Gildenhaus Thendara - 7
ihre Pflicht gegenüber den Comyn kennenlernen, sie muß in dem Wissen aufwachsen, daß sie Erbin der Aillard-Domäne ist, und du mußt wissen, was von ihr verlangt wird. Ich bitte dich, Jaelle, nimm diesen Sommer deinen Sitz im Rat ein, wenn Kyril als Herrscher von Ardais bestätigt und deine Tochter für Aillard gewählt wird.”
„Was ist die Alternative?” erkundigte sich Jaelle.
„Ich hoffe, du wirst uns nicht zwingen, an Alternativen zu denken, Jaelle. Es bleibt dir nur dann erspart, wenn das Kind stirbt oder wenn du bei der Geburt stirbst”
Ich bin keine Sklavin, und ich will meine Tochter nicht versklaven lassen. Ich will für mich selbst leben, nicht für diese arrogante Kaste, die meine Mutter bedenkenlos in der Sklaverei ließ und dann mich ablehnte, weil ich die Tochter meines Vaters ebenso wie die meiner Mutter bin. Laut sagte sie: „Die Comyn wollten wegen meines Trockenstädter-Blutes nichts von mir wissen. Jetzt behauptest du, sie werden es bei meiner Tochter übersehen - und ihr terranisches Blut auch?”
„Zu jener Zeit”, antwortete Rohana, „hatten sie die Wahl. Es waren andere Erbinnen für Aillard da. Seitdem hat es Todesfälle gegeben. Auch der Tod läßt einer Frau keine Wahl, und er ist ein strengerer Zwingherr als die Comyn. Die Notwendigkeit holt sich keinen Rat bei der Annehmlichkeit, Jaelle”
Und die toten Frauen, dachte Jaelle, waren Rohanas Verwandte gewesen.
Blut, das sich auf dem Sand ausbreitet, dunkle Schatten am Wasserloch, Schmerz der ihr die Stirn sprengt … Es gelang ihr, das Bild wieder aus ihrem Bewußtsein zu verdrängen. Rohana beobachtete sie scharf, sagte jedoch nichts, und Jaelle war ihr dankbar dafür. Sie fürchtete, Rohana sehe ihr mitten ins Herz, sehe ihr erwachendes Laran, fasse nach ihr, um sie aus ihrem Zufluchtsort bei den Entsagenden zu holen… Kein Zufluchtsort. Ich habe mich auch von ihnen losgesagt. Wohin schickt die Pflicht mich? Die Pflicht gegenüber wem? Den Comyn, den Terranern, meinen Arbeitgebern, Peter, meinem Freipartner, meinen Schwestern im Gildenhaus? Es gibt kein Entrinnen vor sich widersprechenden Eiden… ebensowenig wie vor Geburt und Tod…
Sie sagte: „Kindra hat mir ständig eingeprägt, nichts sei unvermeidlich außer dem Tod und dem Schnee des nächsten Winters. Es muß auch dafür eine andere Lösung geben!”
„Ach, Jaelle” Rohana beugte sich vor und streichelte gütig das weiche Haar der Jüngeren. „So einfach ist das Leben nicht. Ich verlange ja nicht, daß du dich auf der Stelle entscheidest. Ich habe dich nicht hergebeten, um dich in die Enge zu treiben. Geh und denk darüber nach, Liebling. Frage Peter, was er meint - sie ist ebenfalls seine Tochter, und was auch die Entsagenden behaupten mögen, er hat Rechte an seinem Kind. Laß dir Zeit. Selbst wenn das Kind geboren ist, bitte ich dich nur darum, daß du nicht zu viele Türen zu früh schließt. Laß auch ihr die Wahl. Deine Mutter wagte und verlor ihr Leben, weil du nicht in Ketten aufwachsen, sondern dich frei entscheiden solltest. Vermutlich hat mich das schwach gegen dich gemacht, so daß ich nicht darauf bestand, dich nach den für eine Comyn-Tochter geltenden Regeln aufzuziehen. Melora ist nicht gefragt worden, ich bin nicht gefragt worden…”
Jaelle sah Rohana scharf an, doch dann kam ihr zu Bewußtsein, daß Rohana nicht von sich gesprochen hatte. Laut gesagt hatte sie nur: Melora ist nicht gefragt worden. Sie wiederholte es: „Melora ist nicht gefragt worden, und sie starb, um dir die Freiheit zu geben. Deshalb würde ich dir niemals etwas aufzwingen. Du hast viele Jahre der Freiheit gehabt; ist es jetzt nicht Zeit, etwas zu tun, das nicht für dich selbst ist?”
Vielleicht hat sie recht, vielleicht hat sie recht… vielleicht schulde ich denen etwas, die vor mir da waren, denen, die nach mir kommen werden…Rafaella versuchte, für Doria zu entscheiden, und es funktionierte nicht, Doria mußte weggeschickt werden…
Sie neigte den Kopf. „Ja, ich will darüber nachdenken. Aber du hast doch sicher nicht den ganzen weiten Weg von Ardais nach hier gemacht, nur um mit mir über die Bestimmung meiner Tochter zu reden . .”
Rohana stürzte sich so eifrig darauf, daß Jaelle erkannte, auch sie hatte ihr Streit betrübt. „Natürlich nicht nur deswegen”, erklärte sie, „sondern um Gabriel zu begraben und dabei zu sein, wenn Kyril als Herrscher der Domäne bestätigt wird… Es wird eine Sondersitzung des Rates einberufen werden. Die Hasturs
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