Gildenhaus Thendara
ich auf diesem Planeten keine Feldarbeit tun kann. Deshalb bin ich von meinen Agenten abhängig. Ich bin hier, um eine Abteilung des Nachrichtendienstes aufzuziehen, nicht, um als Agentin zu arbeiten. Dabei verlasse ich mich auf Sie und jeden anderen, der den Planeten kennt und hier aufgewachsen ist. Ich wollte Magda Lorne nicht verlieren, aber es blieb mir keine andere Wahl. Doch sicher kann ich Ihnen, Mrs. Haldane, ebenso vertrauen, wie ich Magda vertraut hätte. Ich hoffe, wir werden Freundinnen”
Jaelle fuhr mit der Gabel in ihr Essen, bevor sie antwortete. Sie hatte noch nie eine Frau kennengelernt, die weder das Eigentum eines Mannes noch eine Entsagende war. Endlich sagte sie: „Wenn Sie meine Freundin sein möchten, können Sie damit anfangen, daß Sie mich nicht Mrs. Haldane nennen. Peter und ich sind nicht di catenas verheiratet, und der Eid der Entsagenden verbietet mir, den Namen eines Mannes zu führen - wenn es mir auch nicht gelingen will, die Verwaltung davon zu überzeugen” „Ich werde sehen, ob sich da etwas machen läßt”, versprach Cholayna, und Jaelle bemerkte, daß die lebhaften braunen Augen der Frau die Information in sich aufnahmen. „Wie soll ich Sie denn anreden?”
„Ich bin Jaelle n’ha Melora. Falls wir wirklich Freundinnen werden sollten: Meine Schwestern im Gildenhaus nennen mich Shaya”
„Dann also Jaelle, für den Augenblick”, sagte Cholayna. Jaelle gefiel es, daß sie den intimen Namen nicht übereilt anwandte. „Ich war Magdas Freundin ebenso wie ihre Lehrerin, glaube ich. Und Sie können hier eine Menge für uns tun. Sie wissen doch, daß wir zugestimmt haben, in der Medizinischen Abteilung eine Gruppe von jungen Frauen auszubilden; vielleicht können Sie Ihnen das Leben unter uns erleichtern. Sie sind schließlich die erste”
Jaelle lächelte. „Das bin ich natürlich nicht. Zwei meiner Gildenschwestern haben auf dem Raumhafen gearbeitet, als er noch im Bau war” Überrascht meinte Cholayna: „In den Unterlagen des Personalbüros findet sich keine Spur von darkovanischen Frauen, die…”
Jaelle lachte. „Sie waren beide emmasca - zu Neutren gemacht. Wahrscheinlich hat man sie für Männer gehalten, und natürlich haben sie männliche Namen angegeben. Sie wollten gern sehen, was ihr Terraner von den Sternen für Leute seid” Sie verkniff es sich, hinzuzufügen, daß die Berichte der beiden Frauen im Gildenhaus Thema vieler Witze geworden waren, einige davon recht ordinär.
Cholayna lachte leise. „Ich hätte mir denken können, daß ihr uns studiertet, während wir euch studierten. Aber ich werde Sie nicht fragen, was ihr von uns gedacht habt. Dazu kennen wir einander noch nicht gut genug” Jaelle war angenehm überrascht. Zum ersten Mal begegnete sie einem Mitglied des Imperiums, das nicht voreilige Schlußfolgerungen über die darkovanische Kultur zog. Vielleicht lernte sie in Cho
layna endlich eine wirklich gebildete Terranerin kennen. Magda rechnete sie nicht mit, denn die war mehr Darkovanerin als Terranerin.
„Haben Sie auch bestimmt genug zu essen gehabt? Noch etwas Kaffee? Wirklich nicht?” fragte Cholayna. Sie schob, als Jaelle ablehnte, das Geschirr in den Abfallsammler und nahm eine Kassette von ihrem Schreibtisch. Jaelle erkannte ihre eigene Handschrift auf dem Etikett. Es war ihr Bericht über die Auslösung Peters und ihren Winter auf Ardais. Daneben lag eine zweite Kassette, die offensichtlich von Peter beschriftet worden war. „Ich entnehme hieraus”, sagte Cholayna, „daß Sie in den Trockenstädten geboren wurden und dort lebten, bis Sie fast zwölf Jahre alt waren”
Hatte der Lunch, den sie gegessen hatte, etwas Giftiges enthalten? Jaelles Magen hob sich und erinnerte sie daran, daß es ihre Absicht gewesen war, zum Arzt zu gehen. Sie erklärte kurz: „Ich habe Shainsa im Alter von zwölf Jahren verlassen und bin niemals dorthin zurückgekehrt. Über die Trockenstädte weiß ich sehr wenig. Ich habe sogar den Dialekt von Shainsa verlernt und spreche ihn wie eine Fremde”
Lange Zeit sah Cholayna sie schweigend an. Dann sagte sie: „Zwölf Jahre sind lange genug. Mit zwölf ist ein Kind geformt - in sozialer und sexueller Hinsicht. Die Persönlichkeitsbildung ist abgeschlossen, und es läßt sich später nur schwer etwas daran ändern. Sie sind viel mehr ein Produkt der Trockenstädte als zum Beispiel ein Produkt des Gildenhauses der Entsagenden”
Jaelle hielt den Atem an. Sie wußte nicht, ob das sie überflutende
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