Gildenhaus Thendara - 7
heute passieren, um einen zu erinnern, daß es im Leben auch noch andere Dinge gibt. Entschuldige, daß ich vorhin so eklig zu dir war. Es geschähe mir recht, wenn du mich für all das hassen wurdest, aber ich weiß nicht, was ich ohne dich anfangen sollte, Jaelle, ich liebe dich so sehr… Ich brauche dich…”
Schluchzend begrub sie ihr Gesicht an seinem Hals. Warum hatten sie sich so weit voneinander entfernt? Und er wußte noch gar nichts von Dom Gabriels Tod, von den Forderungen, die Rohana an sie stellte, von ihrem Kind…
„Hör zu, Peter”, verlangte sie ernsthaft, nahm sein Gesicht in beide Hände und zog es zu sich herunter, „du weißt doch, daß Rohana meine Verwandte ist. Sie hatte mir vieles mitzuteilen, so vieles, daß ich nicht alles allein entscheiden kann” Sie erzählte es ihm, ihre Worte überstürzten sich, und wie sie gehofft hatte, achtete er wenig darauf, was Rohana darüber gesagt hatte, daß ihr Kind Erbin der Aillard-Domäne sei.
„Wichtig, ganz allein wichtig ist unser Baby, Jaelle” Er drückte sie an sich. „Wir haben viele Probleme gehabt, aber es war der Mühe wert, jetzt, wo wir an ein anderes Wesen als an uns zu denken haben” Er küßte sie so zärtlich, daß sie sich fragte, warum sie je an ihm gezweifelt habe. „Das kommt zuerst, Jaelle. Du und ich - und das Baby!”
4. Kapitel
Magda begann, an Ruhelosigkeit, fast an Klaustrophobie zu leiden. Die Frauen waren freundlicher, sogar Rafaella, aber sie hatte es so satt, im Haus eingeschlossen zu sein! Manchmal trat sie in den Garten, nur um die Luft der Freiheit zu atmen, auch, so dachte sie ironisch, wenn sie ein bißchen zu sehr nach Stall roch.
Immer noch hatte sie Sachen aus der Kiste mit den abgelegten Kleidungsstücken an. Die Tradition verlangte, daß sie sich vor dem Ende des halben Jahres, das sie im Haus verbringen mußte, eine vollständige Ausstattung selbst nähte. In gewisser Weise verstand sie den Grund dafür Frauen, die aus den oberen Klassen zu den Entsa
genden kamen, waren daran gewöhnt, nur Kleider zu tragen, die das Werk der Hände ihrer Dienerinnen und anderer Leute waren, und sie mußten lernen, welche Mühe das machte. Keitha andererseits begrüßte die Gelegenheit, beim Nähen stillzusitzen. Gerade bedeckte sie Ausschnitt und Ärmel ihrer neuen Unterjacke mit zierlich gestickten Schmetterlingen. Magda beneidete sie um die Mühelosigkeit, mit der sie die Stiche setzte. „Oh, für mich ist das erholsam”, meinte Keitha. „Jeden Augenblick kann Marisela mich rufen, daß ich ihr bei einer Entbindung helfe, deshalb ruhe ich mich aus und sticke, solange ich kann…”
„Für mich ist es nicht erholsam” Magda biß sich auf die Lippe, denn schon wieder hatte sie sich mit der Nadel in den Finger gestochen. „Ich miste lieber den Stall aus, als daß ich einen einzigen Saum nähe!”
„Das sieht man an deiner Arbeit” Keitha betrachtete Magdas Stiche mit kritischem Blick. „Was hat sich deine Mutter bloß gedacht!”
„Sie war Musikerin”, berichtete Magda, „und ich glaube nicht, daß sie besser nähen konnte als ich. Sie hatte immer mit ihrer Laute oder mit ihren Übersetzungen zu tun.” Elizabeth Lorne hatte neun Instrumente gespielt und über dreihundert Volkslieder aus den Bergen Darkovers gesammelt. Magda, die musikalisch wenig begabt war, hatte sich ihrer Mutter nicht sehr verbunden gefühlt, obwohl sie in diesen letzten Monaten immer deutlicher erkannte, wie ähnlich sie ihr war: Sie ging in ihrer Arbeit auf, sie sehnte sich danach, selbst etwas zu tun. Jetzt, wo sie keine Gelegenheit mehr hatte, es in Erfahrung zu bringen, fragte sie sich, wie die Ehe ihrer Mutter wirklich ausgesehen habe. Ganz bestimmt hatte Elizabeth Lorne sich nicht von David Lornes Karriere bei den Terranern auffressen lassen, sondern sich ihrer eigenen Arbeit gewidmet…
„Meine Mutter sagte immer, ich dürfe keiner Dienerin befehlen, etwas für mich zu tun, das ich selbst nicht fertigbrächte”, erzählte Keitha. „Andernfalls sei eine Dame die Sklavin ihrer eigenen Dienstboten. Jetzt bin ich dankbar dafür, obwohl ich nicht gern mit Pferden arbeite. Aber Marisela sagt, ich muß lernen, mich um meine eigenen Pferde und ihr Sattelzeug zu kümmern, denn das Gesetz verlangt von einer Hebamme, jede Frau, die ihre Hilfe benötigt, im Umkreis einer Tagesreise aufzusuchen, und noch weiter, wenn sie kann. Und Marisela sagt, vielleicht hätte ich nicht immer Leute zur Verfügung, die für mich nach meinen Tieren
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