Gildenhaus Thendara - 7
an Magdas Bein entlang.
Es tat nicht weh, noch nicht. Sie blockierte den nächsten Streich
- die Geschicklichkeit, die sie sich vor Jahren beim Training auf der Akademie erworben hatte, kehrte mit großer Schnelligkeit zurück -, und das, was sie empfand, war vor allem Schock.
Man bekommt routinemäßig diese Ausbildung, aber im Grunde rechnet man nicht damit, daß man sie jemals brauchen wird. Man stellt fest, daß man es kann, rasten ihre Gedanken, und immer noch glaubt man es nicht, während man es tut, ja, während man blutet. Ihr Geist hinkte dem Geschehen hinterher, doch ihr Körper kämpfte und trieb die Männer zurück, die Stufen hinunter. Einer glitt im Schnee aus, und Magda spürte, wie ihr Schwert unter sein Brustbein fuhr, noch bevor sie es verstandesmäßig erfaßte. Die Leiche, von ihrem eigenen Gewicht gezogen, rutschte von der Klinge zurück. Magda riß sie hoch, bereit für den nächsten Angreifer. Sie merkte nicht, daß Shann, von Camilla getroffen, blutend am Boden lag und daß Camilla den dritten Mann bereits gefragt hatte: „Habt Ihr genug?”
Magda hörte nichts. Sie verfolgte den dritten Mann in einem Wirbel von Schwertstreichen, trieb ihn zurück und die Stufen hinunter. Das Blut dröhnte ihr in den Ohren, vor ihren Augen wallte ein roter Nebel. Eine Stimme in ihrem Inneren schrie: Töte sie, töte sie alle! Es war ihr Zorn auf die darkovanischen Männer im allgemeinen, die ihr die Arbeit und die Welt, die sie sich wünschte, nicht gönnten, es war ihre Angst vor den Räubern, die sie entwaffnet und ihr ihre eigene Schwäche gezeigt hatten eine fast sinnliche Erregung hielt sie gepackt. Ihr Schwert bewegte sich, ohne daß sie es wollte, bis jemand ihren Namen rief. Die Laute bedeuteten ihr nichts. Sie sah den Mann vor sich in die Knie brechen. Eine andere Klinge schlug ihr Schwert nach unten. Sie fuhr zu dem Angreifer herum und erkannte in dem Augenblick, als sie zuschlagen wollte, Camillas Gesicht. Das ließ sie innehalten, und sofort wurde ihr das Schwert so heftig entrissen, daß es ihre Hand prellte.
„Nein, Margali! Nein! Er hatte sich ergeben, hast du nicht gesehen, daß er kapitulierend sein Schwert hob?” In einem grausamen Griff, der ihre Finger lähmte, schloß sich Camillas Hand um ihr Handgelenk.
Magda kam wieder zur Vernunft. Sie zitterte. Bestürzt sah sie auf den Mann nieder, den sie getötet hatte, und auf Shann, der daneben am Fuß der Treppe in seinem Blut lag und stöhnte. Der dritte Mann hatte sich zurückgezogen und betrachtete erschrocken die Wunde an seinem Unterarm, aus der frisches Blut sprudelte.
„Du hast dein Messer entehrt!” erklärte Camilla wütend. Sie stieß Magda grob auf die Stufen nieder und stieg zu dem verwundeten Mann hinunter. „Ich bitte in aller Demut um Eure Verzeihung, Sir. Sie ist als Kämpferin noch unerfahren und hatte Eure Geste nicht gesehen”
Der Verwundete antwortete: „Ich dachte schon, ihr Frauen würdet uns alle umbringen, ob wir uns ergeben hatten oder nicht! Und dieser Streit betrifft mich nicht einmal persönlich, mestra.”
Camilla sagte: „Ich habe den Dienst meiner Klinge dreißig Jahre lang in Ehren verkauft, Kamerad. Meine Gefährtin ist jung. Glaubt mir, wir werden so mit ihr verfahren, daß sie ihre Klinge nie wieder entehren wird. Aber seid Ihr nicht Shanns geschworener Mann?”
Der Söldner spuckte aus. „Der geschworene Mann von dem da? Zandrus Höllen, nein! Ich bin ein bezahlter Schwertkämpfer, mehr nicht. Ich denke gar nicht daran, für ihn und seinesgleichen mein Leben zu opfern!” „Laßt mich Eure Wunde sehen”, bat Camilla. „Ihr werdet eine Wiedergutmachung bekommen, glaubt mir. Wir haben keinen Streit mit Euch”
„Und ich habe keinen mit Euch, auch keine Blutrache gegen Euch, mestra… Ganz unter uns möchte ich sagen, wenn seine Frau ihn verlassen hat, wird er ihr vierfachen Grund dazu gegeben haben. Aber ich vermiete mein Schwert, deshalb kämpfte ich, solange er kämpfte. Er ist mir jedoch nicht verwandt und kein geschworener Kamerad” Mühsam steckte er das Schwert mit seiner heilen Hand in die Scheide und wies auf Shann. „Ich werde seine Hausleute und seine Friedensmänner aufsuchen und sie bitten, ihn heimzuholen. Er bedeutet mir nichts, aber wenn ich an der Seite eines Mannes fechte, lasse ich ihn nicht auf der Straße liegen und sich zu Tode bluten” Bedauernd sah er zu dem Mann hin, den Magda getötet hatte. „Der da, das war mein Freund. Zu Mittsommer sind es zwölf Jahre, daß wir
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