Gildenhaus Thendara - 7
passiert, daß sie weinen mußte, doch hinterher lag sie entweder stundenlang wach und wälzte in ihrem Kopf die Antworten, die sie hätte geben sollen, oder sie wurde von Alpträumen gequält. Im Gegensatz dazu ging es bei den Haustreffen im allgemeinen um Routine-Angelegenheiten das letztemal waren zwei Stunden auf Beschwerden verwendet worden, die Frauen, die im dritten Stock saubermachten, versäumten es, die Badezimmer mit Handtüchern und sanitärem Bedarf zu versehen! Aber bei diesem Treffen würde ihr Eid in Frage gestellt werden. Rafaella hatte heute nachmittag im Waffensaal eine sehr deutliche Anspielung gemacht. Magda war sich klar darüber, daß sie den psychologischen Angriffstruppen nicht standhalten konnte, und mußte zu ihrer Bestürzung an Mariselas Worte denken. Werden sie sich erst dann zufriedengeben, wenn ich vor ihnen allen zusammenbreche und weine? Warten sie nur darauf? Magda schob den Vorhang zur Seite und floh, rannte die breite Treppe hinauf, immer drei Stufen auf einmal nehmend. Halb schluchzend, stolperte sie, rutschte zwei Stufen wieder hinunter, raffte sich auf und erreichte das obere Stockwerk, wo sie sich im Bad mit der einfachen Methode einschloß, die Tür mit einem Schemel zu blockieren. Brechreiz überfiel sie, die Wände rings um sie schienen sich nach außen auszuheulen und verschwammen vor ihren schmerzenden Augen.
Jaelle fand sie dort auf dem Fußboden sitzend. Magda preßte sich ein Handtuch auf die Augen, schwankte vor und zurück und war nicht einmal fähig zu weinen. „Chiya.” Jaelle kniete sich neben sie. „Was ist denn? Was haben wir getan?”
Magda ließ das Handtuch sinken, und einen Augenblick lang war ihr, als halte Jaelles Stimme, ja, ihre bloße Anwesenheit, die sich dehnenden Wände fest, zwänge sie zur Festigkeit. Natürlich, sie ist Comyn, eine Katalysator-Telepathin, schoß es ihr durch den Kopf, und sie fragte sich gereizt, was der Ausdruck zu bedeuten habe und woher er stamme. Sie kämpfte gegen den Impuls an, sich in Jaelles Arme zu werfen, sich an sie zu klammern und bis zur Bewußtlosigkeit zu weinen, die andere Frau in sich aufzunehmen, von ihrer Kraft zu zehren… Doch dann flackerte in ihrem Inneren ein Fünkchen
Trotz auf. Jaelle war stark genug, den Kulturschock der terranischen Zone zu überwinden, sie hatte beim Essen Witze darüber gemacht, und dann war sie heraufgekommen, um Magda zu trösten, weil Magda nicht dazu fähig war! Sie durfte ihre Schwäche nicht zeigen - am wenigsten vor Jaelle. Um Selbstbeherrschung ringend, biß sich Magda auf die Lippe und schmeckte Blut.
Jaelle, die die rollenden Augen und die Schweißperlen auf Magdas Stirn unter den an der Haut klebenden Locken sah, kam auf den logischen Gedanken, es sei einfach Angst. Heute abend würde entschieden werden, ob Magda bleiben durfte, und da Jaelle wußte, was der Eid ihre Freundin gekostet hatte, tat ihr das Herz um sie weh. Aber Jaelle war Soldatin gewesen, ehe sie irgend etwas anderes begann, Kindra und Camilla hatten sie in hartem Stoizismus geschult, und dazu kam die angeborene Zähigkeit einer Frau aus der Wüste. Und in den letzten Monaten hatte sie den härtesten Kampf ihres Lebens ausgefochten. Magda dagegen brauchte sich den Maschinen und dem entmenschlichenden Leben der terranischen Zone nicht zu stellen, sie war hier von der Liebe und Sorge sämtlicher Gildenhaus-Schwestern umgeben!
Der barsche Ton ihrer Stimme sollte Magda aufmuntern wie der erste Guß kalten Wassers am Morgen. „Margali n’ha Ysabet, hör mir zu!” Magdas Amazonen-Name klang wie das Klirren eines Schwertes. „Bist du eine Frau oder ein wimmerndes Mädchen? Willst du deiner Eidesmutter in unserm eigenen Haus Schande machen?”
Magdas erwachender Stolz stürzte sich darauf und hielt sich daran fest. Ich kann alles, was sie kann, alles, was irgendeine Darkovanerin kann! Es gab ihr die Kraft, sich auf die Füße zu stellen und durch zusammengebissene Zähne zu erklären: „Jaelle n’ha Melora, ich werde dir keine Schande machen!”
Mit dem Wahrnehmungsvermögen, das sie nicht kontrollieren konnte, das sich ihr aber von Zeit zu Zeit aufdrängte, erkannte Jaelle, daß ihr Hohn Magda vor einem totalen Nervenzusammenbruch gerettet hatte. Trotzdem tat ihre Kälte weh. Sie sagte eisig: „Unten im Musikzimmer, bevor die Uhr das nächste Mal schlägt”, drehte Magda den Rücken und setzte mit kühler Sachlichkeit hinzu: „Du wäschst dir besser zuerst das Gesicht” Sie ging und verbannte den
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