Gildenhaus Thendara
ihre Freundin erwiesen hatte, als sie Freunde verzweifelt nötig brauchte.
Ich bin keine Lesbierin, ich interessiere mich nicht für andere Frauen… Das beschwor die Erinnerung an diese beunruhigende Episode mit Jaelle herauf. Nun, das war ein Traum gewesen, ein geteilter Alptraum, es hatte im Grunde keine Bedeutung. Aber während sie mit ihrem Faden kämpfte und versuchte, das Ende durch das Nadelöhr zu praktizieren, dachte sie an den Abend, als das Thema in der Schulungssitzung angesprochen worden war… … Cloris und Janetta hatten behauptet, eine Entsagende, die ein Liebesverhältnis mit einem Mann habe, sei eine Verräterin. „Die Männer sind es, die uns unterdrücken und versklaven wollen, wie Keithas Mann, der sie geschlagen und versucht hat, sie von gedungenen Söldnern zurückholen zu lassen…Wie kann eine freie Frau Männer lieben, die so leben und uns an sich fesseln möchten?”
„Alle Männer sind nicht so”, hatte Rafaella widersprochen. „Die Väter meiner Söhne finden sich damit ab, daß ich meine Freiheit vorziehe. Vielleicht hätten sie es lieber, wenn ich bei ihnen wohnen und ihnen den Haushalt führen würde, aber sie gestehen mir das Recht zu, meinem eigenen Willen zu folgen”
Und Keitha hatte in loderndem Zorn aufgeschrien: „Wir verlassen unsere Männer und suchen im Gildenhaus Zuflucht, weil wir glauben, hier sicher vor Verfolgung zu sein, und dann müssen wir fest
stellen, daß wir vor unseren eigenen Schwestern nicht sicher sind! In diesem Haus, erst gestern hat eine von meinen Schwestern mir eine…eine schändliche Zumutung…”
Mutter Millea fiel mit ruhiger, sachlicher Stimme ein: „Damit meinst du vermutlich, Keitha, daß eine hier dich gefragt hat, ob du mit ihr ins Bett gehen willst. Wer hat eine solche Bitte als schändlich bezeichnet? Oder hat sie dir nicht die Freiheit gelassen, dich zu weigern, wenn du nicht wolltest?”
„Ich nenne das schändlich!” rief Keitha. Rezi lachte: „Du hast ein schlimmeres Wort benutzt, nicht wahr? Ich gestehe, daß ich die betreffende schlimme Verbrecherin bin. Sie floh vor mir, als habe sie Angst, ich würde sie auf der Stelle vergewaltigen. Nicht einmal soviel Höflichkeit brachte sie auf, mir ins Gesicht zu sehen und zu sagen: „Nein, danke!”
Keitha wurde feuerrot. Die Tränen strömten ihr übers Gesicht. „Ich hätte deinen Namen nicht genannt”, sagte sie wütend, „und du prahlst noch damit?”
„Ich werde nicht zulassen, daß du mich dazu bringst, mich dessen zu schämen”, gab Rezi zurück. „Wenn zwei Jungen sich schwören, ihr Leben lang Freunde zu sein und keiner Frau zu erlauben, zwischen sie zu kommen, selbst wenn sie später heiraten und Kinder haben sollten, verweigert ihnen niemand das Recht, ihre Freundschaft über alle anderen Dinge zu stellen. Donas amizu!” sagte sie verächtlich. „Alle Liederdichter preisen den Mann, dem sein bredu mehr gilt als Frau und Kinder. Aber wenn zwei Mädchen sich einander angeloben, wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Eid, sobald das Mädchen zur Frau herangewachsen ist, nichts weiter bedeutet als: Ich will treu zu dir stehen, solange mir dabei meine Pflicht gegenüber Mann und Kindern nicht in die Quere kommt! Meine Liebe und Treue gehört ausschließlich meinen Schwestern, und ich werde sie nicht an einen Mann verschwenden, der sie mir niemals zurückgeben kann!”
Magda hatte verwirrt gedacht: Nein, alle Männer sind nicht so, Rafaella hat recht, und die folgende Diskussion nicht mehr recht mitbekommen. Jetzt, mit Keitha beim Nähen sitzend, überlegte sie: Ob Keitha intellektuell ehrlich genug ist, um zu erkennen, was sich zwischen ihr und Marisela abspielt? Und wenn nicht, wird Marisela sie irgendwann mit der Nase darauf stoßen?
Janetta steckte den Kopf ins Zimmer. „Margali, Keitha, Mutter Lauria möchte, daß ihr beide nach unten in die Halle kommt”
Dankbar knäulte Magda ihre Näharbeit zu einem unordentlichen Bündel zusammen und stopfte sie in das Schrankfach, das ihren Namen trug. Keitha blieb zurück, um ihre Stickerei ordentlich zusammenzulegen, aber Magda hörte auf der Treppe ihre Schritte hinter sich, und dann liefen sie Seite an Seite hinunter.
Unten warteten Camilla, Rafaella und Felicia, zum Reiten angezogen, mit einer kleinen Gruppe von Frauen, die Magda nicht kannte. Am Ärmel trugen sie das rote Abzeichen des Neskaya-Gildenhauses.
„Margali, Keitha, seid ihr es müde, aufs Haus beschränkt zu sein? Seid ihr bereit, einige Gefahr
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