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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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Niemand wusste, dass er den Tod aus nächster Nähe miterlebt und die Waffe, die niemals gefunden wurde, in seinem Kinderzimmer unter den losen Bodenbrettern und später in einer verschlossenen Metallkiste auf seinem Schreibtisch aufbewahrt hatte.
    Jetzt lag sie vor ihm. Er steckte sie in seinen Rucksack zusammen mit drei Schachteln Munition. Dann ging er hinunter zum Parkplatz. Wenig später startete er den Wagen und verließ das Universitätsgelände in Richtung Tübingen.

26.
     
    Hannes Molanders Vortrag hatte viele Fragen aufgeworfen, die nun aus dem Publikum über ein Mikrofon gestellt wurden. Die Diskussion dauerte erheblich länger als er erwartet hatte, was daran lag, dass sich ungewöhnliche Beobachtungen nicht auf Südafrika beschränkten, sondern in Kanada und Alaska ähnliche Phänomene auftraten. Da es mittlerweile auch die polnahen Gegenden betraf, erhärtete sich der Verdacht, dass mit dem Erdmagnetfeld etwas nicht stimmte. Ein Geophysiker, der unter den Zuhörern war, bestätigte komplette Feldausfälle, die sich seit über einem Jahr häuften.
    Er bat die Versammlung im Auftrag des Kanzleramtes, das ihn geschickt habe, zunächst um Stillschweigen gegenüber der Presse, da alle Regierungen der Welt über die katastrophalen Folgen durch die starke Zunahme des Sonnenwindes diskutierten, der die Erdoberfläche ungebremst erreiche.
    Pflanzen, Tiere, Hochspannungsleitungen und die Datennetze würden inzwischen messbar beeinflusst. Unglücklicherweise falle dieser Ausfall des Schutzschildes mit einem Sonnenfleckenmaximum zusammen, dessen Zenit gerade durchschritten werde.
    Es war ein kleiner Kongress, und das Thema Vögel interessierte weder die Öffentlichkeit noch die Presse. Die Anwesenden waren Wissenschaftler wie Hannes Molander und würden ohnehin so lange schweigen, bis die Daten durch weitere Untersuchungen abgesichert wären. Um ganz sicher zu gehen, hatte der Geophysiker, der sich als Doktor Lauterbach vorstellte, als er ans Mikrofon trat, ein paar kräftige Gestalten mitgebracht, die in teuren Anzügen steckten und einen Knopf mit Kabel im Ohr trugen, über den sie sich untereinander verständigten.
    Es war offensichtlich, dass sie seinen Forderungen Nachdruck verleihen sollten. Als alle eine Verschwiegenheitserklärung, die mit Androhungen drakonischer Strafen gespickt war, unterschrieben hatten und in den angrenzenden Raum entlassen worden waren, sahen sie sich überrascht einem opulenten Buffet gegenüber. Herr Lauterbach erklärte fadenscheinig, dass das Kanzleramt damit seine besondere Wertschätzung für die Arbeit der Vogelwarte Helgoland zum Ausdruck bringen wolle. In diesem Augenblick trat Hannes Molander an Herrn Lauterbach heran, der überrascht aufblickte.
    „Kann ich sie unter vier Augen sprechen?“
    Herr Lauterbach runzelte die Stirn.
    „Ich muss leider gleich weiter zu einem anderen Kongress, aber bitte, Herr Molander, gehen wir doch nach draußen“.
    Wenn Herr Lauterbach lächelte, war er eine sympathische Erscheinung. Dennoch gewann man überdies den Eindruck, dass er zu kompromissloser Entschlossenheit neigte und sich nicht scheute, seinen Worten mit Nachdruck Taten folgen zu lassen. Er war von dem Schlag Leute, die ihre Ausbildung während eines jahrelangen Dienstes als Berufssoldaten absolvierten und neben einer straffen Studienzeit die Disziplin des Soldatenlebens kennengelernt hatten.
    Als sie auf die Terrasse des Kongresszentrums hinaustraten, waren sie für einen kurzen Moment überwältigt vom herrlichen Blick über die Deutsche Bucht, die zum größten Teil zugefroren war.
    Entgegen allen Prognosen, die aufgrund der Klimaerwärmung eine Palmenvegetation für die vorgelagerte Düne erwarteten, bedeckte die Nordsee regelmäßig in strenger werdenden Wintern eine beachtliche Eisdecke, die den Fährverkehr zum Festland lahmlegte.
    Herr Lauterbach drehte sich zu Hannes Molander um und schien mit sich zu ringen, was er ihm erzählen sollte oder durfte.
    „Ich mag Ihnen nichts befehlen, deshalb meine dringende Bitte: Behalten sie unbedingt für sich, was ich Ihnen jetzt erzähle“. Hannes Molander hatte ein flaues Gefühl im Magen. Instinktiv spannte er die Muskeln an und neigte seinen Kopf zu Doktor Lauterbach, um besser verstehen zu können. Dieser fuhr mit leiser Stimme fort:
    „Neben dem, was sie bereits wissen, haben wir gerade noch ein paar andere Probleme, die jedes für sich genommen die Welt an den Rand einer Katastrophe bringen. Da sie uns nun aber alle

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