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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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er würde es als Erster wissen.

25.
     
    Ich werde alles zerstören, was ich geschaffen habe, und dieses Land wird in einen Ozean verwandelt werden, wie es am Anfang war.
    (Prophezeiung des Aton, Ägypten, 1800 v. Chr.)
     
    Martin hatte Daten zusammengetragen, die nun auch den Durchschnittsbürger mit seinem bescheidenen Wohlstand, seinem kleinen Häuschen und der Rentenversicherung, in die er Jahrzehnte lang brav eingezahlt hatte, in Panik versetzen sollten.
    Oder vielleicht doch nicht, denn es war den Politikern und großen Tieren der Finanzbranche seit dem ersten Krisenjahr 2008 wunderbar gelungen, eben diese Menschen, die die Säulen der Gesellschaft waren, so hinters Licht zu führen, dass er eine gewisse Bewunderung bei allem Hass auf sie nicht leugnen konnte.
    Martin hatte in kluger Voraussicht sein Erspartes sukzessive in Gold und Silber getauscht. Als ersten Schritt hielt er diese Maßnahme für sicher und ausreichend, um sein bescheidenes Vermögen vor der galoppierenden Inflation zu schützen, die schon sehr bald einsetzen würde. Wenn man sich zurückversetzte in die Anfangstage universeller Zahlungsmittel, dann wurde einem schnell klar, auf welch perverse Art die Finanzjongleure diese größte Errungenschaft der Menschheit in eine Seifenblase verwandelt hatten, die jetzt platzte.
    Geld war bedrucktes Papier, und nur ein weiser und von Einzelinteressen unabhängiger Hüter konnte die Gefahr bannen, die ständig über ihm schwebte.
    Es war wie im Märchen Des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Andersen, dessen Wurzeln bis zu einem Buch maurischer Weisheiten zurückreichten, welches ein Bestseller des Hochmittelalters geworden war.
    Es hieß El Conde Lucanor, wurde im ersten Drittel des vierzehnten Jahrhunderts verfasst und sollte die Verkommenheit einer in Habgier abgeglittenen Adelsgesellschaft bloßstellen.
    Ein Kaiser, der alle materiellen Dinge besaß, wollte aus Gier nun etwas haben, das jenseits der materiellen Welt lag. Die Betrüger, die ihm die bekannte Luftnummer verkauften, behaupteten, dass seine Gewänder nur besonders kluge Menschen sehen könnten. Alle jubelten aus leicht nachvollziehbarem Grund und machten den Schwindel so lange mit, bis ein Kind die große Wahrheit gelassen aussprach: Der ist ja nackt .
    Genau dieses einfache Prinzip war der Motor der vergangenen Jahrzehnte gewesen, in dem bedrucktes Papier sich langsam von seinem inneren Wert abkoppelte und ein Eigenleben zu führen begann, weil die Mächtigen der Welt die Luftnummer entweder aus Dummheit nicht verstanden oder sich selbst an ihr bereicherten und kein Interesse hatten, die irrsinnige und wundersame Geldvermehrung zu hinterfragen.
    Der kleine Mann, der einfältig noch immer an den Gegenwert der Scheine in seinem Geldbeutel glaubte, weil er für sie eine sehr reale Arbeit verrichtete, würde die kommende Katastrophe ausbaden. Geld war nichts weiter als ein an sich wertloser Platzhalter für ein Tauschobjekt, dessen Wert der Zahl auf dem Schein entsprechen sollte. Man tauschte zwei Euro gegen ein Brot beim Bäcker, der wiederum mit fünfzig Euro, für die er fünfundzwanzig Brote gebacken und verkauft hatte, ein paar Schuhe kaufen konnte.
    So banal funktionierte Wirtschaft, und das auch nur so lange, bis jemand den Verdacht hegte:
    Das ist ja nur bedrucktes Papier .
    Genau diese Katastrophe stand unmittelbar bevor. Dann würde der Bäcker misstrauisch die Annahme eines bunten Zettelchens für sein Brot verweigern und seine Brote wieder direkt gegen Schuhe eintauschen. Tauschhandel war schwierig aber eine ehrliche Form der Realwirtschaft, deren einzige Rendite in der Wertschöpfung lag, die Mehl, Wasser und Salz in etwas Schmackhaftes verwandelte und Leder mit einer Gummisohle zu einem Schuh verband.
    Dummerweise gab es Wertschöpfung nur durch Arbeit, die meistens schweißtreibend war, und wer wollte schon in einem tausend Euro Anzug schwitzen?
    Also erfanden jene, die Schweiß aus Prinzip ablehnten, die virtuelle Geldvermehrung und nannten sie Zinsen, Dividenden und schließlich Optionen und Derivate. Diese arbeitsfreie Geldvermehrung war zunächst noch an den Wertschöpfungsprozess gekoppelt und verlangte deshalb von demjenigen, der diese Wertschöpfung leistete, noch schneller und effizienter zu arbeiten. Schließlich musste diese arme Kreatur nicht nur das Geld für den eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften, sondern auch noch die Zinsen für die Finanzjongleure, die ihm Geld liehen und wie Klötze am Bein

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