Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
Mal, das er ihr zugefügt hatte.
Elena schmiegte sich in diese Liebkosung. »Auf ihre eigene, seltsam gruselige Art scheint sie dich zu mögen .«
»Deine Schmeicheleien werden mir noch zu Kopf steigen, Gildenjägerin .«
»Jemand wird dafür sorgen müssen, dass du am Boden bleibst .«
»Lijuan lässt sich mit dem Tod ein « , erklärte er ihr, während ihr Lachen in seine Haut sickerte und dort ebenfalls ein Mal hinterließ. »Sterbliche sind sehr lebendig und spontan .« Menschen konnten sich nicht den Luxus erlauben, Jahre oder Dekaden zu verschwenden, da ihr Leben wie das Aufleuchten eines Glühwürmchens begann und endete.
Elenas Augen wurden groß, der dünne, silberne Ring war in diesem Licht nicht zu sehen, aber er wusste, dass er da war – ein stummes Maß dessen, wie tief die Unsterblichkeit bereits in ihre Zellen eingedrungen war. »Die Veränderung in dir « , sagte sie, »worin sie auch liegen mag, bedeutet sie, dass du die Fähigkeit hast, ihrer Macht zu widerstehen ?«
»Nicht nur, ihr zu widerstehen, sondern auch, sie zu neutralisieren .« Was ihm einen unglaublichen Vorteil gegenüber den mächtigsten Mitgliedern des Kaders verschaffte – mit Ausnahme seiner Mutter. Solange er es schaffte, sich nach einer Verletzung lange genug in Sicherheit zu bringen, um sich davon zu erholen, konnte Lijuan ihn nichttöten.
Elena stieß einen Pfiff aus. »Sie wusste es. Sie wusste, dass das geschehen konnte .«
Raphael war nicht so sicher. »Ich glaube, sie hatte eine Ahnung davon, doch ich glaube auch, dass ein Teil dessen, was sie mir gesagt hat, die Wahrheit war – sie hatte einst einen Geliebten, der sie sterblich zu machen drohte .«
»Und sie beschloss, ihn zu töten, weil er ihre Macht gefährdete « , schloss Elena. »Sie hatte Angst vor ihm .«
»Ja .« Er beobachtete die Veränderungen in Elenas Gesichtsausdruck. Solch eine Leidenschaft in einem sterblichen Herzen, solch ein Lebenshunger. »Komm her, Elena .«
Sie beugte sich vor, bis ihre Haare eine sanfte, vertrauliche Höhle um ihre Gesichter schufen. »Du machst dir Sorgen, dass du die Saat des Wahnsinns in dir trägst « , ein sanftes Flüstern, rau vor Leidenschaft – »aber du wirst nie so werden wie sie. Niemals .« Denn Raphael hatte sich für die Liebe entschieden, als sie die schlechteste aller möglichen Optionen zu sein schien.
Sein Blick war wie ein kühler Bergsee, wie das kalte Herz eines Edelsteins. »Vielleicht haben wir etwas Entsetzliches entfesselt, Elena .«
Sie wusste, dass nicht mehr von Lijuan die Rede war. »Wenn wir sie kaltblütig ermordet hätten, während sie schlief oder als sie erwachend vor uns stand, wären wir selbst nichts anderes als Monster .«
»Dann werden wir abwarten .«
Epilog
Drei Tage später erblickte Raphael im Halbkreis des Kaders eine strahlende Michaela. Welcher Art ihre Beziehung zu Astaads Stellvertreter auch sein mochte, sie schien sie glücklich zu machen – zumindest im Augenblick. Ihre sinnliche Schönheit wurde von Charisemnon und Astaad selbst flankiert.
Elias hatte den Platz zu Raphaels Linken gewählt, während Favashi neben dem Erzengel von Südamerika saß. Neha lehnte mit majestätischer Anmut neben ihr, auf der anderen Seite Titus. Und dann war da Lijuan … rechts von Raphael. Es war die erste offizielle Zusammenkunft des Kaders nach über einem Jahr, an dem der Erzengel von China wieder teilnahm.
Elena hatte ihn gefragt, ob Lijuan für den versuchten Mord an Caliane der Prozess gemacht werden würde, und hatte zu ihrer Verblüffung erfahren, dass kein Verbrechen vorlag, da die Schlafende überlebt habe. Das war die erbarmungslose Welt der mächtigsten Unsterblichen.
»Es hat eine Verschiebung im Machtgefüge der Welt gegeben « , fing Favashi nun mit ihrer gelassenen Stimme an.
Michaela trug eine Korsage, die von längst vergangenen Zeiten erzählte. In ihren hautengen Hosen und Stiefeln, die bis zu den Oberschenkeln reichten, schlug sie ein Bein über das andere. »Die Königin der Untertreibungen, wie immer, Favashi .« Ausnahmsweise lag keine Bissigkeit in ihrer Stimme, als sie sich an den anderen Erzengel wandte.
Favashis Mundwinkel hoben sich zu einem leichten Lächeln, ihr knöchellanges blassgrünes Kleid ließ die Arme frei und erinnerte Raphael an die Jungfrauen von Amanat. »Du bist doch nicht besorgt wegen dieser Verschiebung ?«
»Raphaels Mutter ist mächtig « , sagte Michaela, »so mächtig, dass sie sich wahrscheinlich nicht mit der Tagespolitik
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