Gildenhaus Thendara
Gefühl Wut, Bestürzung oder einfach Ungläubigkeit war. Unwillkürlich sprang sie auf; jeder Muskel war angespannt.
„Wie können Sie es wagen?” schleuderte sie Cholayna entgegen. „Sie haben kein Recht, so etwas zu behaupten!”
Cholayna blinzelte, wich vor dem anbrandenden Zorn jedoch nicht zurück. „Jaelle, meine Liebe, ich habe natürlich nicht von Ihnen persönlich gesprochen. Ich habe nur eins der bestfundierten Fakten aus der menschlichen Psychologie zitiert. Wenn Sie sich dadurch angegriffen fühlen, tut es mir leid. Ob es uns gefällt oder nicht, es ist Tatsache. Die Eindrücke, die unser Geist als erste aufnimmt, haften am besten. Warum beunruhigt Sie die Vorstellung so sehr, Sie könnten im Grunde ein Produkt der Trockenstädter-Kultur sein? Vergessen Sie nicht, ich weiß sehr wenig darüber, und in den
Aufzeichnungen des HQ ist nur wenig darüber zu finden. Also bin ich darauf angewiesen, daß Sie es mir erzählen. Was habe ich gesagt, das Sie so zornig machte?”
Jaelle holte tief Luft und entdeckte, daß ihr Kiefer vom Zusammenbeißen der Zähne schmerzte. Schließlich sagte sie: „Auch ich wollte Sie nicht persönlich angreifen. Ich .. ” Und wieder mußte sie abbrechen und schlucken und die Zähne voneinander lösen. Wenn sie einen Dolch getragen hätte, dann hätte sie ihn gezogen und vielleicht benutzt, ohne nachzudenken. Warum bin ich auf diese Weise explodiert? Langsam verebbte ihre Wut und ließ nichts als Bestürzung zurück.
„Sie müssen sich irren, zumindest in diesem Fall. Als Produkt der Trockenstädte wäre ich - ein Stück Vieh, wie es die Frauen dort sind, in Ketten, Eigentum irgendeines Mannes. Eine kettenlose Frau ist ein Skandal
- sie muß ein Mal tragen, daß sie einem Mann gehört. Ich habe den Eid der Entsagenden geleistet, sobald ich alt genug dazu war, und ich habe vergessen…Alles, was ich getan habe, seit ich die Trockenstädter verließ, sollte…”
Sie verstummte und endete in Gedanken: „… sollte mir selbst beweisen, daß ich für keinen Mann jemals Ketten tragen würde… Kindra sagte einmal zu mir, die meisten Frauen und auch die meisten Männer hielten sich für frei und beschwerten sich selbst mit unsichtbaren Ketten…
Cholayna fuhr sich geistesabwesend mit der Hand über ihr silberweißes Haar. „Wenn Sie mit allem, was Sie getan haben, seit Sie die Trockenstädter verließen, beweisen wollten, daß Sie keine von ihnen sind, haben sie Sie geformt, ob Sie nun nach ihren Prinzipien leben oder nicht. Hätten sie keinen Einfluß auf Sie gehabt, dann wären Sie Ihren Weg gegangen, ohne sich zu fragen, ob er der Weg der Trockenstädter oder das Gegenteil sei - stimmt’s?”
„Mag sein”, murmelte Jaelle. Sie atmete immer noch bewußt, zwang sich, ihre Muskeln zu lockern, ihre Fäuste zu öffnen.
Cholayna nickte leicht. „Auch über die Entsagenden weiß ich wenig. Sie sprachen von dem Eid, Magda ebenfalls, aber ich kenne ihn nicht. Ist er ein Geheimnis, oder dürfen Sie mir sagen, was eine Entsagende, eine Freie Amazone, schwört?”
Jaelle antwortete müde: „Der Eid ist kein Geheimnis. Ich zitiere ihn Ihnen gern” Sie begann: „Von diesem Tag an entsage ich…”
„Warten Sie!” Cholayna hob die Hand. „Darf ich ein Aufzeichnungsgerät fürs Archiv anstellen?”
Da war das Wort wieder! Aber hatte es Sinn, Einwände zu erheben? Vielleicht war das die einzige Möglichkeit, einem Außenseiter verständlich zu machen, was die Gilde war. „Gewiß”, sagte sie und wartete. „Von diesem lag an entsage ich dem Recht zu heiraten, außer als Freipartnerin. Kein Mann soll mich di catenas binden, und ich werde in keines Mannes Haushalt als barragana leben”, trug sie dann den Eid von Anfang bis Ende vor. Wie konnte Cholayna glauben, daß sie, wenn sie wirklich ein Produkt der Trockenstadtkultur wäre, ohne Hoffnung auf eine Änderung der Persönlichkeit, der Sexualität oder des Willens, sich freiwillig für diesen Eid entschieden hätte? Das war einfach lächerlich! Cholayna hörte still zu. Ein- oder zweimal nickte sie zu den Bestimmungen.
„Das ist mir natürlich nicht fremd”, sagte sie, „denn im Imperium und besonders auf dem Alpha-Planeten, wo ich aufgewachsen bin, wird vorausgesetzt, daß Frauen diese Rechte und Pflichten besitzen. Allerdings…” - sie lächelte schwach - „…gestehen wir auch dem Vater eines Kindes gewisse Rechte und Pflichten zu. Wenn Sie möchten, können wir einmal ausführlich darüber diskutieren. Ich
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