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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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sie ihre Fingerspitze nicht mehr sehen konnte. »Hören Sie auf!« Sie riss sich los und stolperte gegen den Schreibtisch.
    Wie eine Fata Morgana erschien Raphael langsam wieder, nahm feste Formen an. »Ich wollte nur meinen Standpunkt deutlich machen.« Er trat vor sie hin, und damit befand sie sich zwischen ihm und dem Schreibtisch.
    »Saugen Sie dazu immer an anderer Leute Finger?« Ihre Finger krümmten sich. »Was, zum Teufel, war das?«
    »Zauberei«, antwortete er, und mit den Augen zog er die Konturen ihrer Lippen nach. »Auf diese Weise können wir uns unerkannt unter die Menge mischen. Das ist einer der Unterschiede zwischen Engeln und Erzengeln.«
    »Wie lange können Sie diesen Zustand denn aufrechterhalten?« Dabei versuchte sie, sich nicht vorzustellen, was er wohl dachte, wenn er sie so wie jetzt ansah, und sich stattdessen lieber daran zu erinnern, dass er gedroht hatte, Saras Baby und auch sie selbst umzubringen. Doch fiel es ihr ziemlich schwer, denn er war so nah, zum Greifen nah. Und er sah beinahe menschlich aus. Menschlich auf eine düstere, sinnliche Art.
    »Ich kann ihn so lange aufrechterhalten wie nötig«, flüsterte er, und Elena zweifelte nicht an der Zweideutigkeit seiner Worte. »Uram ist älter als ich. Seine Macht größer. Er braucht bloß…« So plötzlich schnitt er sich selbst das Wort ab, dass es schien, als habe er beinahe zu viel verraten. »Bei voller Stärke kann er den Zauber praktisch unbegrenzt nutzen. Selbst wenn er geschwächt ist, könnte er ihn den ganzen Tag über beibehalten, nachts könnte er dann untertauchen.«
    »Wir jagen also den Großen Unsichtbaren?« Mittlerweile hatte sie sich so weit zurückgelehnt, dass sie fast auf dem Schreibtisch saß.
    Seine Hände lagen auf der glänzenden Platte zu beiden Seiten ihrer Hüfte, erst jetzt merkte sie, wie nahe er war. »Deshalb brauchen wir auch Ihren Geruchssinn.«
    »Ich wittere Vampire«, sagte sie frustriert, »keine Engel. Sie kann ich auch nicht wittern.«
    Als ob es unwichtig wäre, überging er dieses Detail einfach. »Wir müssen noch ein wenig warten.«
    »Auf was müssen wir denn warten?«
    »Auf den richtigen Zeitpunkt.« Er hob die Flügel und nahm ihnen damit das Licht, hüllte sie in Nacht. »Und während wir warten, kann ich meine Neugier stillen, herausfinden, ob Sie genauso scharf schmecken, wie Sie klingen.«
    Die sinnlichen Luftschlösser fielen jäh in sich zusammen. Für ihn völlig überraschend, nutzte sie ihre Wendigkeit und glitt rückwärts über den Schreibtisch und landete auf der anderen Seite, dabei gerieten sämtliche Papiere in Unordnung. »Ich habe es doch schon gesagt«, keuchte sie; ihr Herz hämmerte, sie war nur knapp entwischt. »Ich will nicht Ihr Betthupferl, Ihr Wegwerfspielzeug, Ihre Matratze sein. Suchen Sie sich eine nette Vampirin, versenken Sie in ihr Ihren Reißzahn.« Ohne seine Antwort abzuwarten, marschierte sie aus der Tür und den Gang entlang.
    Zu ihrer Verwunderung hielt niemand sie auf. Als Elena das Erdgeschoss erreicht hatte, stand vor dem Eingang ein Taxi und wartete– auf sie. Gerade als sie dem Fahrer sagen wollte, er solle sich zum Teufel scheren, bemerkte sie, dass sie gar kein Geld bei sich hatte. Da sie keine Lust hatte, bei der mitternächtlichen Kälte den ganzen Weg nach Hause zu Fuß zu laufen, kletterte sie auf den Rücksitz. »Verdammt, bringen Sie mich bloß weg von hier.«
    »Selbstverständlich.« Die Stimme des Fahrers war sanft. Zu sanft.
    Ihre Blicke trafen sich im Rückspiegel. »Jetzt fahren Vampire auch schon Taxi?«
    Er lächelte, doch mit Dmitris spielerischem Charme konnte er nicht mithalten… und erst recht nicht mit der gefährlichen Sinnlichkeit eines Erzengels, der entschlossen schien, ihre »Beziehung«– haha– auf eine sexuelle Ebene zu verlagern.
    Bevor das passierte, müsste die Hölle schon dreimal zufrieren. Sex war nicht im Angebot. Und Elena genauso wenig.
    9
    Raphael beobachtete, wie das Taxi anfuhr. Er war überrascht, dass sie es genommen hatte. Von all seinen Untergebenen war Elena am schwersten zu durchschauen. Natürlich würde sie dieser Bezeichnung widersprechen, und der Gedanke amüsierte ihn auf eine Weise, wie er nur einen tödlichen und mächtigen Unsterblichen amüsieren konnte.
    Hinter ihm öffnete sich die Tür. »Sire?«
    »Dmitri, Sie werden sich von der Jägerin fernhalten.«
    »Wenn Sire es wünschen.« Eine Gedankenpause. »Ich könnte sie das Betteln lehren. Dann würde sie sich Ihren Anordnungen

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