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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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die Hand, dabei nahm sie das lebhafte Pulsieren von frisch eingenommenem Blut und einen schnellen Herzschlag wahr. Es lag ihr auf der Zunge, Suhani zu fragen, wen sie denn zum Frühstück verspeist habe– das Blut war ungewöhnlich kräftig–, doch sie unterdrückte diese Anwandlung noch gerade rechtzeitig, um keine Scherereien zu bekommen. »Gleichfalls.«
    Suhani lächelte, und Elena erkannte darin ein Wissen, das auf jahrhundertealter Erfahrung beruhte. »Sie sind gut durchgekommen.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Es ist erst Viertel vor acht.«
    »Ja, es war nur wenig Verkehr.« Und keinesfalls wollte sie gleich zu Beginn dieses Treffens einen Fehler machen. »Bin ich zu früh?«
    »Nein, er erwartet Sie schon.« Suhanis Lächeln verblasste, stattdessen malte sich leichte Enttäuschung auf ihrem Gesicht. »Ich habe Sie mir viel… viel furchteinflößender vorgestellt.«
    »Sie sehen sich doch nicht etwa Die Beute des Jägers an?« Spontan machte Elena ihrer Empörung Luft.
    Suhani schenkte ihr ein sonderbar menschliches Lächeln. »Ich fürchte doch. Die Sendung ist so unterhaltsam, außerdem ist der Regisseur, R.S. Stoker, ein ehemaliger Vampirjäger.«
    Natürlich, und Elena war die Zahnfee. »Haben Sie geglaubt, ich würde mit einem riesigen Schwert und glühend roten Augen hier aufkreuzen?« Elena schüttelte den Kopf. »Sie sind eine Vampirin. Sie wissen doch, dass das alles Unsinn ist.«
    Suhanis Gesichtsausdruck veränderte sich und machte einer dunklen, kühlen Seite Platz. »Sie scheinen sich meiner Herkunft ja recht sicher zu sein. Die meisten kommen nicht darauf, dass ich eine Vampirin bin.«
    Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Aufklärungsunterricht. »Ich habe eben viel Erfahrung.« Gleichmütig zog Elena die Achseln hoch. »Wollen wir hinaufgehen?«
    Auf einmal wurde Suhani nervös, und das war nicht gespielt. »Verzeihen Sie mir bitte. Ich habe Sie warten lassen. Wenn Sie mir folgen wollen.«
    »Kein Problem. War ja nur kurz.« Insgeheim war Elena für die Unterbrechung dankbar; dadurch hatte sie ein wenig Zeit gehabt, sich etwas zu beruhigen. Wenn diese elegante, wenn auch sensible Vampirin mit Raphael zurechtkam, dann konnte sie es auch. »Wie ist er denn so?«
    Suhani stockte kurz, bevor sie sich so weit gefasst hatte. »Er ist… ein Erzengel.« Aus ihrer Stimme waren Ehrfurcht und Angst gleichermaßen zu hören.
    Im Nu war Elenas Selbstvertrauen in sich zusammengestürzt. »Sehen Sie ihn oft?«
    »Ich? Nein, wieso?« Die Empfangsdame lächelte verwirrt. »Er muss ja nicht durchs Foyer. Schließlich kann er ja fliegen.«
    Elena hätte sich für die dumme Frage ohrfeigen können. »Stimmt.« Sie waren am Fahrstuhl angekommen. »Vielen Dank.«
    »Gern geschehen.« Suhani tippte eine Zahlenfolge auf der Zahlentafel neben dem Fahrstuhl ein. »Sie können damit direkt bis zum Dach hochfahren.«
    Elena hielt inne. »Zum Dach?«
    »Dort erwartet er Sie.«
    Trotz ihrer Bestürzung stieg Elena ohne Umschweife in den riesigen, verspiegelten Aufzug, denn sie wusste, dass es zu nichts führte, das Treffen noch weiter hinauszuzögern. Als sich die Türen geschlossen hatten, drehte sie sich noch einmal zu Suhani um und fühlte sich auf beklemmende Weise an den Vampir erinnert, den sie vor weniger als zwölf Stunden in eine Holzkiste gesperrt hatte. In diesem Moment spürte sie, wie es war, auf der anderen Seite zu stehen. Wenn sie nicht so sicher gewesen wäre, dass man sie beobachtete, hätte sie ihr professionelles Gehabe fallen gelassen und wäre wie eine Verrückte hin-und hergerannt.
    Oder wie eine Versuchsratte in einem Labyrinth.
    Das sanfte Gleiten des Fahrstuhls verriet seine Exklusivität. Auf der LCD-Anzeige rasten die Zahlen in einem atemberaubenden Tempo. Nach dem fünfundsiebzigsten Stockwerk hörte Elena auf zu zählen. Dafür machte sie Gebrauch von den Spiegeln, vorgeblich, um den verdrehten Riemen ihrer Handtasche zu richten… doch tatsächlich vergewisserte sie sich, dass ihre Waffen gut verborgen waren.
    Eigentlich hatte sie niemand angewiesen, unbewaffnet zu kommen.
    Flüsternd hielt der Fahrstuhl, und die Türen öffneten sich. Um erst gar kein Zaudern aufkommen zu lassen, trat Elena beherzt hinaus auf eine kleine von Glaswänden umgebene Fläche. Ihr war sofort klar, dass es nur der obere Schacht der Fahrstuhlkabine war. Das Dach lag jenseits der Glaswände… und hatte noch nicht einmal ein symbolisches Geländer, um einen unfreiwilligen Sturz aufzuhalten.
    Ganz

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