Gildenhaus Thendara
sich. „Wir haben viele Probleme gehabt, aber es war der Mühe wert, jetzt, wo wir an ein anderes Wesen als an uns zu denken haben” Er küßte sie so zärtlich, daß sie sich fragte, warum sie je an ihm gezweifelt habe. „Das kommt zuerst, Jaelle. Du und ich - und das Baby!”
4. Kapitel
Magda begann, an Ruhelosigkeit, fast an Klaustrophobie zu leiden. Die Frauen waren freundlicher, sogar Rafaella, aber sie hatte es so satt, im Haus eingeschlossen zu sein! Manchmal trat sie in den Garten, nur um die Luft der Freiheit zu atmen, auch, so dachte sie ironisch, wenn sie ein bißchen zu sehr nach Stall roch.
Immer noch hatte sie Sachen aus der Kiste mit den abgelegten Kleidungsstücken an. Die Tradition verlangte, daß sie sich vor dem Ende des halben Jahres, das sie im Haus verbringen mußte, eine vollständige Ausstattung selbst nähte. In gewisser Weise verstand sie den Grund dafür Frauen, die aus den oberen Klassen zu den Entsa
genden kamen, waren daran gewöhnt, nur Kleider zu tragen, die das Werk der Hände ihrer Dienerinnen und anderer Leute waren, und sie mußten lernen, welche Mühe das machte. Keitha andererseits begrüßte die Gelegenheit, beim Nähen stillzusitzen. Gerade bedeckte sie Ausschnitt und Ärmel ihrer neuen Unterjacke mit zierlich gestickten Schmetterlingen. Magda beneidete sie um die Mühelosigkeit, mit der sie die Stiche setzte. „Oh, für mich ist das erholsam”, meinte Keitha. „Jeden Augenblick kann Marisela mich rufen, daß ich ihr bei einer Entbindung helfe, deshalb ruhe ich mich aus und sticke, solange ich kann…”
„Für mich ist es nicht erholsam” Magda biß sich auf die Lippe, denn schon wieder hatte sie sich mit der Nadel in den Finger gestochen. „Ich miste lieber den Stall aus, als daß ich einen einzigen Saum nähe!”
„Das sieht man an deiner Arbeit” Keitha betrachtete Magdas Stiche mit kritischem Blick. „Was hat sich deine Mutter bloß gedacht!”
„Sie war Musikerin”, berichtete Magda, „und ich glaube nicht, daß sie besser nähen konnte als ich. Sie hatte immer mit ihrer Laute oder mit ihren Übersetzungen zu tun.” Elizabeth Lorne hatte neun Instrumente gespielt und über dreihundert Volkslieder aus den Bergen Darkovers gesammelt. Magda, die musikalisch wenig begabt war, hatte sich ihrer Mutter nicht sehr verbunden gefühlt, obwohl sie in diesen letzten Monaten immer deutlicher erkannte, wie ähnlich sie ihr war: Sie ging in ihrer Arbeit auf, sie sehnte sich danach, selbst etwas zu tun. Jetzt, wo sie keine Gelegenheit mehr hatte, es in Erfahrung zu bringen, fragte sie sich, wie die Ehe ihrer Mutter wirklich ausgesehen habe. Ganz bestimmt hatte Elizabeth Lorne sich nicht von David Lornes Karriere bei den Terranern auffressen lassen, sondern sich ihrer eigenen Arbeit gewidmet…
„Meine Mutter sagte immer, ich dürfe keiner Dienerin befehlen, etwas für mich zu tun, das ich selbst nicht fertigbrächte”, erzählte Keitha. „Andernfalls sei eine Dame die Sklavin ihrer eigenen Dienstboten. Jetzt bin ich dankbar dafür, obwohl ich nicht gern mit Pferden arbeite. Aber Marisela sagt, ich muß lernen, mich um meine eigenen Pferde und ihr Sattelzeug zu kümmern, denn das Gesetz verlangt von einer Hebamme, jede Frau, die ihre Hilfe benötigt, im Umkreis einer Tagesreise aufzusuchen, und noch weiter, wenn sie kann. Und Marisela sagt, vielleicht hätte ich nicht immer Leute zur Verfügung, die für mich nach meinen Tieren sehen”
Magda lächelte ein wenig. Marisela sagt war zu der wichtigsten Wendung in Keithas Vokabular geworden. Langsam kam Magda der Verdacht, einer der Schwerpunkte in der Amazonen-Ausbildung sei, die Frauen auf die Zeit ihrer Pubertät zurückzuführen, damit sie ein zweites Mal erwachsen werden konnten, ohne Vätern, Brüdern, den Männern, die in den meisten darkovanischen Haushalten herrschten, Untertan zu werden. Wenn sie dabei von neuem Phasen der Schwärmerei für andere Frauen durchlebten, nun, das war kein Verbrechen, obwohl es Magda überraschte, so etwas an Keitha zu erleben, die als cristofero erzogen worden war und ein paar unfreundliche Bemerkungen über Liebhaberinnen von Frauen im Gildenhaus von sich gegeben hatte.
Magda versuchte, ein kurzes Fadenende abzuschneiden, stach sich abermals in den Finger und fluchte. Sie hatte solche Angebote nicht nur von Camilla erhalten, aber sie hatte immer gelächelt und, wie sie hoffte, in nicht verletzender Art abgelehnt. Es war schwerer gewesen, sich Camilla zu verweigern, die sich als
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