Gildenhaus Thendara - 7
vorgekommen - daß wir das Haus mit Waffengewalt verteidigen müssen, als lebten wir noch im Zeitalter des Chaos!” Sie sah Magda zweifelnd an. „Und du hast überhaupt keine Erfahrung…”
Das wußte Magda nur zu gut. Seite an Seite hasteten sie die Treppe hinauf, und ihr Herz hämmerte. Mutter Lauria wartete auf sie in der Halle. Von draußen wurde wütend an die Tür gedonnert, und Mutter Lauria öffnete sie wieder.
Der Mann auf der Schwelle warf sich in die Brust. „Bist du die Frau, die hier die Leitung hat?”
Mutter Lauria antwortete ruhig: „Ich bin von meinen Schwestern dazu gewählt worden, in ihrem Namen zu sprechen. Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe?” Sie sprach mit der extremen Höflichkeit einer Adligen, die sich an einen rohen Bauern wendet.
Der Mann schnauzte: „Ich bin Shann MacShann, und ich will meine Frau, keine dummen Reden. Ihr dreckigen Huren habt sie von mir weggelockt, und ich verlange, daß sie mir auf der Stelle hinausgeschickt wird!” „Wir nehmen keine Frau auf, die nicht aus freiem Willen zu uns kommt”, stellte Mutter Lauria fest. „Wenn Eure Frau zu uns gekommen ist, dann wünschte sie aus gutem Grund, ihrer Ehe mit Euch zu entsagen. Keine Frau innerhalb dieser Mauern ist Euch eine Ehefrau”
„Hör auf mit den Haarspaltereien, du…” Der Mann spie eine Gossenbeleidigung aus. „Du bringst mir meine Frau, oder ich komme herein und hole sie mir!”
Magdas Hand schloß sich fester um ihr Messer, aber die Stimme der Gildenmutter blieb ruhig. „Nach den Gesetzen dieses Hauses überschreitet kein Mann unsere Schwelle, der nicht eigens dazu auf
gefordert worden ist. Mehr habe ich Euch leider nicht zu sagen, Sir. Wenn die Frau, die einmal Eure Ehefrau war, mit Euch zu sprechen wünscht, kann sie Euch eine Botschaft schicken und alle zwischen ihr und Euch noch nicht geregelten Fragen zum Abschluß bringen. Solange sie dies nicht wünscht…”
„Hör zu, diese meine Frau bekommt zuweilen eine Wut auf mich. Einmal lief sie zu ihrer Mutter und blieb dort beinahe vierzig Tage, aber sie kam weinend zu mir zurück. Wie soll ich wissen, daß ihr sie nicht mit Gewalt festhaltet und sie gerne gehen würde?”
„Warum sollten wir so etwas tun?” fragte Mutter Lauria milde. „Glaubst du, ich weiß nicht, was in Häusern wie diesem vor sich geht?” „Ich glaube, daß Ihr überhaupt nichts darüber wißt”, gab Mutter Lauria zurück.
„Keitha ist so durch und durch Weib, daß sie ohne Mann gar nicht auskommt!” prahlte Shann. „Jetzt schick sie sofort hinaus”
„Es tut mir wirklich leid”, sagte die Gildenmutter mit Seelenruhe, „daß Ihr mein Wort dafür nehmen müßt: Keitha n’ha Casilda hat keinen Wunsch verlauten lassen, zu Euch zurückzukehren. Falls Ihr das von ihren eigenen Lippen hören wollt, wir lassen Besucher am Abend des Hochmondes zu, und Ihr sollt uns willkommen sein, wenn ihr unbewaffnet, allein oder mit Mitgliedern Eurer engeren Familie kommt. Dann könnt Ihr mit ihr entweder unter vier Augen oder in unserer Anwesenheit sprechen, wie sie es lieber möchte. Aber zu dieser Stunde und an diesem Tag darf kein Mann herein, der hier nichts zu tun hat, und das habt Ihr, Sir, entschieden nicht. Ich fordere Euch nun auf, Euch mit Euren Männern zu entfernen und keinen Aufruhr auf unserer Türschwelle anzuzetteln”
„Ich sage dir, ich komme herein und hole meine Frau!” brüllte Shann, riß sein Schwert aus der Scheide und begann, die Stufen hochzusteigen. Camilla und Magda zogen ihre langen Messer, traten vor und blockierten den Weg.
„Ihr meint, ich werde nicht mit zwei Mädchen fertig?” Er ließ sein Schwert nach unten sausen. Camilla bewegte sich so schnell wie eine zuschlagende Schlange, band seine Klinge mit der ihren und schlug sie ihm aus der Hand. Er stolperte auf der Treppe und wäre beinahe gefallen. „Kommt! Ich will dort hinein!” rief er seinen Männern zu.
Magda machte sich auf einen neuen Angriff gefaßt. Das weiße Licht des Schnees auf der Straße, die beiden großen, langsam vor
rückenden Männer, Camilla Schulter an Schulter mit ihr, die Messernarben auf ihrem Gesicht weiß und gespannt - das alles prägte sich ihrem Bewußtsein ein. Die wenigen Sekunden, die die Männer brauchten, um die erste Stufe zu ersteigen, dehnten sich für Magda zur Ewigkeit.
Dann waren die Männer da, und Magda fühlte, wie sie zustieß und die Klinge drehte. Das Schwert ihres Gegners klirrte, es flog zur Seite und sofort wieder zurück, und Feuer lief
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