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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John M. Cusick
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kleines Stück entfernt ebenfalls hin. Die kaputten Scheinwerfer lagen gegeneinandergelehnt neben der Feuerstelle, erloschen. Rose und Charlie beobachteten den Übergang des Himmels von blutrot zu violett und schließlich zu pechschwarzer Nacht. Der Mond war voll, eine funkelnde Münze.
    »War Rebecca der Grund, weshalb du eine Million Was-wäre-wenn -Fragen stellen musstest?«, fragte Rose unvermittelt.
    Charlie kniff die Augen zusammen, nicht sicher, wovon sie sprach. Dann stahl sich ein trauriges Lächeln auf seine Lippen. »Nein, nicht Rebecca. Als ich in der achten Klasse war, hat meine Mutter meinen Vater verlassen. Und ich habe mich gefragt, ob es meinetwegen war. Das heißt, ich weiß, dass es nicht so war. Aber … wahrscheinlich werde ich es nie genau wissen.«
    Charlie blickte zum Himmel hinauf. Rose sah Charlie an. Sie verschränkte ihre Finger mit seinen und drückte seine Hand. »Das tut mir schrecklich leid, Charlie.«
    Er sah ihr in die Augen. »Ich habe dich angelogen. Ich frage immer noch. Und ich werde nie damit aufhören. Nicht nach einer Billion Fragen. Nicht nach hundert Billionen. Aber …« Er drehte sich zur Seite, sodass sie sich direkt gegenübersaßen.
    »Ich glaube, eines Tages wirst du aufhören zu fragen«, sagte Rose. Sie küsste ihn auf die Nasenspitze. Charlie nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. Sie waren graublau, fast rauchfarben. Sie waren verblüffend. »Danke, Charlie. Du hättest mir nicht helfen müssen, weißt du.«
    »Keine große Sache.«
    »Du musstest von zu Hause abhauen, aus der Schule, musstest in eine illegale Werkstatt gehen. Natürlich ist es eine große Sache.«
    »Himmel noch mal, Rose, sie hätten dich abgeschaltet«, sagte Charlie. »Das konnte ich nicht zulassen.«
    Etwas in seinem Tonfall erinnerte sie an David – eine Bestimmtheit, eine Härte in den Worten. Aber die Worte waren natürlich ganz anders, Worte, die David niemals aussprechen würde. Sie dachte an jene Nacht, in der sie Charlie beinahe überfahren hatten. Herrgott, Rose. Sei einfach froh, dass wir das nicht sind. Charlie war die Wolke vor Davids Sonne. Die dunkle Seite seines Mondes , dachte Rose. In ihrem Kopf begann etwas zu zucken. Charlie war die Kehrseite von Davids Leuchten, die Schattenseite. Das Kennfeld begann sich zu drehen, in die dritte Dimension überzugehen. Und Roses unbeirrbarer Pfeil, der auf David zeigte, zeigte nun auch auf Charlie. Es war ein Gefühl, klar reflektiert.
    Rose spürte, wie Wärme in ihr aufwallte – ein Universum, das sich rasch ausdehnte. Und plötzlich gab es in ihrer Welt Raum genug für eine weitere Person: jemanden ihrer Wahl. Ihren Charlie.
    »Komm zu mir«, sagte sie.
    Und sie küsste ihn.
    Elektrische Spannung knisterte. Keine Spannung, die Schmerzen verursachte, sondern Energie, die nach außen abstrahlte. Rose öffnete die Augen. Die Scheinwerfer waren zum Leben erwacht. Sie brannten. Sie küsste Charlie erneut, presste ihre Hände gegen seinen Rücken. Charlies Hände bewegten sich über sie, ihre Beine, ihre Brust. Andere Hände, neue Hände, aber ganz und gar richtige Hände. Die Scheinwerfer brannten heißer, heller.
    Sie gab ihm einen sanften Stoß und kam auf ihm zu liegen. Ihre Haare fielen über sein Gesicht, er spürte ihren Atem auf seinen Augenlidern, seinen Lippen. Sie küsste ihn und verschränkte die Arme hinter seinem Hals.
    Mit ungelenken Bewegungen zogen sie sich aus, bis ihre Kleider als wirre Ranken im Staub lagen. Charlies Fingerspitzen und Zehen kribbelten. Sein Gesicht war taub. Er glaubte, ohnmächtig zu werden.
    Ihre Körper verbanden sich miteinander, ein geschlossener Stromkreis. Ein Bogen blau-weißer Elektrizität sprang von Charlie zu Rose und wieder zurück, wie ein Band aus Licht. Eine blaue Fee. Sie waren vereint, miteinander verknüpft, zusammengeschweißt.
    Und Charlie hatte eine Vision. Er sah seine Stadt wie vom Weltall aus, und er sah den winzigen blauen Funken, der ihn leuchtend mit Rose zusammenschloss. Und er sah dieses Licht weiterspringen zu jemand anderem, und wieder zu jemand anderem, zu David, Rebecca, Artie, seinem Vater, dem Mann mit dem schütteren Haar. Jeder von ihnen, sie alle waren durch Lichtbögen miteinander verbunden, und die Stadt leuchtete auf wie ein Stromnetz, ein unzerstörbares, leuchtendes Gewebe, das immer heller brannte, aber nicht seine Augen verbrannte, bis schließlich alles aus Licht bestand, alles, was da war, alles Lebendige. Charlies Herz flatterte. Er flog,

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