Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

schließen. Sie schlang ihre Arme um ihn, lehnte den Kopf an seine Brust und für einen ewigen Augenblick waren sie nichts als Mutter und Sohn, die zusammen unter einem unglaublichen Himmel standen.
    Es war nicht gut, dass ich deinen Vater überlebt habe, Raphael. Wir waren zwei Hälften eines Ganzen.
    Der Kummer in ihrer Stimme brachte ihn dazu, sie noch fester an sich zu ziehen. Er hätte nicht weiterleben können.
    SeineMutterschwiegfüreinenlangen,langenAugenblick.Alssiesichvonihmlöste,hattesichihrGesichtsausdruckverändert,warförmlichergeworden. Du hast also eine sterbliche Gemahlin.
    »Elena « , er sprach es laut aus, denn er wollte nicht zulassen, dass Caliane die Frau ausschloss, die die Vorstellung von Ewigkeit für ihn zu einem atemberaubenden Versprechen gemacht hatte. Er legte ihr die Hand um den Nacken, als sie sich neben ihn stellte. »Sie ist nicht mehr sterblich .«
    Calianes Blick wanderte von ihm zu Elena und wieder zurück. »Möglich. Aber sie ist kein Partner für einen Erzengel .«
    Elena antwortete vor Raphael. »Vielleicht nicht « , sagte sie, »aber er gehört mir, und ich werde ihn nicht wieder hergeben .«
    Caliane blinzelte. »Nun ja, Mut hat sie jedenfalls .« Sie legte die Flügel zusammen, die sie nach seiner Umarmung ausgebreitet hatte, und sah wieder Raphael an. »Sogar dein Blut trägt schon den Makel deiner Sterblichen .« Mit diesen Worten drehte sie sich um und trat an den Rand des Daches. »Ich muss nach meinem Volk sehen .«
    »Dein Erwachen greift in das Gleichgewicht des Kaders ein .« Lijuan war nicht mehr die Stärkste von ihnen allen – und nach ihrem Schlaf war Caliane eine völlig Fremde.
    »Später .« Sie hob ihre feingliedrige Hand. »Im Augenblick habe ich kein Interesse an Politik. Gib jedoch bekannt, dass diese Region jetzt mir gehört .«
    Daesnichtwahrscheinlichwar,dassLijuaninnaherZukunftzurückkehrenwürde,umsichCalianeentgegenzustellen,wussteRaphael,dassdieseForderungunangefochtenbleibenwürde. Wir können nicht wissen, was sie tun wird, sagteerzuseinerGemahlin. Wenn ich jemals eine Chance habe, sie zu töten, dann jetzt.
    Elena schloss ihre Hand um seine. Bis jetzt hat sie nichts getan, was nicht jedes andere Mitglied aus dem Kader auch getan hätte. Die Auswirkungen auf dich, Elias und die anderen waren Folgen eines unbewussten Aktes, also kann man ihr daran nicht die Schuld geben.
    Sie hat mehrfach versucht, dir etwas anzutun.
    Hiermit schließe ich meine Beweisführung – selbst deine Sieben sind nicht gerade begeistert von mir. Ich habe nie erwartet, dass deine Mutter mich mit offenen Armen empfangen würde.
    Raphael sah auf seine Jägerin hinab, sah den durchdringenden, silbernen Ring um ihre Augen und wusste, dass Elena alles geben würde, um noch einmal einen Augenblick mit ihrer Mutter zusammen zu sein, und dass ihr Schmerz und ihre Not sie für die brutale Wahrheit blind machen konnten. Wenn diese Entscheidung falsch ist, werden Tausende sterben.
    Das werden wir nicht zulassen. Ihre Stimme klang entschlossen.
    Bei diesen Worten flimmerte dicht neben ihr silbriges Blau auf, dann stand Illium neben ihr. Sein Flügel berührte Elenas mit einer Vertrautheit, bei der Raphael tadelnd eine Augenbraue hob. Illiums Lippen verzogen sich zu einem verschmitzten Lächeln, das seine Emotionen jedoch kaum verbarg. Ich werde nicht noch einmal zusehen, wie Sie sterben, Sire. Seine Venen traten hervor, als er mit einer Hand das Handgelenk der anderen umspannte.
    Raphael sah in diese goldenen Augen, die ihm seit Jahrhunderten nicht von der Seite gewichen waren. Wenn es so weit gekommen wäre, dann wäre ich in dem Wissen gegangen, dass mein Herz bei dir in Sicherheit ist.
    Illiums Blick wanderte zu Elena. Für immer. »Ich werde hier bei Ihrer Mutter bleiben .«
    »Nein, Illium .« Kopfschüttelnd strich er Elena durchs Haar. »Ich schicke Nassir .«
    Die Kinnlinie des blau geflügelten Engels wurde messerscharf. »Nassir hat keine Flügel, und die sind notwendig, um Caliane zu folgen .«
    »Um diesen Part wird sich Jason kümmern .« Als Illium widersprechen wollte, schüttelte Raphael den Kopf und sagte: »Ich brauche dich in der Stadt, wenn Aodhan eintrifft .«
    Auf die fragenden Blicke von Illium und seiner Jägerin sagte er: »Später. Jetzt werden wir Caliane allein lassen. Zumindest was das betrifft, hat sie die Wahrheit gesagt – sie hat immer für die Menschen in ihrer Stadt gesorgt, und sie wird sie nicht verlassen, bis sie wieder wächst und gedeiht