Gilbert, Elizabeth
es für sie alle doch eine weit billigere und schönere Art, zur Feier dieses
Tages beizutragen, wenn sie in meinem Namen eine Spende machten, um einer
Balinesin namens Wayan Nuriyasih zu helfen, die ein Haus für sich und ihre
Kinder kaufen wolle.
Und dann erzählte ich ihnen die ganze Geschichte von
Wayan, Tutti und den Waisenmädchen. Den Spendern versprach ich, ihre
großzügige Geldgabe jeweils um dieselbe Summe aus meinen eigenen Ersparnissen
aufzustocken. Und selbstverständlich sei ich mir bewusst, dass es überall auf
dieser Welt unsägliches Leid gebe und Krieg und so weiter. Aber diese vier
Menschen auf Bali seien zu meiner Familie geworden, und für seine Familie
müsse man nun mal sorgen. Als ich zum Ende meiner Rundmail kam, fiel mir etwas
ein, was mir meine Freundin Susan gesagt hatte, ehe ich vor neun Monaten zu
dieser Reise aufgebrochen war. Sie hatte befürchtet, ich würde nie wieder nach
New York zurückkehren. »Ich kenne dich, Liz«, hatte sie gesagt, »du wirst
jemanden kennen lernen, dich verlieben und am Ende auf Bali ein Haus kaufen.«
Ein regelrechter Nostradamus, diese Susan.
Als ich am nächsten Morgen meine Mails checkte, waren bereits
siebenhundert Dollar zugesagt worden. Am Tag danach überstiegen die Spenden
bereits den Betrag, den ich durch meine eigene Spende überhaupt verdoppeln
konnte.
Ich werde hier nicht versuchen zu erklären, was man fühlt,
wenn man Tag für Tag Mails aus der ganzen Welt öffnet, in denen es heißt: »Zähl
auf mich!« Alle spendeten. Menschen, von denen ich wusste, dass sie pleite
waren oder Schulden hatten, gaben, so viel sie konnten - ohne zu zögern. Eine
der ersten Reaktionen, die ich erhielt, stammte von einer Freundin der
Freundin meines Friseurs, der man die E-Mail weitergeleitet hatte und die
fünfzehn Dollar spenden wollte. Mein neunmalkluger Freund John musste natürlich
eine seiner typischen sarkastischen Bemerkungen darüber loswerden, wie lang,
töricht und emotional mein Brief doch gewesen sei, spendete aber trotzdem. Der
neue Freund meiner Freundin Annie (ein Wall-Street-Banker, den ich noch nicht
kannte) bot an, die endgültige Spendensumme noch einmal zu verdoppeln. Die
Schnelligkeit, mit der mein Aufruf um die Welt eilte, und die Tatsache, dass
ich von wildfremden Menschen Spendenzusagen erhielt, machte mich sprachlos. Es
war ein veritabler Geldregen, ein globaler Akt der Großzügigkeit.
Schließen wir die Episode ab, indem wir konstatieren:
Binnen sieben Tagen hatten meine Freunde, meine Familie und ein Haufen Fremder
aus der ganzen Welt achtzehntausend Dollar aufgebracht, um ein Haus für Wayan
Nuriyasih zu kaufen. Aber eigentlich hatte dieses Wunder Tutti vollbracht -
durch die Kraft ihrer Gebete, die die kleine blaue Fliese erweichten, so dass
sie wie durch Zauberei zu einem wirklichen Haus heranwuchs, in dem sie, ihre
Mutter und zwei Waisenkinder für immer ein Heim fänden.
Und noch etwas: Die ins Auge springende Tatsache, dass das
Wort tutti im Italienischen »alle« heißt,
bemerkte mein Freund Bob und nicht ich - und es ist mir peinlich, es zugeben
zu müssen. Warum war mir das nicht schon früher aufgefallen? Nach all den
Monaten in Rom! Ich sah einfach keine Verbindung. Und so war es Bob drüben in
Utah, der mich darauf hinweisen musste: »Das also ist die neueste Lektion,
nicht wahr? Wenn man in die Welt hinauszieht, um sich selbst zu helfen, hilft
man letztendlich ... tutti.«
93
Ehe ich das Geld nicht beisammen hatte, wollte ich Wayan
nichts von meinem Vorhaben erzählen. Es fiel mir schwer, ein so großes
Geheimnis für mich zu behalten, zumal sie sich ständig um ihre Zukunft sorgte;
doch ich wollte ihr einfach keine Hoffnungen machen, ehe ich es nicht »amtlich«
hatte. Also schwieg ich und vertrieb mir die Zeit, indem ich fast jeden Abend
mit Felipe essen ging - den es nicht zu stören scheint, dass ich nur ein
einziges schönes Kleid besitze.
Ich stehe wohl auf ihn. Nach einigen Abenden bin ich mir
ziemlich sicher, dass ich verknallt bin. Er ist viel mehr, als er auf den
ersten Blick zu sein scheint, dieser selbsternannte »Meister der Quatschköpfe«,
der in Übud alle Welt kennt und Mittelpunkt jeder Gesellschaft ist. Ich habe
mich bei Armenia nach ihm erkundigt. Sie sind schon eine Weile befreundet.
»Dieser Felipe«, begann ich, »der ist nicht so oberflächlich wie die anderen,
oder? Der ist irgendwie anders, nicht wahr?« - »Oh ja«, meinte sie, »Felipe ist
ein wunderbarer Mann. Aber er hat eine
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