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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Love Pray Eat
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schwierige Scheidung hinter sich.
    Ah - das ist allerdings eine Sache, von der ich überhaupt
nichts verstehe.
    Und er ist zweiundfünfzig Jahre alt. Was durchaus interessant
ist. Habe ich tatsächlich ein Alter erreicht, in dem ein Zweiundfünfzigjähriger
als Partner in Frage kommt? Aber er gefällt mir. Er hat silbergraue Haare, die
sich à la Picasso zu lichten beginnen. Seine Augen sind warm und braun. Er hat
ein freundliches Gesicht (mit einem boshaften Lächeln) und er riecht wunderbar.
    Er ist ein wirklich erwachsener Mann. Das ausgewachsene
männliche Wesen unserer Spezies - was doch einigermaßen neu für mich ist. Seit
inzwischen fünf Jahren lebt er auf Bali, wo er mit balinesischen
Silberschmieden zusammenarbeitet, die aus brasilianischen Edelsteinen Schmuck
für den Export nach Amerika herstellen. Dass er - ehe seine Ehe wegen einer
Vielzahl von Gründen den Bach hinunterging - fast zwanzig Jahre lang ein treuer
Gatte war, gefällt mir. Ebenso die Tatsache, dass er bereits Kinder großgezogen
hat und dass seine Kinder ihn lieben. Mir gefällt, dass er, als die Kinder noch
klein waren, daheim geblieben ist und sie versorgt hat, während seine
australische Ehefrau ihre Karriere weiterverfolgte. (»Als guter Ehemann und
Feminist«, sagt er, »wollte ich, soziohistorisch betrachtet, auf der richtigen
Seite stehen.«) Ich mag seine ganz natürlichen, übertriebenen brasilianischen
Gefühlsäußerungen. (Als sein Sohn vierzehn war, ließ er seinen Vater wissen:
»Dad, jetzt, wo ich vierzehn bin, solltest du mich lieber nicht mehr auf den
Mund küssen, wenn du mich vor der Schule absetzt.«) Mir gefällt, dass Felipe
vier, ja, vielleicht noch mehr Sprachen fließend spricht. (Indonesisch,
behauptet er zwar immer wieder, könne er nicht, aber ich höre ihn den lieben
langen Tag in dieser Sprache reden.) Ich mag, dass er schon mehr als fünfzig
Länder bereist hat und die Welt als kleinen und leicht zu durchmessenden Ort
betrachtet. Ich mag auch, wie er mir zuhört, sich zu mir herüberbeugt, mich nur
unterbricht, wenn ich mich selbst unterbreche - um ihn zu fragen, ob ich ihn
langweile -, worauf er stets erwidert: »Für dich, Darling, habe ich
alle Zeit der Welt.« Ich lasse mich gern Darling nennen
(auch wenn er die Kellnerin genauso nennt). Und ich genieße es, mir von einem
netten Mann sagen zu lassen, dass ich ein entzückendes und witziges, junges und
verlockendes Wesen bin.
    »Warum nimmst du dir keinen Liebhaber hier auf Bali,
Liz?«, fragte er mich vorgestern.
    Es ehrt ihn, dass er dabei nicht ausschließlich an sich
dachte, obwohl er vermutlich bereit wäre, diese Rolle zu übernehmen. Er
versicherte mir, dass Ian - der gut aussehende Schotte - ein geeigneter
Kandidat sei, doch es gebe auch noch andere. Etwa einen Koch aus New York, den
er mir vorstellen könne, »ein toller, großer, muskulöser, selbstbewusster
Bursche«, der mir seiner Meinung nach gefallen könnte. Im Grunde gebe es alle
möglichen Männer hier, die es nach Übud verschlagen habe, Männer aus aller
Herren Länder, die in dieser fluktuierenden Gesellschaft der »Heimat- und Besitzlosen«
untergetaucht seien und von denen viele mit Vergnügen dafür sorgen würden,
»dass du, Darling, hier einen wunderbaren Sommer verlebst«.
    »Ich bin wohl einfach noch nicht bereit dazu«, erwiderte
ich. »Ich hab keine Lust auf den ganzen Liebeszirkus. Keine Lust, mir jeden Tag
die Beine zu rasieren oder meinen Körper einem neuen Liebhaber zu
präsentieren. Und ich mag auch meine Lebensgeschichte nicht noch mal erzählen
oder mir um Verhütung Gedanken machen. Außerdem weiß ich nicht mal, ob ich es
überhaupt noch kann. Mir ist, als hätte ich mir Sex und Liebe mit sechzehn eher
zugetraut als heute.«
    »Aber natürlich«, meinte Felipe. »Damals warst du jung und
dumm. Nur die Jungen und Dummen trauen sich das zu. Glaubst du, irgendeiner von
uns weiß, was er tut? Glaubst du, dass wir Menschen einander ohne Komplikationen
lieben können? Du solltest mal sehen, wie das hier auf Bali abläuft, Darling.
All diese Westler kommen hierher, nachdem sie daheim ihr Leben versaut haben
und zu dem Schluss gelangt sind, dass sie von westlichen Frauen die Nase voll
haben, und heiraten irgend so ein zierliches, süßes, fügsames balinesisches
Mädchen. Sie glauben, dieses hübsche kleine Mädchen werde sie glücklich und ihr
Leben leichter machen. Viel Glück, Junge! Du hast
immer noch eine Frau vor dir, mein Freund. Und bist immer noch ein Mann. Ihr
seid

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