauchte Singer war, und da bestanden für Judith keinerlei Zweifel, für die Morde an Otto Holl und Arnold Pfeiffer verantwortlich. Bestimmt auch für den Mord am Besitzer des Händepaares, wer immer das auch war. Was hatte diesen Mann abgehalten, auch Walter noch umzubringen? Die Anwesenheit seiner Frau Hella? Die musste ihm zweifelsohne bei allem geholfen haben!
Judith spürte, wie sich ihr Herzschlag nach einem schrecklichen Moment der Angst wieder normalisierte. »Du bist also bei Lange im Büro?«, vergewisserte sie sich nochmals. Sie sah den Breitenfelder Ortspolizisten im Geiste vor sich stehen. Ein zuverlässiger Mann.
»Es ist alles in Ordnung, glaube mir. Der Singer wollte mir überhaupt nichts antun, nur kurz einsperren wollte er mich. Sie bräuchten einen kleinen Vorsprung.« Walter, der Judiths Bangen spürte, versuchte, sie mit einer harmlosen Variante der Geschichte weiter zu beruhigen. Dann schlug er vor: »Am besten, wir sehen uns sofort bei den Singers zu Hause um. Vielleicht finden wir einen Hinweis auf das Ziel ihrer Flucht. Ich warte dort auf euch. Den Manfred Lange werde ich kurz über alles informieren. Dann schicke ich ihn zu den Bienenwagen raus. Soll er dort alles im Auge behalten.«
»Gute Idee«, stimmte Judith ihm zu. »Bis gleich ... Und pass bloß auf dich auf!«

Kaum dass Judith Brunner den Hörer aufgelegt hatte, lief sie aus ihrem Büro und rief Lisa zu: »Kommen Sie, rasch!«, und stürmte weiter zu Dr. Grede. Der sah überrascht auf und staunte ebenfalls nicht schlecht, als ihm seine Chefin entgegenschmetterte: »Eduard Singer lebt!«
»Wie bitte?«
»Wirklich! Walter Dreyer hat ihn und seine Frau vor Kurzem im Wald bei Breitenfeld entdeckt. Singer hatte sich in einem Bienenwagen versteckt gehalten.«
»Wieso kann der noch leben? Seine Hände sind ihm doch post mortem entfernt worden. Was hat das zu bedeuten?« Dr. Grede konnte es immer noch nicht fassen.
»Unser Mordopfer ist gar nicht tot?« Auch Lisa brauchte eine zweite Bestätigung.
Mehr Zeit für ihre Verblüffung hatten sie jedoch nicht, denn Judith Brunner verteilte die Aufträge: »Lisa, Sie lösen bitte umgehend die Fahndung nach den beiden aus. Sie sind auf einem Motorrad unterwegs. Der Vorsprung dürfte höchstens eine halbe Stunde betragen. Und Sie, Dr. Grede, sammeln bitte Thomas Ritter und sämtliche seiner verfügbaren Leute ein. Sie müssen umgehend nach Breitenfeld fahren und das Haus und den Unterschlupf der Singers untersuchen. Das könnten zwei mögliche Tatorte sein. Ich fahre schon vor. Solange es noch hell ist, will ich mir mal das Versteck im Wald ansehen.«

    ~ 55 ~
     
    Judith Brunner fuhr, um einiges schneller als die Polizei erlaubte, über die Dörfer. Nicht nur, weil sie sich bei Tageslicht mehr Hinweise auf ein Fluchtziel Eduard Singers erhoffte, sondern auch, weil sie wusste, dass die beiden Flüchtigen bei Nacht in der waldreichen Gegend unmöglich zu finden sein würden. Jetzt zählte jede Minute, zumal sie nicht voraussehen konnte, was die Singers noch vorhatten.
Unwillkürlich

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